Vorhofflimmern: Inkompletter Vorhofohr-Verschluss birgt Risiken
Über die klinische Bedeutung kleiner Undichtigkeiten („Leaks“) nach perkutanem Verschluss des linken Vorhofohrs bei Vorhofflimmern bestand lange Zeit keine Einigkeit. Inzwischen reift aber die Erkenntnis, dass solche Leckagen das Risiko für thromboembolische Ereignisse erhöhen.
Der interventionelle Verschluss des linken Vorhofohrs (left atrial appendage, LAA) mithilfe perkutan implantierter Okkluder-Systeme ist als alternative Option zur Prävention von mit Vorhofflimmern assoziierten Thromboembolien – vor allem Schlaganfälle – entwickelt worden. Die 2020 aktualisierten europäischen Leitlinien empfehlen diese „mechanische“ Variante der Thromboembolieprophylaxe immer noch mit einer gewissen Zurückhaltung bei Patienten mit Kontraindikationen für eine Langzeitantikoagulation (Klasse-IIb-Empfehlung).
Kleine Undichtigkeiten sind keine Seltenheit
Idealerweise sollte nach Implantation eines LAA-Verschlusssystems das linksatriale Herzohr komplett verschlossen sein. Da die Morphologie dieses Herzohrs aber sehr variabel ist, was eine Anpassung des Okkluders an die anatomischen Gegebenheiten erschweren kann, gelingt das nicht immer. Häufig sind nach Implantation eines Okkluders an dessen Rändern kleine Undichtigkeiten („peri-device leaks“, PDL) mit residualem Rückfluss nachweisbar.
In den für die FDA-Zulassung des Watchman-Okkluders der ersten Generation in den USA relevanten Studien PROTECT-AF und PREVAIL war im Fall kleiner Undichtigkeiten (PDL ≤5 mm) von einem zufriedenstellenden Ergebnis des LAA-Verschlusses ausgegangen worden. Über die klinischen Auswirkungen solcher kleinen Peridevice-Leckagen etwa auf künftige thromboembolische Ereignisse war damals allerdings kaum etwas bekannt. Sind sie wirklich akzeptabel, wie angenommen wurde, oder vielleicht doch mit einem Risiko behaftet?
Aufschluss darüber gibt nun eine neue Analyse, für die der Datenpool der PROTECT-AF und PREVAIL-Studie und eines angeschlossenen Registers („CAP2“) genutzt worden ist. Er umfasst Daten von 1.054 Patientinnen und Patienten (mittleres Alter: 74 Jahre, 65% Männer) mit Vorhofflimmern und erhöhten Schlaganfallrisiko (mittlerer CHA2DS2-VASc-Score: 4,1), bei denen ein LAA-Verschluss mit dem Watchman-Device der ersten Generation vorgenommen worden war.
Rate an leichten Schlaganfällen im Fall von „Leaks“ nahezu verdoppelt
Die Studienteilnehmer waren 45 Tage sowie ein Jahr nach der Okkluder-Implantation zur Kontrolle einer transösophagealen Echokardiografie (TEE) unterzogen worden. Nach 45 Tagen waren bei 38,3% und nach einem Jahr bei 27,7% aller Untersuchten PDL ≤5 mm festgestellt worden.
Entsprechende Leckagen, die zum Zeitpunkt nach 45 Tagen bestanden, waren in einem Follow-up-Zeitraum von fünf Jahren mit keinem erhöhten Risiko für ischämische Schlaganfälle und systemische Embolien assoziiert. Dagegen ging eine nach 12 Monaten nachgewiesene Präsenz von PDL ≤5 mm mit einem signifikant erhöhten Risiko für entsprechende Ereignisse einher (9,5% vs. 5,1%; adjustierte Hazard Ratio: 1,94; 95%-Kl: 1,15–3,29; p = 0,014).
Ausschlaggebend für den Unterschied war eine deutliche relative Zunahme von leichten und nicht mit bleibenden Behinderungen verbundenen Schlaganfällen (6,4% versus 3,2%; HR: 1,97; 95% KI: 1,03-3,78; p = 0,04). Bezüglich schwerer oder tödlicher Schlaganfälle, kardiovaskulärer Todesfälle oder Todesfälle jeglicher Ursache war das 5-Jahres-Risiko von Patienten mit PDL ≤5 mm nach 12 Monaten dagegen im Vergleich zu Patienten ohne entsprechenden TEE-Befund nicht signifikant höher.
Undichtigkeiten veränderten sich im Zeitverlauf
Dass nur die nach 12 Monaten, nicht aber die nach 45 Tagen präsenten „Leaks“ mit einer schlechteren Prognose assoziiert waren, könnte nach Ansicht der Studienautoren um Dr. Vivek Y. Reddy vom Mount Sinai Medical Center, New York, zum Teil etwas mit deren zeitlichen Veränderungen zu tun haben. Die Studie zeige klar, dass solche kleinen Undichtigkeiten kein „statisches“ Phänomen seien. Viele seien in der Zeit zwischen dem 45. Tag und dem 12. Monat nach Implantation ganz verschwunden, bei anderen hätte zumindest der Schweregrad abgenommen. Auch sei zu bedenken, dass sich in den analysierten Watchman-Studien zumeist nach dem 45. Tag die antithrombotische Therapie geändert hat (Umstellung von oraler Antikoagulation auf Plättchenhemmung).
Kompletter LAA-Verschluss durch neue Okkluder-Generation besser gewährleistet
Als Limitierung ihrer Analyse werten die Studienautoren unter anderem die Tatsache, dass in den berücksichtigten Studien nur das Watchman-Device der ersten Generation verwendet wurde. Dieses sei inzwischen weitgehend durch ein technisch weiterentwickeltes System (Watchman FLX), mit dem komplette LAA-Verschlüsse in höherem Maß erreichbar seien, ersetzt worden.
Insgesamt sprechen die Ergebnisse nach Ansicht von Reddy und seinem Team für die Bedeutung einer optimalen Device-Positionierung während der initialen Implantation von Okkluder-Systemen zum Verschluss des linken Vorhofohrs bei Vorhofflimmern, um prognostisch relevante Undichtigkeiten zu vermeiden.
Literatur
Dukkupati SR. et al. Impact of Peridevice Leak on 5-YearOutcomes After Left AtrialAppendage Closure. Am Coll Cardiol 2022; 80:469–83.