Nachrichten 28.08.2018

Bakterielle Endokarditis: Partiell orale Antibiose verkürzt Klinikaufenthalte

Die dänische Studie POET konnte die Nichtunterlegenheit eines frühen Wechsels von standardmäßig intravenöser zu oraler Antibiose zeigen. Bei Patienten mit bakterieller Endokarditis kann das die Dauer des Krankenhausaufenthaltes erheblich verkürzen.

Linksherz-Endokarditis ist eine schwerwiegende Komplikation, mit einer Krankenhaus-Sterblichkeit von 15 bis 30 %, sie erfordert häufig intensivmedizinische Maßnahmen oder eine Operation. Wenn die Patienten wieder stabilisiert sind, verbleiben sie normalerweise im Krankenhaus, um die von den Leitlinien empfohlene bis zu 6-wöchige intravenöse (i.v.) Antibiotikatherapie abzuschließen.

„Je länger aber ein Krankenhausaufenthalt dauert, desto höher ist das Risiko für weitere Komplikationen“, sagte der Studienleiter Prof. Henning Bundgaard, Kopenhagen, Dänemark, bei einer Pressekonferenz im Rahmen des Kongresses der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) 2018 in München. Bisher war nicht klar, ob ein Wechsel zur oralen Gabe, der eine frühere Entlassung aus der Klinik ermöglichen könnte, bei stabilen Endokarditis-Patienten genauso sicher und effektiv ist wie die standardmäßige i.v.-Antibiose erläuterte Bundgaard die Rationale der in einer „Hot Line“-Sitzung beim ESC-Kongress vorgestellten Studie.

Studie bei stabilen Endokarditis-Patienten

Für die POET-Studie (Partial Oral Treatment of Endocarditis) wurden zwischen 2011 und 2017 insgesamt 400 stabile Endokarditis-Patienten 17 Tage nach der Diagnosestellung randomisiert: Eine Hälfte der Teilnehmer bekam die übliche i.v.-Therapie (n = 199), bei der anderen Hälfte (n = 201) wurde zur oralen Therapie gewechselt.

Als stabil eingestuft und in die Studie eingeschlossen wurden Patienten, wenn sie kein Fieber mehr hatten, ihre CRP-Werte auf einen bestimmten Level gesunken waren, eine transösophageale Echokardiografie-Kontrolle ohne Hinweise auf Klappenanomalien oder Abszessbildung blieb, wenn sie zuvor mindestens 10 Tage i.v. Antibiotika erhalten hatten und eine vorangegangene Operation mindestens sieben Tage zurück lag.

Die Antibiose wurde in der i.v.-Gruppe dann im Krankenhaus im Mittel für weitere 19 Tage fortgesetzt, die Patienten in der Vergleichsgruppe mit oraler Medikation konnten dagegen nach durchschnittlich nur drei weiteren Tagen entlassen werden und die Einnahme zuhause fortsetzen. Sie wurden zwei- bis dreimal in der Woche ambulant überwacht, das Follow-up dauerte insgesamt bis zu sechs Monate.

Wichtig war, dass aus Sicherheitsgründen nur Infektionen oral behandelt wurden, gegen deren auslösende Bakterien (Streptokokken, Staphylococcus aureus, Enterococcus faecalis oder Coagulase-negative Staphylokokken) mindestens zwei passende Antibiotika zur Verfügung standen, um im (nicht eingetretenem Fall) einer möglichen Resistenzentwicklung gewappnet zu sein, erklärte Bundgaard.

Nichtunterlegenheit der alternativen Strategie

 Im Ergebnis zeigte die POET-Studie beim primären kombinierten Endpunkt (Tod jeglicher Ursache, ungeplante Herzoperation, klinisch relevante embolische Ereignisse oder Rezidiv der ursächlichen Bakteriämie) keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Vergleichsgruppen (12,1 % i.v. und 9,9 % oral; Differenz: 3,1 %; 95%-Konfidenzintervall -3,4 bis 9,6; p = 0,40). Sie bestätigt damit die Nichtunterlegenheit eines Wechsels zur oralen Antibiose im Vergleich zur konventionellen intravenösen Therapie.

Diese Nichtunterlegenheit war unabhängig von den Komorbiditäten der eingeschlossenen Patienten, es spielte keine Rolle ob Klappenprothesen vorhanden waren oder ob die Vorbehandlung operativ oder konservativ erfolgt war. Der Wechsel zur oralen antibiotischen Therapie erwies sich damit als genauso sicher und effektiv hinsichtlich des klinischen Outcomes wie die konventionelle i.v.-Strategie.

Die Verkürzung der i.v.-Antibiose auf etwa die halbe bisherige Zeit mit anschließender oraler Fortsetzung außerhalb der Klinik könnte die Krankenhaus-Aufenthaltsdauer von Endokarditis-Patienten um etwa die Hälfte reduzieren, so Bundgaard. Das gilt für mehr als 50 % dieser Patienten. Eine Analyse zur Kostenersparnis durch die kürzere Verweildauer in der Klinik steht aber noch aus.

Literatur

Pressekonferenz beim ESC-Kongress in München am 28.8.2018; Abstract 5869: „POET - partial oral treatment of left-sided infectious endocarditis“; Ivesen K et al. N Engl J Med. 28. August 2018. https://doi.org/10.1056/NEJMoa1808312

Neueste Kongressmeldungen

Welcher Faktor determiniert das Herzrisiko unter einer Statintherapie?

Bei Patienten, die bereits Statine zur Lipidsenkung erhalten, sind im CRP-Wert sich widerspiegelnde Entzündungsprozesse ein stärkerer Prädiktor für künftige kardiovaskuläre Ereignisse als das LDL-Cholesterin, zeigt eine umfangreiche Metaanalyse.

Hypertrophe Kardiomyopathie kein Argument gegen Sport

Wer an einer hypertrophen Kardiomyopathie leidet und regelmäßig Sport mit Belastungen über 6 MET betreibt, riskiert damit keine arrhythmischen Komplikationen, so das Ergebnis einer großen prospektiven Studie. Eine Voraussetzung muss jedoch erfüllt sein.

Herzinsuffizienz: Erinnerungstool fördert MRA-Verschreibung

In der BETTER-CARE-HF-Studie wurden zwei Systeme getestet, die Ärzte und Ärztinnen darüber benachrichtigen, welche ihrer Herzinsuffizienzpatienten für eine MRA-Therapie geeignet sind. Eines davon war besonders erfolgreich beim Erhöhen der Verschreibungsrate.

Neueste Kongresse

ACC-Kongress 2023

Der diesjährige Kongress der American College of Cardiology (ACC) fand vom 4.-6. März 2023 in New Orleans statt. In diesem Dossier finden Sie die wichtigsten Studien und Themen vom Kongress.

DGK.Herztage 2022

Vom 29.9.-1.10.2022 finden die DGK.Herztage in Bonn statt.

TCT-Kongress 2022

Hier finden Sie die Highlights der Transcatheter Cardiovascular Therapeutics (TCT) Conference 2022, der weltweit größten Fortbildungsveranstaltung für interventionelle Kardiologie. 

Highlights

Hätten Sie es erkannt?

Linker Hauptstamm in der CT-Angiographie eines 80-jährigen Patienten vor TAVI. Was fällt auf?

Myokarditis – eine tödliche Gefahr

In der vierten Ausgabe mit Prof. Andreas Zeiher geht es um die Myokarditis. Der Kardiologe spricht über Zusammenhänge mit SARS-CoV-2-Infektionen und COVID-19-Impfungen und darüber, welche Faktoren über die Prognose entscheiden.

Aktuelles und Neues aus der Kardiologie

Subklinische Atherosklerose steigert Infarkt-Risiko enorm

Selbst wenn Menschen noch keine Beschwerden haben, geht der Nachweis einer subklinischen Atherosklerose in der CT-Angiografie mit einem erhöhten Infarkt-Risiko einher. Dabei spielen nicht nur nachweisbare Stenosen, sondern auch bestimmte Plaquecharakteristika eine Rolle.

Sind renoprotektive Therapien bei Herzinsuffizienz ohne protektiven Nutzen?

Vier bei Herzinsuffizienz empfohlene Wirkstoffklassen haben bei Patienten mit Typ-2-Diabetes renoprotektive Wirkung bewiesen. In Studien bei Herzinsuffizienz ist von günstigen renalen Effekten dieser Wirkstoffe dagegen nicht viel zu sehen. Ein Erklärungsversuch.

Stark erhöhtes Herzrisiko nach Infektionen

Schwere Infektionen erhöhen das kardiovaskuläre Risiko kurzfristig sehr deutlich, legen aktuelle Daten nahe. Ein nicht unbeträchtlicher Anteil an kardialen Komplikationen könnte demnach auf Infektionen zurückzuführen sein.

Aus der Kardiothek

Hätten Sie es erkannt?

Linker Hauptstamm in der CT-Angiographie eines 80-jährigen Patienten vor TAVI. Was fällt auf?

Rhythmus-Battle: Vom EKG zur Therapie 2

Nicht immer sind EGK-Befunde eindeutig zu interpretieren, und nicht immer gibt es eine klare Therapieentscheidung. In diesem zweiten Rhythmus-Battle debattieren Prof. Lars Eckardt, Prof. Christian Meyer und PD Dr. Stefan Perings über ungewöhnliche EKG-Fälle aus der Praxis. Wie würden Sie entscheiden?

Kardiovaskuläre und ANS-Manifestationen von Covid-19 und Long-Covid

In der Akutphase und auch im weiteren Verlauf kann eine SARS-CoV-2-Infektion eine Herzbeteiligung verursachen. Prof. Thomas Klingenheben gibt einen Update über den aktuellen Wissenstand solcher Manifestationen, und erläutert, was hinter dem Syndrom „Long-COVID“ steckt.

ACC-Kongress 2023 in New Orleans/© pawel.gaul / Getty Images / iStock
DGK.Herztage 2022/© DGK
TCT-Kongress 2022/© mandritoiu / stock.adobe.com
Kardio-Quiz März 2023/© Stephan Achenbach, Medizinische Klinik 2, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Podcast-Logo/© Springer Medizin Verlag GmbH (M)
Rhythmus-Battle 2023/© Portraits: privat
kardiologie @ home/© BNK | Kardiologie.org