Alkohol, Koffein & Co – was nützt es, Vorhofflimmern-Trigger zu vermeiden?
Patienten berichten nicht selten über bestimmte Faktoren in ihrem Alltag, die bei ihnen Vorhofflimmern begünstigen. In einer speziell konzipierten Studie wurde nun nach solchen potenziellen Triggern gezielt gefahndet – gebracht hat das leider wenig.
Hilft es Patienten, wenn sie ihre individuellen Vorhofflimmern-Trigger kennen und diese gezielt vermeiden? Was zunächst sinnvoll klingt, war in einer randomisierten Studie mit keiner positiven Auswirkung auf die Lebensqualität assoziiert.
Keine Verbesserung der Lebensqualität
„Die randomisierte Zuteilung zu individuellen Trigger-Testungen hatte keine verbesserte Vorhofflimmern-assoziierte Lebensqualität zur Folge“, resümierte Studienautor Dr. Gregory Marcus beim AHA-Kongress 2021, wo er die Ergebnisse der I-STOP-AFib-Studie präsentierte. Dennoch seien im Anschluss an diese Untersuchungen weniger Vorhofflimmern-Episoden dokumentiert worden, führte der in San Francisco tätige Rhythmologe an.
Ärzte und Ärztinnen werden häufig mit anekdotischen Berichten seitens der Patienten über individuelle Vorhofflimmern-Auslöser konfrontiert. Welche Rolle solche mit dem Lebensstil assoziierten Trigger tatsächlich spielen, wurde jedoch noch nie systematisch untersucht. Genauso wenig existieren umfassende Daten zu potenziellen Effekten einer gezielten Vermeidung dieser Triggern.
Spezielles Studiendesign
Kardiologen um Marcus haben deshalb die randomisierte I-STOP-AFib-Studie auf dem Weg gebracht. Speziell an der Studie ist ihr Design. Zunächst wurden knapp 500 Patienten entweder zu einem reinen „Tracking“-Arm (hier wurden Arrhythmie-Episoden lediglich erfasst) oder zu einem „Trigger-Testing“-Arm randomisiert.
Die in die Trigger-Testing-Gruppe randomisierten Patienten wurden nach dem „N-of-1“-Prinzip untersucht. Bedeutet, jeder einzelne Teilnehmer wurde über eine eigens entwickelte Smartphone-App instruiert, sich gezielt selbst ausgewählten Triggern zu exponieren bzw. oder diese bewusst zu vermeiden. Innerhalb der sechswöchigen Studienperiode gab es somit „Trigger-on“- und „Trigger-off“-Wochen. Die während dieser Zeit aufgetretenen Vorhofflimmern-Episoden dokumentierten alle Studienpatienten mittels eines mobilen EKG-Gerätes und zusätzlich über tägliche, textbasierte Umfragen.
Das in der Studie eingesetzte Smartphone-basierte Programm errechnete, wie wahrscheinlich es ist, dass diese Trigger Vorhofflimmern auslösen. Entsprechend dieser Berechnung wurden den Patienten Lebensstilmaßnahmen nahegelegt, die sie in den folgenden vier Wochen umsetzen sollten. Vor Studienbeginn und im Anschluss an diese vier Wochen wurden alle Teilnehmer, auch jene aus dem reinen Tracking-Arm, mittels eines für Vorhofflimmern-Patienten entwickelten Fragebogens („Atrial Fibrillation Effect on Quality-of-Life“, AFEQT) zu ihrem Befinden befragt.
Das enttäuschende Ergebnis: Die systematische Trigger-Suche und -Intervention verbesserte den primären Studienendpunkt, die Lebensqualität der Patienten, über die insgesamt zehn Wochen nicht.
Aber: Weniger Vorhofflimmern-Episoden
Als positives Ergebnis brachte Marcus an, dass während der vierwöchigen Postinterventions-Phase bei den Patienten aus der Trigger-Testgruppe deutlich weniger Vorhofflimmern-Episoden auftraten als in der Kontrollgruppe mit reinem Monitoring (adjustierte relative Risikoreduktion, RR: 0,60; p˂ 0,001). Getrieben worden sei dieser Unterschied durch jene Patienten, die als Trigger Alkohol, Dehydration und Sport getestet hätte, berichtete Marcus.
Auf der anderen Seite ergab eine Metaanalyse aller N-of-1-Versuche, dass alleinig der Konsum von Alkohol mit einem signifikant erhöhten Risiko für das Auftreten von Vorhofflimmern assoziiert war. Andere von den Patienten gewählte Trigger, z.B. zu wenig Schlaf, Sport, Liegen auf der linken Körperhälfte, Dehydrierung, schwere Mahlzeiten, kalte Getränke oder Mahlzeiten sowie spezifische Diäten, hatten keinen signifikanten Einfluss. Das galt auch für Koffein – der von den Patienten am häufigste gewählte Trigger. Der signifikante Effekt von Alkohol zeigte sich nur in der Per-Protokoll-Analyse (Odds Ratio, OR: 1,77) und nicht in der Intention-to-Treat-Analyse.
Therapieansatz trotzdem nicht aufgeben
Trotz allem kann die individuelle, systematische Untersuchung von Vorhofflimmern-Triggern den Autoren zufolge Vorteile bringen, nämlich „die Möglichkeit, die Patienten beruhigen zu können, dass eine bestimmte Exposition (einschließlich potenziell angenehmer Dinge wie Koffein) für ihre Erkrankung nicht wichtig ist“, wie sie in der zeitgleich veröffentlichen Publikation im JAMA Cardiology erläutern. Die Wissenschaftler wollen ihren Therapieansatz deshalb nicht aufgeben: „Wir glauben nicht, dass die Publikation der aktuellen Studie die Tür für weitere Versuche, den Nutzen einer individualisierten Suche nach Vorhofflimmern-Triggern aufzuklären, schließen sollte.“
Auch Dr. Mina Chung sieht durchaus Potenzial in einer individuellen Trigger-Testung: Die deutliche Reduktion von Vorhofflimmern-Episoden unterstütze wirklich den Wert einer N-of-1-Studie für individuelle Patienten, äußerte sich die in Cleveland tätige Kardiologie zu den Ergebnissen beim AHA 2021.
Womöglich sei die Studie zu komplex gewesen, geben die Autoren zu bedenken. Eine einfachere, fokussierte Untersuchung könnte die Machbarkeit, das Engagement und das Durchhaltevermögen der Patienten stärken, und dadurch zu einer geringen Abbruchrate und besseren Datenerfassung beitragen, hoffen sie.
Literatur
Marcus G: Testing Individualized Triggers of Atrial Fibrillation: A Randomized Controlled Trial; Late Breaking Science Session 4, AHA Congress, 13-15. November 2021.
Marcus G et al. Individualized Studies of Triggers of Paroxysmal Atrial FibrillationThe I-STOP-AFib Randomized Clinical Trial. JAMA Cardiol. 2021; https://www.doi.org/10.1001/jamacardio.2021.5010