Telemedizin bei Herzinsuffizienz wird Regelversorgung
Die telemedizinische Versorgung von Patientinnen und Patienten mit Herzinsuffizienz schafft den Sprung von Pilotprojekten zur Regelversorgung. Zum 01.01.2022, so hofft man, wird sie an den Start gehen.
„Die Corona-Pandemie und die dadurch vorangetriebene Digitalisierung haben die Versorgung von Herzpatienten in der kardiologischen Praxis deutlich verändert und erweitert“, berichtete der in Kirchheim/Teck niedergelassener Kardiologe und Tagungspräsident Kardiologie aktuell Dr. Norbert Smetak bei einer Pressekonferenz der DGK Herztage 2021.
Prognostischer Nutzen nachgewiesen
Ein aktuelles Beispiel ist die telemedizinische Betreuung von Patientinnen und Patienten mit Herzinsuffizienz. Zwei große Interventionsstudien, TIM-HF2 und IN-TIME, von Prof. Friedrich Koehler (Charité Berlin) und Prof. Gerhard Hindricks (Herzzentrum Leipzig) hatten gezeigt, dass ein telemedizinisches Monitoring dieser Patienten die Risiken für Progredienz und Tod verringern kann. Dem hat nun der Gemeinsame Bundesausschuss mit dem Beschluss Rechnung getragen, die regelhafte telemedizinische Betreuung dieser Patienten zu ermöglichen, so Smetak. Bisher hatte sich diese auf Pilotprojekte und Studien beschränkt.
„Von der Umsetzung in die Versorgung erhoffen wir uns eine verbesserte Betreuung“, so Smetak. Konkret wird die Patientenbetreuung auf zwei Ebenen stattfinden – in einem telemedizinischen Zentrum unter kardiologischer Leitung sowie beim primär behandelnden Arzt. Mithilfe implantierbarer Devices oder externer Geräte wie Waagen, Blutdruckmessgeräten und EKGs wird dabei der Gesundheitszustand des Patienten engmaschig überwacht, um Anzeichen für eine Dekompensation frühzeitig zu erkennen und rasch gegensteuern zu können.
Kommunikation zwischen den Versorgungsebenen entscheidend
Wichtig sei die klar organisierte Kommunikation zwischen den beiden Ebenen, so Smetak: Es müsse sichergestellt sein, dass telemedizinisch erfasste „Warnsignale“ eine adäquate Reaktion innerhalb von 24 Stunden zur Folge hätten. Dem Patienten müsse aber auch verdeutlicht werden, dass die telemedizinische Überwachung nicht die Notfallmedizin ersetze. Bei Beschwerden muss sich der Patient weiterhin in einer Notambulanz vorstellen.
Die Telemedizin-Zentren können ambulant oder in der Klinik lokalisiert werden. Die Qualitätskriterien seien teilweise von GKV und KBV vorgegeben, die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK) wirkt dabei beratend mit.
Verhandlungsabschluss über Vergütung bald erwartet
Neben diesen Qualitätskriterien müsse auch noch die Vergütung zwischen KBV und GKV-Spitzenverband ausgehandelt werden. Smetak zeigt sich aber überzeugt, dass diese Verhandlungen bis zum 01.01.2022 erfolgreich abgeschlossen sein werden und es bald genügend solcher Zentren geben werde. Denn das Interesse an dieser Versorgungsform sei hoch und der prognostische Nutzen für den Patienten eindeutig.
Als weitere Beispiele für die Digitalisierung in der Patientenversorgung nannte Smetak die Krankenbehandlung per Telekonsil, die Möglichkeit der Früherkennung von Rhythmusstörungen durch Smartwatches sowie digitale Gesundheitsanwendungen (DIGAs). Bei letztgenannten werde es von kardiologischer Seite mit der CardioCoach-App eine sinnvolle Unterstützung der Patientenversorgung geben, die der Bundesverband Niedergelassener Kardiologen (BNK) entwickelt.
Literatur
Pressekonferenz: Highlights des Kongresses aus allgemeiner Kardiologie, interventioneller Kardiologie und Rhythmologie, 30. September bis 2. Oktober 2021, Bonn
Koehler F et al. Efficacy of telemedical interventional management in patients with heart failure (TIM-HF2): a randomised, controlled, parallel-group, unmasked trial. Lancet 2018, 392 (10152):1047-57
Hindricks G et al. Implant-based multiparameter telemonitoring of patients with heart failure (IN-TIME): a randomized controlled trial. Lancet 2014, 384 (9943):583-90