Endovaskuläre Therapie: Früher Überlebensvorteil schwindet mit der Zeit
Bei abdominellen Aortenaneurysmen geht eine endovaskuläre Aneurysmaausschaltung (EVAR) mithilfe von Stentgraftsystemen mit einer deutlich niedrigeren perioperativen Mortalität einher als eine offene Operation. Dieser Überlebensvorteil schwindet mit der Zeit, wie Langzeitergebnisse einer großen Studie erneut belegen.
Für Patienten mit abdominellen Aortenaneurysmen (AAA) ist das perioperative Sterberisiko im Vergleich zur offenen Operation signifikant niedriger, wenn minimalinvasiv mittels Einführkatheter ein Stentgraftsystem in der Bauchaorta platziert wird. Eine jetzt im „New England Journal of Medicine“ veröffentlichte umfangreiche Untersuchung ergab Raten für die perioperative Mortalität von 1,6 Prozent (EVAR) und 5,2 Prozent (Operation). Auch war die Dauer des Klinikaufenthalts nach EVAR signifikant kürzer (3,5 versus 9,8 Tage).
Überlebensvorteil über drei Jahre
Der frühe Überlebensvorteil blieb rund drei Jahre lang bestehen. Danach glichen sich die Überlebensraten in beiden Gruppen an und blieben in der Folgezeit – die Beobachtungsdauer betrug maximal acht Jahre – annähernd gleich.
Diese Ergebnisse stehen im Einklang mit denen vorangegangener randomisierter Studien und Beobachtungsstudien. Besondere Merkmale der aktuellen Studie sind ihre Größe und die relativ lange Dauer der Nachbeobachtung.
Eine US-Forschergruppe um Dr. Marc Schermerhorn aus Boston hat dafür Daten von 128.598 älteren Patienten mit AAA aus dem US-Versicherungssystem Medicare herangezogen, bei denen in der Zeit zwischen 2001 und 2008 entweder ein elektiver EVAR-Eingriff (n = 79.932) oder eine offene Operation (49.135) vorgenommen worden war. Um vergleichbare Gruppen zu generieren, wurden mithilfe statistischer Verfahren (propensity score matching) in ihren Basischarakteristika weitgehend übereinstimmende „Paare“ gebildet. Auf diese Weise wurden 39 966 Patienten mit EVAR 39 966 Patienten mit offener Operation gegenübergestellt.
Die Gesamtrate aller registrierten Spätkomplikationen, die eine Re-Intervention erforderten, war in der Gruppe mit offener Operation etwas niedriger als in der EVAR-Gruppe (20,6 versus 25,1 Prozent). Dabei war Rate an Aneurysma-bedingten Spätkomplikationen nach EVAR höher als nach offener Opeeration(18,8 versus 3,7 Prozent), während umgekehrt die Rate Laparotomie-bezogener Komplikationen nach offener Operation höher war als nach EVAR (17,7 versus 8,2 Prozent).
Aneurysma-Rupturen nach EVAR häufiger
Aneurysma-Rupturen wurden nach endovaskulärer Stentgraft-Behandlung signifikant häufiger beobachtet als nach chirurgischer Behandlung (5,4 versus 1,4 Prozent).
Die Analyse zeitlicher Trends – verglichen wurden die Ergebnissen in den Perioden 2001 bis 2004 und 2005 bis 2008 – brachte Verbesserungen in beiden Gruppen zum Vorschein. So verringerte sich zwischen 2001 und 2008 die perioperative Mortalität um 0,8 Prozentpunkte in der EVAR-Gruppe und um 0,6 Prozentpunkte in der Gruppe mit offener Operation.
Literatur
Schermerhorn ML et al. Long-Term Outcomes of Abdominal Aortic Aneurysm in the Medicare Population. N Engl J Med. 2015;373(4):328-38