Ist Rhythmuskontrolle bei asymptomatischem Vorhofflimmern von Vorteil?
Infolge besserer Screeningmethoden wie Smartphone-Apps wächst die Zahl der Menschen mit detektiertem asymptomatischem Vorhofflimmern. Bezüglich der rhythmuskontrollierenden Therapie bei dieser Gruppe sollte ein Umdenken stattfinden, forderte ein Experte bei den DGK-Herztagen 2022.
In den aktuellen ESC-Leitlinien wird eine rhythmuskontrollierende, also auf Erhalt von Sinusrhythmus ausgerichtete Therapie, als Option primär für Patientinnen und Patienten mit symptomatischem Vorhofflimmern empfohlen. In der für Kardiologen immer wichtiger werdenden Frage, ob diese Option auch bei asymptomatischem Vorhofflimmern in Betracht zu ziehen ist, beziehen die Leitlinien bislang keine Stellung.
Nach Ansicht von Prof. Andreas Metzner vom Universitären Herz- und Gefäßzentrum Hamburg spricht aber inzwischen einiges dafür, dass die Strategie der Rhythmuskontrolle auch bei asymptomatischem Vorhofflimmern klinisch von Vorteil ist.
Risikoerhöhung unabhängig von der Symptomatik
Metzner erinnerte auf einer Pressekonferenz bei den DGK-Herztagen 2022 in Bonn zunächst daran, dass Vorhofflimmern mit einem erhöhten Risiko für Tod, Schlaganfall, Demenz und Herzinsuffizienz einhergeht – unabhängig davon, ob diese atriale Arrhythmie symptomatisch oder symptomlos ist.
Als Beleg präsentierte der Kardiologen Daten des GARFIELD-AF-Register mit rund 52.000 darin erfassten Patientinnen und Patienten. In rund einem Viertel der Fälle war bei ihnen ein asymptomatisches Vorhofflimmern diagnostiziert wurden. Das Risiko für ein schwerwiegendes Ereignis wie Tod oder Schlaganfall war in den beiden Subgruppen mit symptomatischem und asymptomatischem Vorhofflimmern nicht unterschiedlich.
Ist asymptomatisches Vorhofflimmern wirklich komplett symptomlos?
Im Übrigen sei das, was für asymptomatisch gehalten wird, häufig nicht wirklich symptomlos, so Metzner. Für asymptomatisch gehaltene Patienten mit Vorhofflimmern hätten häufig ein „angepasstes Belastungsprofil“ – sprich: Sie belasten sich einfach weniger und vermeiden so, dass es zu Symptomen kommt. Zudem würden psychische Beschwerden wie Angst oder Depression häufig nicht als einem Vorhofflimmern zuzuschreibende Symptome wahrgenommen. In Studien habe sich jedenfalls gezeigt, dass es bei vielen vermeintlich asymptomatischen Patienten mit Vorhofflimmern nach Wiederherstellung von Sinusrhythmus zu einer Verbesserung ihrer Befindlichkeit gekommen sei.
Erste Hinweise auch auf prognostischen Nutzen
Inzwischen lägen auch erste Studienergebnisse bezüglich einer möglichen Prognoseverbesserung durch Rhythmuskontrolle bei asymptomatischem Vorhofflimmern vor. Metzner verwies in diesem Zusammenhang auf Ergebnisse der EAST-AFNET-4-Studie. Sie hat bekanntlich gezeigt, dass eine nach der Diagnose von Vorhofflimmern rasch eingeleitete rhythmuserhaltende Therapie im Vergleich zur üblichen, primär auf Frequenzkontrolle abzielenden Therapie das Risiko für klinische Ereignisse wie kardiovaskuläre Todesfälle, Schlaganfälle und Klinikeinweisungen signifikant reduziert.
In einer Substudie sind die EAST-AFNET-4-Autoren auch der Frage nachgegangen, welche Wirkung die frühe rhythmuserhaltende Therapie speziell bei den Teilnehmern mit asymptomatischem Vorhofflimmern (EHRA-Score I) hatte. Im Ergebnis zeigte sich, dass auch diese Subgruppe in gleichem Maß wie die Gesamtpopulation von einer Reduktion klinischer Ereignisse profitiert hatte (siehe Bericht hier). Als ein entscheidender „Mediator“ dieses Therapieeffekt erwies sich das Vorliegen von Sinusrhythmus nach einem Jahr.
Katheterablation effektiver als Medikamente
Im Hinblick auf das Ziel, den Sinusrhythmus dauerhaft zu erhalten, sei heute die Katheterablation im Vergleich zur medikamentösen Therapie mit Antiarrhythmika das effektivere Verfahren, so Metzner. Eine Katheterablation verzögere im Vergleich zur medikamentösen Therapie nach Ergebnissen der ATTEST-Studie zudem den Übergang von einem paroxysmalen in ein persistierendes Vorhofflimmern. Da persistierendes Vorhofflimmern mit einer höheren Mortalität assoziiert sei, könnten sich dieser Effekt als prognostisch günstig erweisen.
Noch ist allerdings nicht klar, ob Therapien wie die orale Antikoagulation auch bei „subklinischem“ Vorhofflimmern ähnlich gut vor Schlaganfällen schützen wie bei symptomatischem Vorhofflimmern. Die Ergebnisse der dazu bislang vorliegenden klinischen Studien seien uneinheitlich, räumte Metzner ein. Zum Nachweis eines prognostischen Nutzens seien deshalb weitere Studien erforderlich.
Literatur
Metzner A.: Rhythmuskontrolle bei asymptomatischem Vorhofflimmer? Pressekonferenz bei den DGK-Herztagen 2022, 29. September – 1. Oktober 2022, Bonn