TAVI bei Aortenstenose: Bald auch präferierte Option bei niedrigem Operationsrisiko?
Der Aortenklappenersatz durch Transkatheter-Aortenklappen-Implantation (TAVI) ist inzwischen eine etablierte Therapieoption bei Patienten mit hohem und mittlerem Operationsrisiko. Dass das relativ schonende Verfahren diesen Stellenwert auch bei niedrigem Operationsrisiko erlangt, scheint nur noch eine Frage der Zeit zu sein.
„Für die langfristige Zukunft bin ich überzeugt, dass die Transkatheter-Aortenklappen-Implantation (TAVI) für alle Patienten mit Aortenstenose die Behandlungsmethode der ersten Wahl wird“, prognostizierte Prof. Christian Hamm, Bad Nauheim/Gießen, auf einer Pressekonferenz anlässlich der Herztage der DGK in Berlin. Der chirurgische Aortenklappenersatz dürfte dann nur noch besonderen Fällen vorbehalten sein.
Schon seit einigen Jahren werden in Deutschland bei Patienten mit schwerer Aortenstenose mehr neue Aortenklappen per TAVI-Prozedur als auf operativem Weg implantiert. Basierend auf Ergebnissen großer randomisierter Studien zum Vergleich von TAVI mit einem herzchirurgischen Vorgehen sei die TAVI derzeit bei Hochrisikopatienten und bei Patienten mit mittlerem Operationsrisiko die Therapiemethode der Wahl, berichtete Hamm.
Zwei neue Studien nähren Hoffnung
Zwei beim ESC-Kongress 2018 in München präsentierte Studie - eine Analyse von Daten des deutschen GARY-Registers und die US-amerikanische LRT-Studie – stimmen Hamm positiv, dass der Kreis der Patienten, bei denen die kathetergestützte Methode anstelle einer offenen Herzoperation infrage kommt, noch größer werden könnte.
Im deutschen GARY-Register sind inzwischen mehr als 150.000 wegen Aortenstenose interventionell oder chirurgisch behandelte Patienten erfasst. Unter den insgesamt 45.567 zwischen 2014 bis 2015 in das Register aufgenommenen Patienten mit Aortenstenose waren 20.549, die angesichts eines STS-Scores ≤4% ein niedriges Operationsrisiko hatten. Von diesen Patienten waren 14.487 einen Klappenoperation und 6.062 einer mehrheitlich transvaskulär durchgeführten TAVI unterzogen worden.
Die Ergebnisse waren in der für Unterschiede bezüglich Alter und Begleiterkrankungen adjustierten Analyse – gemessen an der Überlebensrate – in der Zeit des Klinikaufenthaltes sowie nach 30 Tagen in der TAVI-Gruppe signifikant besser als in der Gruppe mit Klappenoperation. Nach einem Jahr erwies sich die TAVI bezüglich des Überlebens als „nicht unterlegen“.
Kein Todesfall, kein Schlaganfall
In der in den USA durchgeführten LRT-Studie (Low Risk TAVR) wurden 200 ausgewählte Patienten mit schwerer Aortenstenose und niedrigem Operationsrisiko einer transfemoral durchgeführten TAVI unterzogen. Als Vergleichsgruppe diente ein historisches Kollektivs von „Low-Risk“-Patienten mit isoliertem chirurgischem Aortenklappenersatz aus der amerikanischen STS-Datenbank.
Primärer Endpunkt war die Sterblichkeit nach 30 Tagen. Bis zu diesem Zeitpunkt war in der TAVI-Gruppe kein einziger Todesfall zu verzeichnen. In der chirurgisch behandelten Vergleichsgruppe lag die Mortalitätsrate bei 1,7 Prozent – im Vergleich zur TAVI-Gruppe ein nicht signifikanter Unterschied. Zudem war kein einziger Patienten mit TAVI von einem Schlaganfall betroffen.
Definitive Klärung steht noch aus
Die Dauer der Klinikaufenthalte war bei den TAVI-Patienten signifikant kürzer und die Rate an postoperativem bzw. postprozeduralem Vorhofflimmern signifikant niedriger als in der Kontrollgruppe. Ein permanenter Schrittmacher musste in in beiden Gruppen relativ selten implantiert werden. In der TAVI-Gruppe war die entsprechende Implantationsrate mit 5,0 Prozent so niedrig wie in keiner vorangegangenen größeren TAVI-Studie.
LRT-Studie und GARY-Analyse können aufgrund ihrer methodischen Limitierungen noch keine definitive Klärung des Stellenwerts der TAVI bei ‚Low-Risk‘-Patienten liefern. Dies werden erst laufende randomisierte Studien leisten können.
Literatur
Prof- Hamm: TAVI bei Aortenklappen-Stenose: Bald auch eine schonende Option bei niedrigem Operationsrisiko? Pressekonferenz bei den DGK-Herztagen, 11. – 13. Oktober 2018