Mehr Sicherheit durch frühe Umstellung auf Ticagrelor-Monotherapie
Das Blutungsrisiko verringert sich signifikant, wenn nach PCI frühzeitig auf eine Ticagrelor-Monotherapie umgestellt wird. Das Thromboserisiko steigt dadurch auch in spezifischen Risikogruppen nicht, wie Subanalysen der TWILIGHT-Studie zeigen.
Wenn ASS drei Monate nach einer perkutanen Koronarintervention (PCI) abgesetzt und die Patienten für weitere 12 Monate mit Ticagrelor in Monotherapie behandelt werden, erhöht dies die therapeutische Sicherheit im Vergleich zu einer längeren dualen Hemmung der Thrombozyten-Funktion (DAPT). Dies hat bekanntlich die beim TCT-Kongress 2019 vorgestellte doppelblinde TWILIGHT-Studie ergeben. Das Risiko für Blutungen (BARC-Typ 2, 3 oder 5) sank durch die frühe Beendigung der ASS-Gabe von 7,1% auf 4%.
Diese Ergebnisse konnten nun für wichtige Subgruppen von Risikopatienten bestätigt werden, wie beim ACC-Kongress 2020 präsentierte neue Analysen aufzeigen.
KHK-Patienten mit Diabetes
Unter den TWILIGHT-Teilnehmern waren 2620 Patienten (37%) mit Diabetes-Erkrankung. Auch für sie galt, dass die Ticagrelor-Monotherapie ab dem vierten Monat das relative Blutungsrisiko im Vergleich zu einer DAPT signifikant um 35% reduzierte (4,5% vs. 6,7%). Dies hatte keinen negativen Einfluss auf den sekundären kombinierten Endpunkt „Gesamtmortalität, Herzinfarkt oder Schlaganfall“, der in der Monotherapie-Gruppe tendenziell seltener auftrat (4,6% vs. 5,9%), berichtete Prof. Dominick Angiolillo von der Universitätsklinik in Jacksonville/Florida.
Subgruppe mit komplexen Koronarstenosen
Komplexe Koronarstenosen wiesen 2342 TWILIGHT-Teilnehmer (33%) auf. Zu den Definitionskriterien zählten etwa die Behandlung von drei Koronargefäßen, von mindestens drei Läsionen, einer linken Hauptstammstenose, einer Bifurkation mit zwei Stents oder eine Stent-Länge über 60 mm.
Bei diesen Patienten sank die Rate klinisch relevanter Blutungen von 7,7% auf 4,2%, wenn ASS zugunsten einer antithrombotischen Monotherapie mit Ticagrelor frühzeitig abgesetzt wurde, so Prof. George Dangas von der Mount Sinai School of Medicine in New York. Auch hier lag die Rate für thrombotische Komplikationen nach Absetzen von ASS tendenziell niedriger (3,8% vs. 4,9%).
An der TWILIGHT-Studie hatten insgesamt 9.006 Herzpatienten mit erhöhtem Risiko für Blutungen oder thrombotischen Komplikationen teilgenommen, die im Rahmen einer PCI Koronarstents erhalten hatten. In zwei Dritteln der Fälle war ein akutes Koronarsyndrom (ACS) Indikation gewesen, bei einem Drittel der Patienten lag eine stabile KHK vor. Patienten mit ST-Hebungsinfarkten (STEMI) waren von der Studie ausgeschlossen worden.
Ergebnisse der TICO-Studie auf gleicher Linie
Sehr ähnlich sind auch die Ergebnisse der ebenfalls beim ACC-Kongress 2020 vorstellten Ergebnisse der koreanischen TICO-Studie. In dieser von Biotronik unterstützten Untersuchung wurden 3056 ACS-Patienten im Rahmen einer PCI mit dem biodegradierbaren Sirolimus-eluting Stent Orsiro® versorgt. Anschließend wurde eine 12monatige DAPT mit Ticagrelor/ASS mit einer dreimonaten DAPT, gefolgt von einer neunmonatigen Ticagrelor-Monotherapie verglichen.
Primärer Endpunkt war die Summe der kardialen und zerebrovaskulären Komplikationen und der größeren Blutungen.In den ersten drei Monaten lief die Kurve dieser Komplikationen erwartungsgemäß parallel, dann separierten sich die Kurven deutlich, berichtete Studienautor Prof. Yangsoo Jang, Yonsei University Severance Cardiovascular Hospital in Seoul.
Nach einem Jahr hatten 5,9% der DAPT-Patienten sowie 3,9% der auf Monotherapie umgestellten Patienten Komplikationen erlitten (HR: 0,41, p=0,001). Vor allem die Rate schwerer Blutungen sank nach dem Absetzen von ASS deutlich (3% vs. 1,7%).
Literatur
Angiolillo D. et al.:Ticagrelor With And Without Aspirin In High-Risk Patients With Diabetes Mellitus Undergoing Percutaneous Coronary Intervention: Insights From The TWILIGHT Trial
Dangas G. et al.: Safety And Efficacy Of Ticagrelor Monotherapy After Complex PCI: The TWILIGHT-COMPLEX Substudy
Jang Y. et al.: Ticagrelor With Or Without Aspirin In Acute Coronary Syndrome After Percutaneous Coronary Intervention: Randomized Evaluation Of Ticagrelor Monotherapy After 3-month Dual-antiplatelet Therapy In Acute Coronary Syndrome
Vorgestellt in der Sitzung „Late-Breaking Clinical Trials 4“ beim digital präsentierten Kongress des American College of Cardiology (ACC) 2020 (ACC2020/WCC Virtual)
Mehran R., et al.; N Engl J Med 2019; 381:2032-2042; DOI: 10.1056/NEJMoa1908419