Myokarditis durch Checkpoint-Inhibition wird oft nicht erkannt
Die Immuntherapien in der Onkologie sollten auch Kardiologinnen und Kardiologen interessieren. Bei Behandlung mit Checkpoint-Inhibitoren gilt es, das Herz im Blick zu behalten.
Die Behandlung mit Immun-Checkpoint-Inhibitoren (ICI) in der Onkologie aktiviert körpereigene T-Zellen, was in einigen Fällen eine sehr starke Anti-Tumor-Aktivität entfaltet. Gleichzeitig können dadurch aber auch in anderen Organen immunologische Reaktionen getriggert oder verstärkt werden. Am Herzen bedeutet das, dass ein Teil der ICI-behandelten Patientinnen und Patienten eine Autoimmunmyokarditis entwickelt.
Echo ist am Anfang oft unauffällig
Die sei prinzipiell nicht besonders häufig, sie werde aber, wenn sie auftrete, gern übersehen, betonte PD. Dr. Lorenz Lehmann, Sektion Kardioonkologie Innere Medizin III am Universitätsklinikum Heidelberg bei der DGK-Jahrestagung. Das liege vor allem daran, dass die Betroffenen in der Echokardiografie oft wenig auffällig sind, jedenfalls in der Anfangsphase der ICI-assoziierten Myokarditis. Die klinischen Probleme träten typischerweise in den ersten drei Behandlungsmonaten auf, so Lehmann. Funktionelle Einschränkungen in der Bildgebung würden oft erst später sichtbar.
Typisch für die ICI-assoziierte Myokarditis seien eher mäßig ausgeprägte kardiale Symptome, vor allem Dyspnoe, seltener auch Angina pectoris. Das Troponin steige, und im EKG komme es zu unspezifischen T-Negativierungen oder einer Tachykardie, seltener auch zu Blockbildern und zu höhergradigen Rhythmusstörungen. „Das Hauptproblem ist, dass die Rate schwerer unerwünschter kardiovaskulärer Ereignisse sehr hoch ist, sie liegt bei circa 50 Prozent“, so Lehmann.
Inzidenz womöglich unterschätzt
Es handelt sich also um eine schwerwiegende Komplikation. In einer aktuellen dänischen Registerstudie trat sie bei 1,8% aller Patientinnen und Patienten auf, die bei Lungenkarzinom eine PD1-Hemmer-Behandlung erhalten hatten. (D’Souza M et al. Eur Heart J 2020; DOI: 10.1093/eurheartj/ehaa884) Auch dabei könnte es sich Lehmann zufolge um eine Unterschätzung handeln. Denn immerhin wurden bei rund jedem zehnten Studienteilnehmer kardiale Arrythmien beschrieben, hinter denen sich möglicherweise unerkannte Myokarditiden verbargen.
Am Universitätsklinikum Heidelberg gab es im Jahr 2020 knapp zwanzig Fälle von ICI-assoziierter Myokarditis. Zumindest an Zentren ist die Erkrankung also nicht ganz selten. In einem Positionspapier der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie zur Onkologischen Kardiologie aus dem Jahr 2020 wird empfohlen, zumindest anzustreben, dass bei Krebspatienten, die einen ICI bekommen sollen, zu Beginn ein Troponin gemessen und eine Echokardiografie angefertigt wird. Troponin-Messungen werden dann im Idealfall nach 2, 4 und 12 Wochen wiederholt. Bei klinischen oder serologischen Auffälligkeiten sollte die Behandlung gestoppt und die Myokarditis diagnostisch verifiziert werden. Behandelt wird dann immunsuppressiv.
Literatur
Lehmann L: „Myokarditis unter Immun-Checkpoint Inhibitoren: Echte Gefahr oder Kolibri?“; Session: „Was Kardiologinnen/Kardiologen über Onkologie wissen sollten“; 87. DGK-Jahrestagung 2021, 07.04.2021