Kombinierte Faktor Xa- und Plättchenhemmung besteht Sicherheitstest
Rivaroxaban statt ASS in Kombination mit einem P2Y12-Inhibitor – lässt sich dadurch das antithrombotische Management nach akutem Koronarsyndrom (ACS) weiter verbessern? Die GEMINI-ASC-1-Studie zeigte jetzt zunächst, dass der neue Ansatz das Blutungsrisiko nicht erhöht.
Nach ACS ist die duale Plättchenhemmung (DAPT) Standardtherapie. Ticagrelor und Prasugrel haben sich dabei gegenüber Clopidogrel als überlegener Partner von ASS erwiesen.
In der ATLAS ACS 2-TIMI 51-Studie zeigte sich auch eine Dreifachbehandlung aus niedrig dosiertem Rivaroxaban (2x2,5 mg/d), ASS und Clopidogrel der Kombination aus ASS/Clopidogrel überlegen, ging aber mit einem erhöhten Blutungsrisiko einher.
Bei Koronar-Patienten mit Vorhofflimmern ergab die PIONEER-AF-Studie, dass hier eine duale antithrombotische Therapie mit Rivaroxaban plus Clopidogrel einer Tripletherapie mit zusätzlicher ASS-Gabe überlegen ist.
Antithrombotische Therapie über zwei Wirkansätze
Vor dem Hintergrund dieser Datenlage hat sich das Unternehmen Bayer entschlossen, der Frage nachzugehen, ob eine antithrombotische Therapie über zwei unterschiedliche Wirkansätze (Plättchenhemmung plus Faktor Xa-Inhibition) dem bisherigen Standard einer DAPT überlegen sein könnte. In einem ersten Schritt wurde in der GEMINI-ACS-1-Studie, einer Phase II-Sicherheitsstudie, das Blutungsrisiko abgeklärt.
An der Doppelblindstudie nahmen 3037 ACS-Patienten (instabile Angina, NSTEMI oder STEMI) teil. Sie wurden innerhalb von 10 Tagen zwischen ASS (100 mg/d) und Rivaroxaban (2x 2,5 mg/d) randomisiert. Alle Patienten erhielten zudem einen P2Y12-Inhibitor, wobei man sich in 1704 Fällen für Ticagrelor und 1333mal für Clopidogrel entschied.
Identische Blutungsrisiken
Die Beobachtungszeit belief sich auf 293 Tage. In dieser Zeit waren die Blutungsraten in beiden Gruppen gleich: 4,9% unter ASS, 5,3% unter Rivaroxaban. Zu „TIMI major bleedings“ kam es bei 0,5% bzw. 0,7% - ebenfalls statistisch kein Unterschied. Es fand sich auch keine Subgruppe, die unter dem Faktor Xa-Inhibitor eine erhöhte Blutungsrate zeigte. Die Wahl des P2Y12-Inhibitors spielte ebenfalls keine Rolle.
Die Studie war statistisch nicht darauf ausgelegt, Unterschiede in der Wirksamkeit nachzuweisen. Dennoch wurden natürlich die Endpunkt-Daten berichtet: Ischämische Ereignisse (kardiovaskulärer Tod, Herzinfarkt, Schlaganfall, Stentthrombose) erlitten 4,7% der ASS-Patienten und 5,0% der Rivaroxaban-Patienten. In keinem der Einzelendpunkte zeigten sich Differenzen, ebenso wenig in der Mortalität.
Studienautor Prof. E Magnus Ohman, Duke University School in Durham, North Carolina, fühlt sich durch diese Ergebnisse ermutigt, die Kombination Rivaroxaban/P2Y12-Hemmer nun in einer Phase-3-Studie auf Überlegenheit gegenüber einer DAPT zu testen.
Literatur
Late-Breaking Clinical Trial II-Sitzung, 66. Jahrestagung des American College of Cardiology ACC, Washington, 17.-20. März 2017;
Ohman M. et al.: Clinically significant bleeding with low-dose rivaroxaban versus aspirin, in addition to P2Y12 inhibition, in acute coronary syndromes (GEMINI-ACS-1): a double-blind, multicentre, randomised trial. The Lancet 2017, online 18. März, DOI: http://dx.doi.org/10.1016/S0140-6736(17)30751-1