Vorhofflimmern-Detektion per Smartphone? Ja, aber.
Dass sich die Photoplethysmographie per Smartphone für ein Vorhofflimmern-Screening nutzen lässt, ist unstrittig. Besonders gute Studien gibt es bisher aber nicht.
Die Photoplethysmographie (PPG) ist ein Verfahren, bei dem Leuchtdioden genutzt werden, um pulsatile Veränderungen der Haut sichtbar zu machen. Auf diese Weise lässt sich der Herzrhythmus aufzeichnen. Im medizinischen Vitalwertemonitoring wird das seit Langem genutzt, es funktioniert aber auch mit Smartphones. Dabei zeichnet die integrierte Kamera die pulsatilen Veränderungen unter gleichzeitiger Durchleuchtung eines Fingers mit der „Smartphone-Taschenlampe“ auf.
Viele Studien haben in den letzten Jahren gezeigt, dass sich damit insbesondere die absolute Arrhythmie bei Vorhofflimmern gut erkennen lässt, wenn entsprechende Anwendungen mit einem auf absolute Arrhythmie trainierten Algorithmus hinterlegt werden. Es gibt dafür eine ganze Reihe von Apps in den App Stores der Smartphone-Hersteller, die bekannteste in Deutschland ist wahrscheinlich Preventicus.
Eine interessante Frage im Zusammenhang mit diesen Apps ist, inwieweit sie sich als Teil eines Screeningprogramms für Vorhofflimmern eignen. Bürgerinnen und Bürger könnten zum Beispiel in gewissen Abständen zuhause selbständig eine PPG-Messung vornehmen. Dazu bräuchte es möglichst gute Daten, anhand derer abgeschätzt werden kann, wie sensitiv und wie spezifisch die Erkennung von Vorhofflimmern mittels Smartphone-PPG tatsächlich ist.
28 Studien mit rund 11.400 Teilnehmern
Hier setzt ein aktueller systematischer Review mit Metaanalyse an, den Herz-Kreislauf-Forscher der Universität Birmingham jetzt in der Zeitschrift Heart publiziert haben. Sie haben die üblichen Datenbanken durchkämmt und fanden insgesamt 28 Studien mit rund 11.400 Teilnehmern, die Smartphone-PPG und EKG verglichen haben und die den Anforderungen des Reviews genügten. Von diesen 28 Studien lagen allerdings 18 nur als Abstract vor.
Studienqualität insgesamt gering
Auch sonst zeigen sich die Autoren von der Qualität der Evidenz wenig beeindruckt. Die Studienqualität sei insgesamt gering. Es bestehe ein hohes Risiko von Bias zum einen hinsichtlich Patientenselektion, zum anderen im Hinblick auf die Publikation, was die Tatsache widerspiegelt, dass die Studien weit überwiegend herstellerinitiiert waren. Insbesondere gebe es auch zahlreiche monozentrische Studien, die teils unrealistisch hohe Werte für Sensitivität und Spezifität ermittelt hätten.
Für die Metaanalyse wurden am Ende 20 der 28 Studien berücksichtigt, mit insgesamt 5.561 Patienten, davon 1.674 mit Vorhofflimmern. Die gepoolte Sensitivität betrug unter den genannten Einschränkungen 94%, die gepoolte Spezifität 97%.
Solide Zahlen für Planung notwendig
Die Autoren wünschen sich in jedem Fall bessere Studien, nicht weil sie an der Tauglichkeit der PPG für das Vorhofflimmern-Screening zweifeln, sondern um Screeningprogramme mit solideren Zahlen planen zu können. Nicht berücksichtigt wurden für den Review der Wissenschaftler aus Birmingham die großen Smartwatch- und Fitnessarmband-basierte Vorhofflimmer-Screening-Studien Apple Heart Study und Huawei Heart Study.
Literatur
Gill S et al. Smartphone detection of atrial fibrillation using photoplethysmography: a systematic review and meta-analysis. Heart 2022; doi: 10.1136/heartjnl-2021-320417