Plötzlicher Herztod: MRT verbessert Risikoprädiktion
Das Herztod-Risiko von Postinfarktpatienten wird derzeit fast ausschließlich durch die Höhe der EF abgeschätzt. Doch die so getroffenen Vorhersagen sind oft ungenau. Ein Großprojekt hat sich deshalb zur Aufgabe gemacht, einen individualisierten Risikokalkulator zu entwickeln. Erste Ergebnisse mit Berücksichtigung von MRT-Befunden stimmen zuversichtlich.
Bestimmte Befunde im Kardio-MRT können offenbar die Risikoprädiktion für einen plötzlichen Herztod bei Postinfarktpatienten verbessern. Darauf deuten erste, im Rahmen des EHRA-Kongresses präsentierte Daten des internationalen Großprojektes PROFID hin.
„Die ersten Ergebnisse deuteten darauf hin, dass sich die Vorhersagekraft eines plötzlichen Herztodes durch Einbeziehung der Kernnarbenzone und der ‚Grey Zone‘ verbessern lässt“, fasste Studienleiter PD. Dr. Nikolaos Dagres vom Herzzentrum Leipzig die Hauptergebnisse zusammen.
Ejektionsfraktion allein zu unpräzise
Wie Dagres beim Kongress erläuterte, ist die Zielsetzung des PROFID-Projekts, die Risikoprädiktion für den plötzlichen Herztod auf einer individuellen Ebene zu optimieren. Der Bedarf hierfür ist enorm, weil die bisherigen Vorhersagemodelle fast ausschließlich auf der Höhe der Ejektionsfraktion (EF) basieren, und dieser Parameter für sich allein genommen zu unpräzise ist. So empfehlen die Leitlinien die Implantation eines Kardioverter-Defibrillators (ICD) bei Patienten nach einem Myokardinfarkt nur dann, wenn die EF ≤ 35% gefallen ist. In dieser Patientengruppe führe dieses Vorgehen allerdings zu einer Überbehandlung, weil die meisten dieser Patienten keinen plötzlichen Herztod erleiden werden, erläuterte Dagres das Problem. Bei Patienten mit einer EF von > 35% resultiere daraus wiederum eine Unterbehandlung, denn die Mehrheit aller Herztode passiere genau in dieser Population, so Dagres.
Internationales Großprojekt soll Wende einleiten
PROFID soll nun die Wende bringen in der Prävention des plötzlichen Herztodes. Das Projekt ist in zwei Stufen unterteilt. In der ersten Phase wurden mit den bisher bekannten Variablen aus einem Datensatz von über 224.000 Postinfarktpatienten mithilfe gängiger statistischer Methoden und auch mithilfe von Maschinenlernen Vorhersagemodelle erstellt. Wie Dagres berichtete, stellte sich dabei heraus, dass sich durch die Höhe der EF ein Herztod-Ereignis nur moderat vorhersagen lässt, das galt für Postinfarktpatienten ohne ICD sowie für jene mit ICD-Implantat. „Keine der anderen Baselinecharakteristika konnte die Vorhersagekraft steigern“, berichtete er.
MRT-Befunde verbessern bisherige Risikomodelle
In einem weiteren Schritt dieser ersten Phase sollte nun überprüft werden, ob sich die Performance der Modelle durch bestimmte MRT-Parameter verbessern lässt. Die ersten Ergebnisse dieser Auswertung präsentierte Dagres jetzt beim EHRA-Kongress in Kopenhagen. Berücksichtigt worden hierfür sind die Kardio-MRT-Befunde von 2.049 Postinfarktpatienten. Wichtig: Die Aufnahmen sind nicht in der Akutphase des Infarktes, sondern mehr als 40 Tage später gemacht worden. Von Interesse waren die Kernzone des Narbengewebes und die sog, „Grey Zone“, auch Periinfarktzone genannt. Wie Dagres erläuterte, handelt es sich bei letzterem um die im MRT zu sehende gräuliche Übergangszone zwischen dem hellen Infarktkern und dem dunklen gesunden Myokard. Man vermute, dass in dieser Zone die lebensbedrohlichen Arrhythmien entstehen, die zum plötzlichen Herztod führen, erläuterte der Leipziger Kardiologe die Bedeutung dieses Parameters. Problem ist allerdings, dass unterschiedliche Methoden und Grenzwerte für die Bestimmung der Zonen existierten, entsprechend hoch war die Heterogenität zwischen den beteiligten Zentren. Die verfügbaren MRT-Befunde wurden deshalb im Rahmen des PROFID-Projektes nochmals lokal und zentral reevaluiert, um einen einheitlicheren Datensatz zu generieren.
Nach Einbeziehung dieser Bildgebungsdaten in die bestehenden Modelle verbesserte sich die Vorhersagekraft des Algorithmus, das galt allerdings nur für Infarktpatienten ohne ICD (Area Under the Curve über 12 Monate stieg von 0,535 mit alleiniger LVEF auf 0,753 mit Hinzunahme der MRT-Parameter), und nicht für die Gruppe mit ICD.
„Algorithmus wird State of the Art werden”
In der anschließenden Diskussion lobte Prof. Jacob Tfelt-Hansen die Zielsetzung und Vorgehensweise des Projektes: Das Besondere sei, dass in den Modellen auch das konkurrierende Risiko für nicht-kardiale Todesfälle berücksichtigt werde, bemerkte der am Universitätsklinikum Kopenhagen tätige Kardiologe. „Der Risikokalkulator, der dabei herauskommen wird, wird wahrscheinlich ‚State of the Art‘ werden“, wagte Tfelt-Hansen einen Blick in die Zukunft.
Geplant ist nun im nächsten Schritt, wie Dagres ausführte, die bisherigen Modelle zu optimieren, um den bestmögliche Vorhersagealgorithmus mit optimalen Grenzwerten zu finden. Im zweiten Teil des PROFID-Projektes wird dann der daraus entwickelte Vorhersagealgorithmus auf seine Tauglichkeit geprüft. Dafür wird in Studien untersucht, ob er tatsächlich das Potenzial hat, die ICD-Indikationsstellung zu verbessern.
Mehr über das Projekt lesen Sie in diesem Beitrag.
Literatur
Dagres N: Cardiac magnetic resonance imaging for prediction of risk for sudden cardiac death after myocardial infarction, the updated PROFID clinical prediction model. Late Breaking Clinical Trials I - devices and prevention sudden cardiac death, EHRA-Kongress, 3. April in Kopenhagen