Mitralklappen-OP: Geht’s ohne Sternotomie genauso gut?

Eine operative Mitralklappenreparatur kann inzwischen auch ohne vollständige Brustkorberöffnung erfolgen. Ob die minimalinvasive Technik genauso gute oder sogar bessere Ergebnisse verspricht, hat nun eine randomisierte Studie untersucht. Die Ergebnisse stimmen zuversichtlich.

Von Veronika Schlimpert

 

07.03.2023

Eine mittels minimalinvasiver Thoraktomie durchgeführte, operative Mitralklappenreparatur ist genauso sicher und effektiv wie ein entsprechender Eingriff mit konventioneller Sternotomie. Zu diesem Schluss kommt Dr. Enoch Akowuah nach Auswertung der randomisierten UK Mini Mitral-Studie. Akowuah hat die Ergebnisse der britischen Studie beim ACC-Kongress in New Orleans vorgestellt. Wie der an der NewCastle Universitätsklinik arbeitende Herzchirurg beim Kongress ausführte, hat sich die sog. Minithorakotomie – also die minimalinvasive Eröffnung des Thorax – gegenüber der klassischen Sternotomie in gewissen Punkten als vorteilhafter erwiesen, obwohl es hinsichtlich des primären Endpunktes keine Unterschiede zwischen beiden Techniken gegeben hat.

 

„Wir hoffen, dass die Ergebnisse dieser Studie sowohl den Ärzten als auch den Patienten das Vertrauen gibt, die Umsetzung dieses minimalinvasiven Verfahrens voranzutreiben“, kommentierte Akowuah die Befunde in einer ACC-Pressemitteilung.

Minithoraktomie ist weniger invasiv

Im Falle einer Minithorakotomie wird der Brustkorb nicht vollständig längs durchtrennt wie bei der konventionellen Sternotomie, sondern es wird nur ein kurzer Hautschnitt von circa 5 cm Länge gesetzt. Der Eingriff sei komplexer und dauere länger, so Akowuah, und frühe Studien deuteten darauf hin, dass die Komplikationsraten bei dem minimalinvasiven Eingriff höher seien, einschließlich der Schlaganfallraten. Auf der anderen Seite werde das Verfahren von den Patienten aufgrund des weniger invasiven Charakters bevorzugt, gab der Herzchirurg zu bedenken. Große randomisierte Studien, in denen die Ergebnisse nach einer Minithorakotomie mit denen nach einer Sternotomie verglichen wurden, gab es bisher nicht.

 

Die Mini Mitral-Studie hat diese Lücke nun geschlossen. 330 Patientinnen und Patienten (30% Frauen, mittleres Alter 67 Jahre) mit einer degenerativen Mitralklappeninsuffizienz, die für eine isolierte chirurgische Reparatur der Klappe vorgesehen waren, wurden an 10 Zentren in Großbritannien 1:1 randomisiert. Etwas ungewöhnlich war das Vorgehen bei der Randomisierung, die Patienten wurden nämlich hinsichtlich der chirurgischen Expertise zugeteilt: entweder zu einem Experten für die Sternotomie-Mitralkappenprozedur oder zu einem Experten, der in der Mitralklappenreparatur mit Minithorakotomie versiert war. Die jeweiligen Chirurgen/Chirurginnen führten dann auch ausschließlich die ihrer Expertise entsprechenden Mitralklappenoperationen durch. Durch dieses Vorgehen sollte der Einfluss der Lernkurve auf die Resultate minimiert werden.  

Physischer Zustand nach 12 Wochen war vergleichbar

Primärer Studienendpunkt war die Rückkehr der körperlichen Belastbarkeit der Patienten und ihre Fähigkeit, zwölf Wochen nach der OP wieder ihren gewöhnlichen Alltagsaktivitäten nachzugehen. Erhoben wurden dieser Endpunkt mittels regelmäßiger Befragungen (SF-36PF T-Score) und durch einen Fitbit-Schrittzähler, den die Probanden am Handgelenk trugen.

 

Was diesen Endpunkt betrifft, gab es zwischen beiden Therapieformen (Sternotomie vs. Minithorakotomie) keinen Unterschied.

 

Allerdings begann der Erholungsprozess in der Minithorakotomie-Gruppe deutlich früher als in der Sternotomie-Gruppe: Die Patienten mit minimalinvasiver Brustkorberöffnung hatten bereits nach sechs Wochen ihre körperliche Belastbarkeit wiedererlangt, bei den Sternotomie-Patienten hingegen setzte die Erholung erst danach ein.  

Kleinere Vorteile für die minimalinvasive Prozedur

So verwundert es auch nicht, dass die Patienten aus der Minithorakotomie-Gruppe öfter früher aus dem Krankenhaus entlassen werden konnten (mittlerer Klinikaufenthalt: 5 vs. 6 Tage; p= 0,003); eine frühe Entlassung (≤ 4 Tage) war nach dem minimalinvasiven Vorgehen mehr als doppelt so wahrscheinlich als nach einer Sternotomie (33,1% vs. 15,3%; Odds Ratio, OR: 2,8; p ˂ 0,001). Ebenso wiesen die minimalinvasiv operierten Patienten vergleichsweise höhere moderate bis intensive körperliche Aktivitätslevel und bessere Schlafqualitäten (gemessen durch das Handgelenks-Messgerät) auf. Die Lebensqualität ließ in beiden Gruppen nach der OP zunächst etwas nach, in der Minithorakotomie-Gruppe zwar etwas weniger stark, der Unterschied war nach sechs und zwölf Wochen aber nicht signifikant.

 

Weitere sekundäre Endpunkte wie die Mortalität, Hospitalisierungsrate wegen Herzinsuffizienz, wiederholte Mitralklappeneingriffe oder andere unerwünscht Ereignisse (einschließlich Schlaganfälle) innerhalb des ersten Jahres nach dem Eingriff unterschieden sich nicht zwischen beiden Gruppen. Die echokardiografischen Ergebnisse waren nach Aussagen Akowuahs mit beiden OP-Techniken „exzellent“: Die Reparaturrate lag bei jeweils 96%. Ein Jahr nach dem Eingriff wiesen 93% der Patientinnen und Patienten eine milde Mitralinsuffizienz oder gar keine Insuffizienz mehr auf.

 

Um die Langzeitergebnisse nach Minithorakotomie vs. Sternotomie zu erfassen, soll das Follow-up der UK Mini Mitral-Studie für insgesamt fünf Jahre fortgesetzt werden.


Literatur

Akowuah E: Minimally Invasive Versus Conventional Sternotomy For Mitral Valve Repair Surgery: An Expertise Based Multicentre Randomised Controlled Trial (UK Mini Mitral), Late-Breaking Clinical Trials II. ACC-Kongress 2023, 4. – 6. März 2023, New Orleans.

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