Screening von Sportlern: Wann eine Echokardiografie Sinn macht
Von den Leitlinien wird eine Echokardiografie als Screeningmethode bei Athleten bisher nicht empfohlen. Bei den DGK-Herztagen erläuterte ein Experte, warum ein zusätzlicher Einsatz dieser Methode Sinn machen kann – und wie sie sich sinnvoll implementieren lässt.
Bisheriger Standard bei kardialen Screeninguntersuchungen von Sportlern ist die Anamnese, inkl. der Familienanamnese, eine körperliche Untersuchung und ein Ruhe-EKG, wie Prof. Johannes Scherr bei den DGK-Herztagen berichtete. Momentan sei die Echokardiografie in den Leitlinien nicht aufgeführt, so der Sportmediziner von der Universitätsklinik Balgrist in Zürich.
Trotzdem ist Scherr überzeugt davon, dass die Bildgebungsmethode in dieser Indikation einen Zusatznutzen bieten kann. Er plädierte beim Kongress für einen rationalen Einsatz der Methode: „Ich möchte einen Ansatz diskutieren, über den sich vielleicht ein Mittelweg finden lässt, um die Echokardiografie sinnvoll zu nutzen“, erörterte er die Intention seines Vortrages.
Um den Mehrwert eines Echos in dieser Indikation zu begründen, erinnerte der Sportmediziner zunächst an die Ziele eines sportkardiologischen Screenings: Zum einen möchte man dadurch Erkrankungen erkennen, die mit einem erhöhten Risiko für einen Sport-assoziierten plötzlichen Herztod einhergehen. Zum anderen geht es darum, Erkrankungen zu identifizieren, bei denen hochintensiver Sport eine Verschlechterung herbeiführen könnte, z.B. im Falle einer Aortendilatation, einer Aortendissektion oder einer katecholaminergen ventrikulären Tachykardie.
Mehr Erkrankungen durch Echo erkennbar
Mithilfe eines herkömmlichen Screenings, inkl. eines Ruhe-EKGs, lassen sich theoretisch schon einige dieser Erkrankungen erkennen, z.B. Ionenkanalerkrankungen und auch eine hypertrophe Kardiomyopathie. Durch ein zusätzliches Echo kämen aber deutlich mehr Entitäten dazu, machte Scherr deutlich. Bei jüngeren Sportlern beispielsweise lassen sich Koronararterienanomalien, die Studien zufolge in der Altersgruppe der unter 35-Jährigen für 17% aller plötzlichen Herztode verantwortlich gemacht werden, durch ein herkömmliches Screening nicht nachweisen, aber durch ein Echo. Dasselbe gilt für eine dilatative Kardiomyopathie, Aortenruptur, Aortenstenose, Mitralklappenprolaps usw. Die Diagnosestellung einer koronaren Herzerkrankung, die bei den über 35-Jährigen die häufigste Ursache für einen plötzlichen Herztod darstellt, ist ebenfalls erst durch eine zusätzliche Echokardiografie möglich.
Scherr glaubt, dass die Genauigkeit solcher Screeningmethoden durch ein zusätzliches Echo „wahrscheinlich nochmal gesteigert werden kann.“ Er begründet dies mit den Erfahrungen, die mit dem Ruhe-EKG gemacht wurden. So zeigen Studien, dass durch die Hinzunahme eines Ruhe-EKGs die Gütekriterien eines Screenings bestehend aus Anamnese und körperlicher Untersuchung deutlich verbessert werden konnten: Die Sensitivität erhöhte sich z.B. von 18,8% auf 87,5%, die Spezifität von 75,1% auf 97,5%. Entsprechende Daten für das Echo konnte Scherr allerdings nicht vorlegen. Das müsse noch evaluiert werden, stellte er klar.
Vorschlag für Einsatz des Echos
Der Sportmediziner machte bei den DGK-Herztagen einen Vorschlag, wie sich die Echokardiografie mit einem moderaten Kostenaufwand in sportkardiologische Reihenuntersuchungen integrieren lässt, in Abhängigkeit des Alters folgendermaßen:
- Bei unter 12-Jährigen sollte individualisiert vorgegangen werden, weil es auch in dieser Altersgruppe bereits Kinder gibt, die mehrere Stunden pro Woche trainieren.
- Während der Adoleszenz (12 bis 18 Jahre) empfiehlt Scherr ein jährliches Screening mit Anamnese, körperlicher Untersuchung und Ruhe-EKG und ein einmaliges Echo, um u.a. angeborene Herzerkrankungen wie einen abnormalen Koronararterienabgang oder eine bikuspide Aortenklappe frühzeitig zu erkennen.
- Im Erwachsenenalter bei 18 bis 35-Jährigen ist ebenfalls ein jährliches Screening mit den genannten Methoden empfehlenswert. Ein Echo als Screeningmethode ist einmalig ratsam, sofern in der Adoleszenz noch keines erfolgt ist.
- Bei Master-Athleten ab dem 35. Lebensjahr rät Scherr zu einer zweiten Echo-Untersuchung, weil man wisse, dass es in dieser Zeit zu kardialen Veränderungen wie der Entwicklung einer KHK kommen könne. Zusätzlich zu den Standarduntersuchungen ist zudem ein kardiovaskuläre Risikoassessment z.B. mit dem ESC Score ratsam und ggf. auch ein Belastungs-EKG und eine Koronar-CT.
Scherr könnte sich zudem vorstellen, dass die Einführung einer sog. fokussierten Echokardiografie in der Sportmedizin nützlich sein könnte. So ähnlich, wie man es vom Fast-Ultraschall kenne, so der Sportmediziner.
Echo-Befunde richtig interpretieren
Wenn eine Echokardiografie bei Sportler zum Einsatz kommt, gibt es aber eine besondere Herausforderung: Der Untersucher muss zwischen physiologischen sportassoziierten Anpassungen und pathologischen Veränderungen unterscheiden können. Ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal ist Scherr zufolge, dass im Falle eines sportbedingten Remodelings alle vier Herzhöhlen und Wände kongruent verändert sind. Wenn nur eine Wand betroffen sei, handele es sich um keine sportassoziierte Veränderung, so der Sportmediziner. Scherr machte aber auch deutlich, dass es zwischen pathologisch und physiologisch gewisse Schnittmengen gebe, d.h. grenzwertige Befunde, die trotzdem „normal“ seien können. So kann eine linksventrikuläre Hypertrophie von 13 bis 16 mm bei einem Leistungssportler noch physiologisch sein. Findet sich zusätzlich eine Ausflussobstruktion, ist dies Scherr zufolge „ganz klar pathologisch“, weil es dadurch keine kongruente Hypertrophie darstelle.
Literatur
Scherr J: Plötzlicher Herztod bei Athleten: Risiko-Stratifizierung mittels Echokardiographie, DGK Herztage, 30. September bis 2. Oktober 2021, Bonn