Rivaroxaban-Therapie bei PAVK und KHK mit Kostenabnahme assoziiert
Wenn bei stabiler KHK oder PAVK die Sekundärprävention mit ASS plus Rivaroxaban erfolgt, bessert sich die Prognose der Patienten. Gleichzeitig werden Kosten für Komplikationen und Eingriffe reduziert, insbesondere bei Patienten mit Mehrgefäßerkrankungen. Das ergab nun eine Kostenanalyse der COMPASS-Studie.
Die kürzlich auf dem ESC-Kongress 2017 in Barcelona präsentierten COMPASS-Ergebnisse (Eikelboom JW et al. N Engl J Med. 2017;377:1319-30) zeigen einen neuen Weg in der kardiovaskulären Sekundärprävention auf.
Ergebnisse der COMPASS-Studie
Die Kombination aus ASS 100 mg/d plus Rivaroxaban 2 × 2,5 mg/d war einer ASS-Monotherapie überlegen: Sie schützte effektiver vor kardiovaskulärem Tod, Herzinfarkt oder Schlaganfall (primärer Endpunkt, 4,1 % vs. 5,4 %; HR: 0,76; p < 0,0001). Die relative Risikosenkung für Schlaganfälle belief sich auf 42 % (0,9 % vs. 1,6 %).
Unter der Kombination traten zwar mehr schwere Blutungen auf (3,1 % vs. 1,9 %), doch waren diese in der Regel beherrschbar. Unter dem Strich zeigte sich für die Kombination ein Überlebensvorteil gegenüber ASS (Mortalität: 3,4 % vs. 4,1 %).
COMPASS würde die Zahl der Patienten, die von der Antikoagulation mit dem patentgeschützten Medikament profitieren könnten, erheblich erweitern. Deshalb interessiert der Kostenaspekt.
Verhinderte Komplikationen und Eingriffe
Prof. Andre Lamy vom Population Health Research Institute in Hamilton, Kanada, stellte beim Kongress der American Heart Association 2017 Berechnungen vor, die auf die direkten Kosten für Komplikationen (Schlaganfälle, Herzinfarkte, kritische Extremitäten-Ischämien, Blutungen) und für Eingriffe (PCI, Bypasschirurgie, periphere Angioplastie, Amputationen) fokussierten.
Nicht berücksichtigt wurden indirekte Gesundheitskosten oder die Kosten für Rivaroxaban, da es für diese Indikation und Dosis weder Zulassung noch einen Preis für diesen Faktor-Xa-Hemmer gibt. Außen vor blieben naturgemäß auch die Gesundheitsvorteile (längeres Leben, bessere Lebensqualität).
Kalkuliert wurden die in US-Dollar umgerechneten Kosten für die USA, Kanada, Frankreich und Deutschland. Wieder umgerechnet in Euro werden im Laufe von 23 Monaten pro Patient Kosten in Höhe von ca. 500 Euro (Deutschland und Frankreich) bzw. 600 Euro (USA und Kanada) eingespart.
Es wurden aber Patienten erkennbar, bei denen sich die ASS/Rivaroxaban-Kombination mit deutlich höheren Einsparungen besonders bezahlt macht: Patienten mit PAVK (Einsparung: ca. 1.100 Euro), Patienten mit KHK plus PAVK und solche mit Mehrgefäßerkrankungen (Einsparung: 1.400 Euro). Die größten Einsparungen (über 50 %) trugen verhinderte Schlaganfälle bei.
Wo ASS/Rivaroxaban sehr kosteneffektiv sein könnte
Als Diskutant der neuen Kostenanalyse wies Prof. David J. Cohen vom Beth Isreal Deaconess Medical Center in Boston darauf hin, dass die Behandlung dieser stabilen Gefäßpatienten viel länger erfolgen muss als nur zwei Jahre wie in der Studie. Es wird darauf ankommen, dass die in der COMPASS-Studie gefundenen Vorteile auch längerfristig Bestand haben.
Außerdem wagte er eine Gegenüberstellung der Einsparungen für Komplikationen und Kosten für Rivaroxaban in den USA und Kanada. In den USA ist Rivaroxaban besonders teuer, entsprechend sind die Nettobehandlungskosten trotz Einsparungen für verhinderte Komplikationen hoch.
Interessant ist die Berechnung für Kanada, wo sich der Rivaroxaban-Preis in einem ähnlichen Rahmen bewegt wie in Deutschland. Hier belaufen sich die jährlichen Nettokosten (Medikamentenpreis abzüglich eingesparter Komplikationen) im Gesamtkollektiv auf ca. 400 Euro. Bei PAVK-Patienten sinken sie auf ca. 100 Euro, bei Mehrgefäß-Patienten bleibt unter dem Strich eine Einsparung.
Literatur
American Heart Association, Scientific Sessions 2017, Late Breaking Clinical Trials 1, Anaheim, 12. November 2017