SGLT2-Hemmer: Worauf beruht ihr Nutzen bei Herzinsuffizienz?

Welche Wirkmechanismen die Basis für den klinischen Nutzen von SGLT2-Hemmern bei chronischer Herzinsuffizienz bilden, ist noch immer nicht ganz klar. Eine kleine randomisierte Studie liefert dazu nun neue Informationen.

Von Peter Overbeck

 

14.03.2023

Ein pathophysiologisches Kennzeichen bei Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion (HFpEF: Heart Failure with preserved Ejection Fraction; LVEF ≥50%) sind erhöhte Füllungsdrücke infolge vermehrter Ventrikelsteifigkeit. Eine Therapie mit dem SGLT2-Hemmer Dapagliflozin führte in einer Studie bei Patienten mit HFpEF zu einer deutlichen Reduktion des linksventrikulären Füllungsdrucks in Ruhe und insbesondere unter Belastung.

 

Durch den SGLT2-Hemmer sei damit die bei HFpEF „zugrunde liegende fundamentale hämodynamische Anomalie“ günstig beeinflusst worden, schlussfolgerte Studienleiter Dr. Barry Borlaug von der Mayo Clinic in Rochester. Er hat die Ergebnisse der CAMEO-DAPA benannten Studie jüngst beim ACC-Kongress 2023 in New Orleans vorgestellt.

Klinischen Nutzen in großen Studien dokumentiert

Die SGLT2-Hemmer Dapagliflozin und Empagliflozin haben bekanntlich in zwei großen randomisierten placebokontrollierten Studien (DELIVER mit Dapagliflozin, EMPEROR-Preserved mit Empagliflozin) ihre klinische Wirksamkeit bei Herzinsuffizienz des HFpEF-Typs unter Beweis gestellt. Vor allem Hospitalisierungen wegen Herzinsuffizienz wurden demnach durch SGLT2-Hemmer signifikant reduziert.

 

Um Erkenntnisse darüber zu gewinnen, welche Wirkmechanismen dem gezeigten klinischen Nutzen von SGLT2-Hemmern zugrunde liegen, haben Borlaug und sein Team an ihrer Klinik die monozentrischen CAMEO-DAPA-Studie initiiert. Darin sind 43 überwiegend adipöse Patientinnen und Patienten mit symptomatischer HFpEF (mittleres Alter 67 Jahre, 66% Frauen, NYHA-Stadium II/III) nach Zufallszuteilung jeweils 24 Wochen lang mit Dapagliflozin (10 mg/Tag) oder Placebo behandelt worden.

Mittlere PCWP-Abnahme um 6,1 mmHg unter Belastung

Jeweils zu Beginn und am Ende der Behandlung war per Rechtsherzkatheter bei den Teilnehmern als primärer Studienendpunkt der linksventrikuläre Füllungsdruck (bestimmt anhand des pulmonalkapillären Verschlussdrucks, PCWP) in Ruhe und unter Belastung gemessen worden. Nur Patienten mit initial erhöhtem PCWP (≥ 25 mmHg unter Belastung) konnten an der Studie teilnehmen.

 

Zu Beginn lag der mittlere PCWP der Studienteilnehmer bei 16 mmHg in Ruhe und 33 mmHg unter Belastung. Nach 24 Wochen war in der Dapagliflozin-Gruppe im Vergleich zu Placebo eine mittlere PCWP-Abnahme um 3,5 mmHg in Ruhe (p = 0,029) und um 6,1 mmHg unter Belastung (p = 0,019) zu verzeichnen.

Auch Körpergewicht und Plasmavolumen stärker reduziert

Auch die rechtsatrialen sowie die pulmonalarteriellen Drücke nahmen unter Dapagliflozin deutlich ab. Unter Belastung ergaben sich im Schnitt Reduktionen um 4,2 mmHg (p = 0,01) für den rechtsatrialen und um 5,9 mmHg (p = 0,022) für den pulmonalarteriellen Druck im Vergleich zu Placebo.

 

Die SGLT2-Hemmer-Therapie führte zudem zu einer signifikant stärkeren Abnahme des Plasmavolumens (im Mittel 258 ml mehr als unter Placebo, p = 0,015) und zu einer relativ stärkeren Gewichtsreduktion (im Mittel um 3,5 kg, p = 0,006). Die Veränderung beim PCWP korrelierten dabei deutlich stärker mit Veränderungen des Körpergewichts als mit Veränderungen des Plasmavolumens.

 

„Diese Ergebnisse geben neue Einblicke in die Mechanismen, die dem klinischen Benefit von Dapagliflozin bei Patienten mit HFpEF zugrunde liegen“, schlussfolgerte Borlaug.

Aber wie erklärt sich die Abnahme der Füllungsdrücke?

Zu wissen, dass die Senkung des linksventrikulären Füllungsdrucks eine mechanistische Erklärung für den Nutzen eines SGLT2-Hemmers bei HFpEF sein könnte, erklärt aber noch nicht, welchen Mechanismen sich diese Drucksenkung verdankt. Einige Experten glauben, dass dies primär mit der diuretischen und damit antikongestiven Wirkung als Folge der verstärkten Glukosurie („osmotische Diurese“) durch SGLT2-Hemmer zu erklären sei.

 

Wie Borlaug in der Diskussion betonte, sind aber wahrscheinlich mehr Mechanismen als nur die Diurese im Spiel. Er verwies an dieser Stelle auf die in CAMEO-DAPA gemachte Beobachtung, dass die Füllungsdruck-Abnahme enger mit der Gewichtsreduktion als mit dem Plasmavolumen assoziiert war: „Ich vermute, dass es wahrscheinlich eine Kombination vieler unterschiedlicher kleiner Dinge ist, die in der Addition zu einer Verbesserung der Füllungsdrücke um 20 bis 25% führen“.

 

Das klingt nach einer komplexen Angelegenheit. Die Suche nach den grundlegenden Mechanismen für den klinischen Nutzen von SGLT2-Hemmern bei Herzinsuffizienz dürfte die Forschung auch nach CAMEO-DAPA wohl weiterhin auf Trab halten.


Literatur

Borlaug B: Evaluation Of The Mechanism Of Benefit For Dapagliflozin In Heart Failure With Preserved Ejection Fraction: An Invasive Hemodynamic Randomized Trial. Featured Clinical Research III. ACC-Kongress 2023, 4. – 6. März 2023, New Orleans.

 

Das könnte Sie auch interessieren

Kardiogener Schock: Warum überleben Frauen seltener?

Ob sich das klinische Erscheinungsbild und die Behandlung von Patienten mit kardiogenem Schock zwischen den Geschlechtern unterscheidet, ist bisher wenig erforscht. Doch eine dänische Studie bringt neue Erkenntnisse.

Plädoyer für neues Stufenschema in der Herzinsuffizienz-Therapie

Das Stufenschema, nach dem derzeit Patienten mit Herzinsuffizienz auf Medikamente zur Reduktion von Mortalität und Hospitalisierungen eingestellt werden, stößt bei zwei Experten auf Kritik. Sie schlagen ein neues Schema vor, das die Einstellung auf diese Therapien deutlich beschleunigen soll.

Dekompensation bei Herzinsuffizienz an der Sprache früh erkennen

Beim Telemonitoring von Patientinnen und Patienten mit Herzinsuffizienz scheinen auch subtile Veränderungen des Sprachmusters der Betroffenen gute Dienste leisten zu können.

Kardiogener Schock: Warum überleben Frauen seltener?

Ob sich das klinische Erscheinungsbild und die Behandlung von Patienten mit kardiogenem Schock zwischen den Geschlechtern unterscheidet, ist bisher wenig erforscht. Doch eine dänische Studie bringt neue Erkenntnisse.

Plädoyer für neues Stufenschema in der Herzinsuffizienz-Therapie

Das Stufenschema, nach dem derzeit Patienten mit Herzinsuffizienz auf Medikamente zur Reduktion von Mortalität und Hospitalisierungen eingestellt werden, stößt bei zwei Experten auf Kritik. Sie schlagen ein neues Schema vor, das die Einstellung auf diese Therapien deutlich beschleunigen soll.

Dekompensation bei Herzinsuffizienz an der Sprache früh erkennen

Beim Telemonitoring von Patientinnen und Patienten mit Herzinsuffizienz scheinen auch subtile Veränderungen des Sprachmusters der Betroffenen gute Dienste leisten zu können.

Diese Seite teilen