Was sagen Herzschäden über die längerfristige Prognose von COVID-19-Patienten aus?
Patienten, die bei einer COVID-19-bedingten Hospitalisierung Herzschäden aufweisen, sterben häufiger noch im Krankenhaus. Doch wie steht es um die Prognose der Überlebenden?
Frühere Studien haben ergeben, dass Herzschäden bei Patienten, die aufgrund von COVID-19 hospitalisiert werden, häufig sind und mit einem erhöhten Sterberisiko in der Klinik und nach sechs Monaten einhergehen. Zum längerfristigen Mortalitätsrisiko und den Langzeitfolgen gibt es jedoch weniger Evidenz. Eine US-Studie weist jetzt darauf hin, dass diese Patienten ein erhöhtes Risiko haben, innerhalb eines Jahres zu versterben – für manche gibt es jedoch auch positive Nachrichten.
Für die prospektive Analyse nutzten Dr. Brittany Weber vom Brigham and Women's Hospital in Boston und ihr Team klinikinterne Daten von 483 Patienten mit bestätigter SARS-CoV-2-Infektion, die in den ersten drei Pandemiemonaten hospitalisiert worden waren. Sie waren median 63 Jahre alt, die Hälfte waren Frauen. Die meisten (62%) hatten während des ersten Klinikaufenthaltes Herzschäden, definiert als hochsensitives Troponin T (hs-TnT) von mindestens 14 ng/L. Bei 26% wurden dagegen niedrige Troponinspiegel festgestellt und bei 12% konnte kein Troponin nachgewiesen werden.
Hohe Troponinwerte, hohes Sterberisiko
Verglichen mit Patienten mit nicht nachweisbarem Troponin während des ersten Klinikaufenthaltes hatten diejenigen mit mindestens einer hs-TnT-Messung von 14 ng/L oder mehr ein signifikant um knapp das 14-Fache erhöhtes Mortalitätsrisiko. Bei den Patienten mit niedrigeren Troponinwerten war es dagegen nur um gut das Doppelte gesteigert, dieses Ergebnis war jedoch nicht signifikant. Die Sterberate während der Hospitalisierung, nach sechs sowie zwölf Monaten betrug bei den Personen mit Herzschäden 29%, 32% und 33%, bei denen mit niedrigeren Troponinspiegeln 4%, 5% und 5% und bei denen ohne nachgewiesenes Troponin jeweils 0%.
Die meisten Todesfälle ereigneten sich während des ersten Klinikaufenthaltes, in dieser Zeit verstarben insgesamt 19% der Patienten. Von da an nahm die Sterberate jedoch nur noch geringfügig zu: Nach zwölf Monaten waren 22% verstorben. 14% hatten thrombotische und 26% kardiovaskuläre Komplikationen. Die Raten aller Endpunkte waren bei den Patienten mit Herzschäden höher.
Von den Personen, die die erste Hospitalisierung überlebten, mussten 24% innerhalb eines Jahres mindestens ein weiteres Mal in die Klinik eingeliefert werden. Knapp zwei Drittel dieser Patienten hatten während des ersten Krankenhausaufenthaltes Herzschäden aufgewiesen, obwohl erhöhte Troponinwerte nicht unabhängig mit der Wiederaufnahmerate korrelierten.
Bei Herzschäden häufig Langzeitfolgen
Die Überlebenden wurden nach sechs Monaten auf postakute Folgen von COVID-19 untersucht. 37% von ihnen hatten anhaltende Symptome wie Dyspnoe, Brustschmerz, Kopfschmerzen und Geruchs- oder Geschmacksverlust. Verglichen mit ihrem Zustand vor der Infektion hatten 20% einen verschlechterten funktionellen Status, 16% neurokognitive Einschränkungen und 4% einen erhöhten Sauerstoffbedarf.
Auch wenn die Unterschiede in Hinblick auf das Vorhandensein von Herzschäden nicht signifikant waren, war die Prävalenz persistierender COVID-19-Symptome nach sechs Monaten bei Patienten mit erhöhten Troponinspiegeln am höchsten (56%), gefolgt von denen mit niedrigeren Werten (31%) und nicht nachweisbaren Konzentrationen (13%).
Wer anfangs überlebt, hat weiterhin gute Chancen
„Anzeichen von Herzschäden während des ersten Klinikaufenthalts aufgrund von COVID-19 gehen mit einem erhöhten Sterberisiko einher und können Hinweise liefern, welche Patienten ein gesteigertes Risiko für postakute Folgen von COVID-19 haben“, fassen Weber und Kollegen zusammen. Die Mechanismen dahinter seien jedoch noch unklar.
Gleichzeitig deuten die Ergebnisse den Forschenden zufolge darauf hin, dass Personen, die die erste Hospitalisierung überleben, auch ein niedriges Sterberisiko nach einem Jahr aufweisen, selbst wenn sie Troponin-T-positiv sind. Ob das auch über den Zeitraum von einem Jahr hinaus gelte, sei eine wichtige Frage für zukünftige Studien.
Literatur
Weber B et al. Relationship Between Myocardial Injury During Index Hospitalization for SARS‐CoV‐2 Infection and Longer‐Term Outcomes. Journal of the American Heart Association 2021. https://doi.org/10.1161/JAHA.121.022010