Myokarditis nach SARS-CoV-2-Impfung: Neue Registerdaten aus Deutschland und Kanada
In Zusammenhang mit mRNA-Vakzinierungen gegen COVID-19 wurde über das Auftreten von Myokarditiden berichtet – ein Grund zur Sorge? Vorläufige Daten eines multizentrischen internationalen Registers zeigen den meist milden Verlauf einer seltenen Nebenwirkung.
Es häuften sich ab Mitte letzten Jahres, also früh nach Beginn der globalen Impfkampagne gegen SARS-CoV-2, Einzelfallberichte über das Auftreten von Myokarditiden in zeitlich engem Zusammenhang vorwiegend nach Verabreichung der mRNA-Impfstoffe BNT162b2 (BioNTech/Pfizer) sowie mRNA-1273 (Moderna; [1, 2, 3]). Die unklare Datenlage hat damals merklich zu einer großen Verunsicherung bei Patienten und Behandelnden geführt.
Seltene Nebenwirkung betrifft meist jüngere Männer
Die statistische Assoziation sowie die deutlich erhöhte Inzidenz von Myokarditisfällen im historischen Vergleichszeitraum ließ sich in epidemiologischen Erhebungen bestätigen [4, 5]. Die Nebenwirkung tritt erfreulicherweise selten auf, wie die Beobachtungen zeigten. Es wurden für die Vakzine mRNA-1273 (Moderna) und BNT162b2 (BioNTech/Pfizer) Häufigkeiten von 5,7 bzw. 1,6 Fälle pro 100.000 geimpfter Individuen berichtet [4]. Betroffen sind zumeist junge Männer unter 30 Jahren. Das Phänomen der immunvermittelten Myokarditiden nach Impfung scheint aber nicht für die SARS-CoV-2-Vakzine reserviert zu sein. In der Vergangenheit fanden sich bereits vergleichbare Beobachtungen z. B. bei der Pockenimpfung [6].
Multizentrisches Register aus Deutschland und Kanada
Der klinische Verlauf dieser Patienten nach SARS-CoV-2 impfassoziierter Myokarditis wird nun erstmals systematisch in einem multizentrischen Register an sechs Zentren in Deutschland und Kanada untersucht. Die vorläufigen Daten zeigen bisher einen benignen Verlauf dieser seltenen Nebenwirkung.
Bei den meisten Patenten war die Pumpfunktion normwertig
Die Patienten wurden im Mittel bisher über dreieinhalb Monate nachverfolgt. Magnetresonanztomografisch zeigte sich nur in 16% der Fälle eine leichtgradige linksventrikuläre (LV) Funktionseinschränkung, bei allen anderen war die Pumpfunktion normwertig. Prädilektionsstellen für die myokardiale Inflammation scheinen basale Abschnitte der Hinterseitenwand zu sein (Abb. 1). Am Ende der Nachbeobachtung waren die meisten Patienten beschwerdefrei, protrahierte Beschwerden traten nur selten auf.
Abb. 1: Charakteristische Myokardbeteiligung bei SARS-CoV-2 mRNA-Impfstoff-assoziierter Myokarditis im MRT. 3-Kammer-Blick (PSIR) mit Late Gadolinium Enhancement (LGE) basal inferolateral (links, Pfeil). Basale Kurzachse (STIR) mit subepikardialem Myokardödem inferior bis inferolateral (rechts, Pfeil).
Wegen der mangelnden Datenlage bleibt unklar, inwiefern Betroffene bei einer erneuten SARS-CoV-2-Impfung desselben Wirkstoffes einem erhöhten Rezidivrisiko unterliegen. Aus mechanistischen Überlegungen empfehlen einige Gesellschaften in diesen seltenen Fällen, auf eine erneute mRNA-Impfung zu verzichten und stattdessen, sofern verfügbar, auf vektorbasierte oder inaktivierte Impfstoffe zur Immunisierung gegen SARS-CoV-2 zu wechseln.
Fazit für die Praxis: |
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Literatur
1. Montgomery J et al. JAMA Cardiol. 2021; 6(10):1202-6
2. Abu Mouch S et al. Vaccine. 2021;39(29):3790-3
3. D’Angelo T et al. Can J Cardiol. 2021;37(10):1665-7
4. Husby A et al. BMJ. 2021;375
5. Oster ME et al. JAMA. 2022;327(4):331-40
6. Cassimatis DC et al. J Am Coll Cardiol. 2004; 43(9):1503-10
Aus CardioNews Ausgabe 03 2022