Nachrichten 18.03.2022

Myokarditis-Risiko nach dritter COVID-19-Impfung eher geringer als nach zweiter

Nach mRNA-Impfungen gegen COVID-19 kann es in seltenen Fällen zu Myokarditiden kommen. In Israel wurde jetzt untersucht, wie hoch das Risiko nach der dritten Impfung ist – und es scheint geringer als nach der zweiten Dosis zu sein.

Das Risiko, nach einer dritten COVID-19-Impfung eine Myokarditis zu entwickeln, ist sehr gering, und neuesten Daten aus Israel zufolge offenbar geringer als nach der zweiten Impfung.

Für die Untersuchung haben Dr. Limor Friedensohn und Kollegen alle Myokarditis-Fälle, die bei Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen des israelischen Militärs nach der dritten COVID-Impfung aufgetreten waren, gesammelt und ausgewertet. Von Mitte August 2021, als die Booster-Kampagne bei den israelischen Streitkräften begann, bis Ende September sind 126.029 Mitarbeiter mit der BioNTech/Pfizer-Vakzine das dritte Mal geimpft worden. 90% der geimpften Frauen war zwischen 18 und 24 Jahre alt, bei den Männern befanden sich 79% in dieser Altersgruppe.

Inzidenz sehr gering

Insgesamt kam es in der Folge zu neun Myokarditis-Fällen. Die Diagnose basierte auf EKG-, Echo- und MRT-Befunden und wurde von einem unabhängigen Kardiologen bestätigt. Es waren ausschließlich junge Männer betroffen. In einem Fall trat die Komplikation im Zuge einer SARS-CoV-2-Infektion auf, weshalb dieser nicht berücksichtigt wurde. In einem weiteren Fall entwickelte der Patient die Myokarditis nicht im unmittelbaren Kontext der Impfung, also erst nach zwei Wochen, sodass dieser ebenfalls von der Auswertung ausgeschlossen wurde. Es verblieben damit sieben Fälle.

Risiko eher geringer als nach der zweiten Dosis…

Die Autoren errechneten eine Inzidenz von 3,17 Myokarditis-Fällen pro 100.000 Impfungen in der ersten Woche und 5,55 Fällen/100.000 Impfungen in der zweiten Woche. Die Rate sei damit geringer, als es nach der zweiten Vakzin-Dosis für dieselbe Population beobachtet wurde (5,07/100.000 Impfungen), resümieren Friedensohn und Kollegen.

Da alle Myokarditis-Fällen in dieser Kohorte bei jungen Männern aufgetreten waren, ermittelten die israelischen Autoren die Inzidenz spezifisch für die 18- bis 24-Jährigen. Die Rate in dieser Altersgruppe betrug 6,43 bzw. 11,25 Fälle pro 100.000 Impfungen in der ersten bzw. zweiten Woche. Diese Inzidenz wiederum war etwas höher, als es für eine US-amerikanische Population derselben Altersgruppe nach der zweiten Dosis berichtet wurde (5,24 Fälle/100.000).

…aber Vergleiche sind schwierig

Friedensohn und Kollegen weisen allerdings darauf hin, dass die in Studien berichteten Inzidenzen für Myokarditiden, die mit der zweiten Impfung assoziiert waren, stark variieren, u.a. auch deshalb, weil unterschiedliche Definitionen für eine Myokarditis und verschiedene Zeitspannen herangezogen wurden. Darüber hinaus hängt, wie frühere Studien zeigten, das Risiko von der verwendeten Vakzine ab. Auch gilt es zu beachten, dass die Awareness für diese seltene Nebenwirkung in Folge der Medienberichte deutlich angestiegen ist. Sprich, nach den Booster-Impfungen wurde vermutlich verstärkt darauf geachtet. „Deshalb sollte man solche Vergleiche nur mit Vorsicht ziehen“, so die israelischen Autoren.  

Im Übrigen verliefen alle infolge der dritten Impfung aufgetretenen Myokarditiden milde. So konnten alle betroffenen Patienten ohne verbleibende Herzschädigungen aus dem Krankenhaus entlassen werden. Das Ergebnis bestätigt andere Studien, in denen ebenfalls überwiegend günstige Verläufe solcher impfassoziierten Herzmuskelentzündungen beobachtet wurden.  

Literatur

Friedensohn L et al. Myocarditis Following a Third BNT162b2 Vaccination Dose in Military Recruits in Israel. JAMA. 2022. doi:10.1001/jama.2022.4425

Highlights

Hätten Sie es erkannt?

Linker Hauptstamm in der CT-Angiographie eines 80-jährigen Patienten vor TAVI. Was fällt auf?

Myokarditis – eine tödliche Gefahr

In der vierten Ausgabe mit Prof. Andreas Zeiher geht es um die Myokarditis. Der Kardiologe spricht über Zusammenhänge mit SARS-CoV-2-Infektionen und COVID-19-Impfungen und darüber, welche Faktoren über die Prognose entscheiden.

Aktuelles und Neues aus der Kardiologie

Welcher Faktor determiniert das Herzrisiko unter einer Statintherapie?

Bei Patienten, die bereits Statine zur Lipidsenkung erhalten, sind im CRP-Wert sich widerspiegelnde Entzündungsprozesse ein stärkerer Prädiktor für künftige kardiovaskuläre Ereignisse als das LDL-Cholesterin, zeigt eine umfangreiche Metaanalyse.

Süßstoff Erythrit könnte Herzinfarkt- und Schlaganfall-Risiko erhöhen

Mit Süßstoff gesüßte Lebensmittel, sog. Light-Produkte, werden oftmals als gesundheitsfördernd propagiert. Doch offenbar scheinen sie genau das Gegenteil zu bewirken, wie aktuelle Untersuchungen nahelegen.

Hypertrophe Kardiomyopathie kein Argument gegen Sport

Wer an einer hypertrophen Kardiomyopathie leidet und regelmäßig Sport mit Belastungen über 6 MET betreibt, riskiert damit keine arrhythmischen Komplikationen, so das Ergebnis einer großen prospektiven Studie. Eine Voraussetzung muss jedoch erfüllt sein.

Aus der Kardiothek

Hätten Sie es erkannt?

Linker Hauptstamm in der CT-Angiographie eines 80-jährigen Patienten vor TAVI. Was fällt auf?

Rhythmus-Battle: Vom EKG zur Therapie 2

Nicht immer sind EGK-Befunde eindeutig zu interpretieren, und nicht immer gibt es eine klare Therapieentscheidung. In diesem zweiten Rhythmus-Battle debattieren Prof. Lars Eckardt, Prof. Christian Meyer und PD Dr. Stefan Perings über ungewöhnliche EKG-Fälle aus der Praxis. Wie würden Sie entscheiden?

Kardiovaskuläre und ANS-Manifestationen von Covid-19 und Long-Covid

In der Akutphase und auch im weiteren Verlauf kann eine SARS-CoV-2-Infektion eine Herzbeteiligung verursachen. Prof. Thomas Klingenheben gibt einen Update über den aktuellen Wissenstand solcher Manifestationen, und erläutert, was hinter dem Syndrom „Long-COVID“ steckt.

Kardio-Quiz März 2023/© Stephan Achenbach, Medizinische Klinik 2, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Podcast-Logo/© Springer Medizin Verlag GmbH (M)
Rhythmus-Battle 2023/© Portraits: privat
kardiologie @ home/© BNK | Kardiologie.org