Ein weiterer Therapiefortschritt bei pulmonaler arterieller Hypertonie
Bei pulmonaler Hypertonie verbesserte Sotatercept in einer Phase-3-Studie primäre und sekundären Endpunkte und somit zahlreiche Krankheitsparameter, zusätzlich zu einer Standard-Kombinationstherapie. Das Molekül setzt an einem neuen Wirkmechanismus an.
Die beim ACC-Kongress 2023 und im New England Journal of Medicine simultan vorgetragenen Ergebnisse der doppelblinden STELLAR-Studie haben das Potenzial, die Standardbehandlung vieler Patienten mit pulmonaler arterieller Hypertonie (PAH) zu verändern. „Unsere Studiendaten etablieren den klinischen Nutzen von Sotatercept als neuen Ansatz bei PAH in Kombination mit etablierten Medikamenten, ein echter Paradigmen-Wechsel“, erklärte Studienerstautor Prof. Marius Höper, stellvertretender Direktor der Klinik für Pneumologie und Infektiologie der Medizinischen Hochschule Hannover.
Gleichgewicht zwischen pro- und anti-proliferativen Signalen
Sotatercept ist der erste Vertreter einer neuen Klasse von Fusionsproteinen, welche Aktivine und andere Wachstumsdifferenzierungsfaktoren aus der „Superfamilie“ des „transforming growth factor β (TGF-β) einfangen. Man geht davon aus, dass der PAH u.a. ein Ungleichgewicht zwischen pro- und anti-proliferativen Signalen zugrunde liegt, wobei die Mitglieder der TGF-β-Familie die Proliferation fördern und die Apoptose hemmen. Dieses Ungleichgewicht hat letztlich die fortschreitende Lumeneinengung der kleinen Lungenarterien zur Folge. Die Hemmung der TGR-β-Signale könnte das Gleichgewicht wieder herstellen.
Doppelblindstudie STELLAR mit 323 PAH-Patienten
Nach entsprechenden Daten in Tiermodellen und ermutigenden Ergebnissen der Phase-2-Studie PULSAR wurde Sotatercept nun in Phase 3 in der doppelblinden STELLAR-Studie bei 323 PAH-Patientinnen und- Patienten auf die klinische Probe gestellt. Beim Studienkollektiv handelte es sich um langjährige (im median fast 9 Jahre) PAH-Patienten, die überwiegend auf Kombinationstherapien mit 2 (35%) bzw. 3 (61%) PAH-Medikamenten eingestellt waren. 60% der Studienpatienten war trotz maximaler Behandlung mit drei Medikamenten im Alltag aufgrund starker Atemnot erheblich eingeschränkt, so Höper. Die Patienten erhielten über 24 Wochen alle 3 Wochen zusätzlich entweder Sotatercept (0,3-0,7 mg/kg s.c.) oder Placebo.
Verbesserung von zahlreichen Krankheits-Komponenten
Der primäre Endpunkt war die Veränderung der 6-Minuten-Gehstrecke nach 24 Wochen als Maß einer verbesserten Belastbarkeit. Hier schafften die mit Sotatercept behandelten Patienten 34,4 Meter mehr, Patienten der Placebogruppe aber nur einen zusätzlichen Meter.
Auch die ersten acht sekundären Endpunkte wurden von dem Activin-Signal-Inhibitor signifikant positiv beeinflusst: darunter Verbesserungen der vaskulären Resistenz, der WHO-Funktionsklasse, der NT-proBNP-Werte sowie einige Parameter, welche die Lebensqualität widerspiegeln. In validierten Symptom-Scores zeigten die Verum-Patienten weniger Beschwerden und waren insgesamt fitter, um wieder einfache Tätigkeiten des täglichen Lebens zu verrichten. Der pumonalarterielle Druck fiel bei diesen Patienten um 13,9 mmHg mehr als in der Placebogruppe – einen derartigen Abfall habe man bei vorbehandelten PAH-Patienten noch nicht gesehen, so Höper.
Auch der Komposit-Endpunkt „Tod oder nicht-tödliches Verschlechterungsereignis“ wurde von Sotatercept nach einer medianen Beobachtung von knapp 33 Wochen mit einer relativen Risikoreduktion von 84% (5,5% vs. 26,3%, p<0,001) positiv beeinflusst.
Zu den Nebenwirkungen, die in der Verumgruppe häufiger auftraten, zählten Nasenbluten, Benommenheit, Teleangiektasien, erhöhtes Hämoglobin, verminderte Thrombozyten, erhöhter Blutdruck. Diese seien nicht schwerwiegend gewesen, berichtete Höper.
Kein ganz repräsentatives Patientenkollektiv
So spannend die Resultate sind, sie gelten nicht für alle PAH-Patienten, mahnten Editorial-Verfasser um Prof. Darren Taichman in einem NEJM-Editorial. Das Kollektiv bestand vor allem aus klinisch relativ stabilen Patienten mit idiopathischer oder hereditärer PAH (87%); Patienten mit PAH im Rahmen von Mischkollagenosen – in der Praxis ein erheblicher Anteil – waren in der Studie unterrepräsentiert (15%). Auch lasse sich nach gut siebenmonatiger Therapie weder die Langzeitwirkung noch die langfristige Nebenwirkungsraten beurteilen, weitere Wachsamkeit sei geboten.
40% der Patienten unter Sotatercept hätten sich sowohl in der 6-Min-Gehstrecke um mindestens 30 Meter, in der Funktionsklasse sowie im NT-proBNP-Wert verbessert, 60% aber nicht. In der Placebogruppe lag das Verhältnis hingegen bei 10% zu 90%.
Literatur
Hoeper MM: The STELLAR Phase III Trial: A Study Of Sotatercept In Combination With Background Therapy For The Treatment Of Pulmonary Arterial Hypertension; Late-Breaking Clinical Trial IV, ACC-Kongress, 4–6. März 2023 in New Orleans;
Hoeper MM et al. Phase 3 Trial of Sotatercept for Treatment of Pulmonary Arterial Hypertension. New Engl J Med, doi: 10.1056/NEJMoa2213558;
Taichman DB et al. Continued Progress in Therapy for Pulmonary Arterial Hypertension. New Engl J Med, doi: 10.1056/NEJMe2300324