Vorhofflimmern könnte durch Gentherapie heilbar sein
Künftig könnte Vorhofflimmern durch eine spezielle Gentherapie heilbar sein. Erste Erfolge am Tiermodell sind vielversprechend. Forscher hoffen, damit eine schmerzfreie und dauerhafte Therapiemöglichkeit gefunden zu haben.
Vielleicht müssen Patienten mit Vorhofflimmern irgendwann keine Medikamente mehr nehmen oder sich einer Katheterablation unterziehen, um von ihren Beschwerden befreit zu werden. Vielleicht ist es dann möglich, das Herz selbst dazu zu befähigen, die Kontrolle über den Rhythmus wieder zu gewinnen, quasi eine Art biologische Selbstheilung.
Zellen durch Licht kontrollieren
Wie das funktionieren könnte, haben Forscher um Dr. Emile Nyns nun am Tiermodell zeigen können. Die Ergebnisse dieser proof-of-concept-Studie wurden auf dem Kongress der Europäischen Herzrhythmus-Gesellschaft (EHRA) vorgestellt.
Basis ihrer Forschung ist das Prinzip der Optogenetik. Dabei handelt es sich um eine relativ neue Technik, die sich zu Nutze macht, dass die Aktivität spezieller Proteine durch Licht beeinflusst und dadurch das Verhalten von Zellen verändert werden kann.
Im Falle von Vorhofflimmern versucht man durch sog. lichtgesteuerte Ionenkanäle, die Erregbarkeit von Kardiomyozyten im Vorhof zu regulieren. Durch Lichteinfluss verändert sich die Aktivität der Kanäle so, dass es zu einer Depolarisation kommt, wodurch das Vorhofflimmern terminiert wird.
Fast alle Ratten wurden geheilt
In der aktuellen Studie wurde die DNA für diese lichtsensitiven Ionenkanäle über spezielle Genvektoren in die Vorhöfe von acht Ratten eingebracht. Sechs Wochen später – als sichergestellt war, dass die Zellen die Ionenkanäle wirklich exprimieren – hat man bei den Tieren künstlich über einen kleinen Thoraxschnitt Vorhofflimmern induziert. Ein kurzer Lichtimpuls hat ausgereicht, die Rhythmusstörung in 94% der Fälle wieder zu terminieren. Nebenwirkungen gab es keine.
Anwendung beim Menschen
Nyns und Kollegen könnten sich vorstellen, dass eine solche optogenetische Therapie auch beim Menschen funktionieren könnte, indem man beispielsweise an Vorhofflimmern erkrankten Patienten ein spezielles Device mit einer LED-Diode implantiert. Der Herzrhythmus ließe sich dadurch dauerhaft, ambulant und ohne Schmerzen wieder herstellen, erläutern sie in einer ESC-Pressemitteilung. Das sei mit den bisher verfügbaren Therapien so nicht möglich.
Der Weg bis zur Anwendung solcher experimenteller Therapieversuche beim Menschen ist allerdings steinig. Viele Ansätze verlaufen im Sande. Nyns und Kollegen glauben aber, dass die Zeit gekommen ist, die Entwicklung der nächsten Generation einer Vorhofflimmern-Therapie in Angriff zu nehmen, eine Behandlung, die ohne Pillen oder Elektrizität auskommt und nur auf der Biologie selbst basiert.
Literatur
Abstract: “Autogenous termination of atrial fibrillation in vivo through local gene delivery’, präsentiert von E. Nyns bei der Jahrestagung der European Heart Rhythm Association (EHRA), 19. März 2018 in Barcelona
Pressemitteilung der ESC vom 17.03.2018, “Study finds the heart can terminate atrial fibrillation itself after local gene therapy”