Herzinsuffizienz: Rasche Auftitrierung der Medikation zahlt sich aus
Allein durch rasche und engmaschig überwachte Auftitrierung einer leitliniengerechten Medikation bei hospitalisierten Patienten mit akuter Herzinsuffizienz sind in einer Studie deutlich bessere klinische Ergebnisse erzielt worden als durch übliche Routinebehandlung.
Klinisch scheint es sich zu lohnen, stationär wegen akuter Herzinsuffizienz eingewiesene Patientinnen und Patienten möglichst rasch auf die volle Zieldosis der in den Leitlinien bei dieser Indikation empfohlenen Medikamente einzustellen. Dafür sprechen die Ergebnisse der jetzt von Studienleiter Prof. Alexandre Mebazaa, Université Paris Cité, beim AHA-Kongress in Chicago vorgestellten randomisierten STRONG-HF-Studie.
Signifikante Reduktion von Todesfällen und Klinikeinweisungen
Durch das intensivierte Therapiemanagement ist in dieser Studie die Inzidenzrate für Todesfälle und erneute Klinikeinweisungen wegen Herzinsuffizienz (primärer kombinierter Endpunkt) nach 180 Tagen signifikant von 23,3% (usual care) auf 15,2% gesenkt worden (p = 0,0021), was einer relativen Risikoreduktion um 34% entspricht.
Aufgrund von schon bei einer Zwischenanalyse festgestellten, unerwartet großen Unterschieden zwischen beiden Behandlungsgruppen war der vorzeitige Stopp der STRONG-HF-Studie beschlossen und in einer „Top-Line“-Meldung öffentlich gemacht worden.
Fokus auf drei Wirkstoffklassen
Planungsgemäß hätten in die an 87 Zentren in 14 Ländern durchgeführte STRONG-HF-Studie rund 1.800 stationär behandelte Patientinnen und Patienten mit dekompensierter Herzinsuffizienz aufgenommen werden sollen. Zum Zeitpunkt des Abbruchs waren bereits 1.078 Patienten (mittleres Alter 63 Jahre; 39% Frauen) randomisiert worden. Rund zwei Drittel der Teilnehmer hatten eine linksventrikuläre Ejektionsfraktion von ≤40% und somit eine Herzinsuffizienz des HFrEF-Typs.
Die Teilnehmer waren zwei Tage vor ihrer Klinikentlassung per Zufallszuteilung zwei Studienarmen mit intensivierter oder standardmäßiger Behandlungsstrategie zugeordnet worden. Ziel in der „High-Intensity“-Gruppe (n=542) war eine frühe und rasche Auftitrierung von drei in den Herzinsuffizienz-Leitlinien empfohlenen medikamentösen Therapien.
Dieses Medikamenten-Trio bestand aus einem Betablocker, einem Wirkstoff aus der Gruppe der Renin-Angiotensin-System-Blocker (RAS-Blocker: ACE-Hemmer, ARB oder ARNI) und einem Mineralkortikoid-Rezeptorantagonisten (MRA). SGLT2-Hemmer waren in der Zeit der Studiendurchführung entweder noch nicht bei Herzinsuffizienz zugelassen oder sie wurden bei dieser Indikation noch relativ selten genutzt.
Volle Dosis innerhalb von 14 Tagen nach Entlassung abgestrebt
Zum Zeitpunkt der Entlassung wurden diese Herzinsuffizienz-Medikamente zunächst nur in halber Dosierung verabreicht. In den ersten 14 Tage nach Entlassung sollte dann die schrittweise Auftritrierung auf die volle Dosis erfolgen. In dieser Phase wurden zur Gewährleistung der Sicherheit regelmäßige ambulante Kontrolluntersuchungen (vier innerhalb von zwei Monaten) etwa bezüglich Stauungszeichen sowie Messungen diverser Laborparameter und Biomarker einschließlich NT-pro-BNP vorgenommen.
Für das Management bei den von Allgemeinmedizinern und/oder Kardiologen betreuten Patientinnen und Patienten der routinemäßig versorgten Kontrollgruppe galten die lokalen medizinischen Standards. Die Nachbeobachtung erstreckte sich in beiden Gruppen über einen Zeitraum von 180 Tagen nach Randomisierung.
Stärkere Verbesserungen auch bezüglich Stauungsparameter und Lebensqualität
Zum Zeitpunkt nach 90 Tagen war der Anteil an Patienten, die ihre Medikamente in der vollen Dosierung erhielten, in der „High-Intensity“-Gruppe erwartungsgemäß deutlich höher als in der Kontrollgruppe, und zwar sowohl im Hinblick auf RAS-Blocker (55% vs. 2%) und Betablocker (49% vs. 4%) als auch MRA (84% vs. 46%). Ähnliche Unterschiede wurden nach 180 Tagen beobachtet.
Die intensivere Therapie ging auch mit deutlich stärkeren Verbesserungen von Stauungsparametern wie Jugularvenendruck, Atemfrequenz peripheren Ödemen, Körpergewicht sowie von NYHA-Klasse und NT-proBNP-Konzentration nach 90 Tagen einher. Zudem ergaben zu diesem Zeitpunkt vorgenommene Erhebungen in dieser Gruppe auch eine signifikant höhere Lebensqualität als in der Kontrollgruppe.
Die Rate für alle angegebenen unerwünschten Ereignisse nach 90 Tagen war in der „High-Intensity“-Gruppe höher als in der „Usual care“-Gruppe (41,1% vs. 29,5%), während es bezüglich schwerwiegender Ereignisse (16,2% vs. 17,2%) und tödlicher Ereignisse (4,6% vs. 6,0%) keine nennenswerten Unterschiede gab.
Die nächste Herausforderung, so Mebazaa, sei nun eine zügige Aufklärung mit dem Ziel, die in STRONG-HF erfolgreich getestete Strategie der Therapieintensivierung auch im Praxisalltag umzusetzen.
Literatur
Mebazaa A.: STRONG-HF: Post-discharge heart failure management and implementation on GDMI heart failure therapy. AHA Kongress 2022, 5. – 7. November 2022, Chicago
Mebazaa A.: Safety, tolerability and efficacy of up-titration of guideline-directed medical therapies for acute heart failure (STRONG-HF): a multinational, open-label, randomised, trial. Lancet 2022