Lp(a)-Senkung kommt immer mehr in Schwung
Eine beim AHA-Kongress 2022 präsentierte Studie zeigt eine weitere medikamentöse Option für eine substanzielle Reduktion von Lipoprotein(a) [Lp(a)] im Blut auf. Was eine Lp(a)-Senkung am Ende klinisch an Nutzen bringt, bedarf allerdings noch der Klärung.
Einiges spricht inzwischen dafür, dass Lp(a) ein kausal an der Entstehung und Progression von atherosklerotischen Gefäßerkrankungen und von kalzifizierenden Aortenklappenstenosen beteiligter Risikofaktor ist. Ein „Konsensus-Statement” der Europäischen Atherosklerose-Gesellschaft EAS hat jüngst einen Überblick über den derzeitigen Kenntnisstand zur Bedeutung von Lp(a) gegeben.
Die Lp(a)-Konzentration im Blut ist ganz überwiegend genetisch determiniert. Im Gegensatz zu anderen Lipoproteinen lassen sich Lp(a)-Blutspiegel deshalb etwa durch Ernährung, vermehrte körperliche Aktivität und - zumindest bislang - auch durch Medikamente kaum selektiv senken.
Bei der Suche nach neuen Ansätzen zur medikamentösen Senkung der Lp(a)-Konzentration im Blut sind inzwischen aber erste Erfolge zu verzeichnen. Große Hoffnungen werden dabei zum einen in zur Klasse der small interfering RNA (siRNA) zählende Wirkstoffe, zum anderen in sogenannte Antisense-Oligonukleotide (ASO) gesetzt.
Lp(a)-Senkung um bis zu 100%
Beim AHA-Kongress 2022 sind jüngst die Ergebnisse der randomisierten Phase-II-Studie OCEAN(a)-DOSE TIMI 67 zur Sicherheit und Wirksamkeit von Olpasiran, einem neuen Wirkstoff aus der siRNA-Klasse, vorgestellt worden. Sie zeigen, dass sich damit die Lp(a)-Spiegel im Blut um bis zu 100% reduzieren lassen.
Für die Studie hatte eine Forschergruppe um Dr. Michelle O’Donoghue vom Brigham and Women’s Hospital in Boston 281 Probandinnen und Probanden (mittleres Alter 62 Jahre; 32% Frauen) mit manifester atherosklerotischer Gefäßerkrankung und Lp(a)-Werten > 150 nmol/l ausgewählt. Zu Studienbeginn betrug die mediane Lp(a)-Konzentration der Studienteilnehmer 260,3 nmol/l, ihre mediane LDL-Cholesterin-Konzentration lag bei 67,5 mg/dl.
Nach randomisierter Zuteilung zu einer von fünf Gruppen wurden die Probanden dann entweder mit Placebo (n=54) oder mit subkutan appliziertem Olpasiran (n=227) in einer von vier Dosierungen (10 mg, 75 mg oder 225 mg alle 12 Wochen bzw. 225 mg alle 24 Wochen) behandelt. Als lipidsenkende Basistherapie erhielten 88% der Teilnehmer ein Statin (davon 61% eine „High-Intensity“-Statin-Therapie), 52% Ezetimib und 23% einen PCSK9-Hemmer.
Primärer Studienendpunkt war die prozentuale Reduktion der Lp(a)-Konzentration nach 36 Wochen in Relation zum Ausgangswert. Zu diesem Zeitpunkt war der mediane Lp(a)-Wert in der Placebo-Gruppe leicht um 3,6% angestiegen. In den vier aktiv behandelten Gruppen hatte Olpasiran dagegen die Lp(a)-Konzentrationen dosisabhängig in starkem Maß reduziert, und zwar placeboadjustiert um 70,5% (10-mg-Dosis), um 97,4% (75-mg-Dosis), um 101,1% (225 mg alle 12 Wochen) sowie um 100,5% (225 mg alle 24 Wochen). Alle Unterschiede in Relation zu den Baseline-Werten waren signifikant (p<0,001).
Auch die Werte für LDL-Cholesterin und Apolipoprotein B (apoB) wurden durch Olpasiran signifikant gesenkt. Bezüglich des LDL-Cholesterins betrugen die Reduktionen in den vier Olpasiran-Dosisgruppen 23,7%, 22,6%, 23,1% respektive 24,8%, bezüglich apoB gab es Abnahmen um 18,9%, 16,7%, 17,6% respektive 18,8% in Relation zu den Ausgangswerten.
Mit Ausnahme von Reaktionen an der Einstichstelle, die im Fall der Olpasiran-Behandlung häufiger auftraten, bestanden im Hinblick auf Sicherheit und Verträglichkeit keine Unterschiede im Vergleich zur Placebo-Gruppe.
Definitiver Beweis der Kausalität steht noch aus
Die These, dass Lp(a) ein kausaler Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen ist, wird derzeit vor allem durch Ergebnisse genetischer, nach dem Prinzip der „Mendelschen Randomisierung“ durchgeführter Studien gestützt. Der definitive Beweis der Kausalität durch randomisierte kontrollierte Studien, in denen eine selektive Lp(a)-Senkung eine substanzielle Reduktion von kardiovaskulären Ereignissen zur Folge hat, steht jedoch noch aus.
Zumindest eine Studie, die darüber Aufschluss geben könnte, läuft bereits. In der randomisierten Phase-III-Studie Lp(a) HORIZON] wird derzeit geprüft, ob eine Lp(a)-Senkung mit dem Antisense-Oligonukleotid Pelacarsen die Inzidenz der im primären Studienendpunkt kombinierten Ereignisse (kardiovaskulärer Tod, Schlaganfall, Myokardinfarkt, Revaskularisation) in relevantem Maß reduziert. An der Studie nehmen aktuell mehr als 8.300 Patientinnen und Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen und erhöhten Lp(a)-Werten (> 70 mg/dl) bei zugleich optimaler LDL-C-senkender Therapie teil.
Literatur
Odonoghue M.L.: Reduction of Lipoprotein(a) With Small Interfering RNA: The Results of the Ocean(a)-DOSE Trial. Late Breaking Science 05. AHA Kongress 2022, 5. – 7. November 2022, Chicago.
Odonoghue M.L. et al.: Small Interfering RNA to Reduce Lipoprotein(a) in Cardiovascular Disease. N Engl J Med 2022. DOI: 10.1056/NEJMoa2211023