MARINER Studie: VTE-Prophylaxe nach Klinikentlassung durch Rivaroxaban nicht verbessert
Die Hoffnung, dass wegen internistischen Akuterkrankungen hospitalisierte Patienten durch eine erweiterte Antikoagulation mit Rivaroxaban in der Zeit nach Klinikentlassung besser vor Thromboembolien geschützt sind, hat sich in der MARINER-Studie – gemessen am primären Endpunkt – nicht erfüllt.
Bei Risikopatienten mit internistischen Akuterkrankungen wie Herzinsuffizienz oder COPD-Exazerbation ist es nicht gelungen, durch eine Behandlung mit Rivaroxaban in den ersten 45 Tagen nach Entlassung aus der Klinik die Rate für den primären Studienendpunkt aus symptomatischen venösen Thromboembolien (VTE) und VTE-bedingten Todesfällen im Vergleich zu Placebo entscheidend zu senken. In der MARINER-Studie lag die entsprechende Rate bei 0,83% unter Rivaroxaban und 1,10% unter Placebo. Der Unterschied entspricht zwar einer relativen Risikoreduktion um 24%, ist aber statistisch nicht signifikant (Hazard Ratio 0,76; 95% CI 0,52-1,09, p=0,14).
Bessere Ergebnisse in „exploratorischen“ Analysen
In einigen sekundären MARINER-Analysen sieht die Thromboembolie-Prophylaxe mit Rivaroxaban dagegen besser aus. Studienleiter Professor Alex Spyropoulos vom Lennox Hill Hospital in New York, der die Studie bei einer “Hot Line”-Sitzung des ESC-Kongresses in München vorgestellt hat, schränkte allerdings ein, dass diese Analysen aufgrund des nicht signifikanten Ergebnisses beim primären Endpunkt nur von „exploratorischer“ Bedeutung - d.h. nur erkundend für die Bildung von Hypothesen - sind.
So wies Spyropoulos darauf hin, dass die Rate für symptomatische, nicht-tödliche VTE durch Rivaroxaban relativ um 56% (Inzidenz: 0,18% vs. 0,42%; HR 0,44; 95% CI 0,22 - 0,89) und die Rate für den kombinierten Endpunkt aus symptomatischen VTE und Gesamtmortalität relativ um 27% reduziert wurde (Inzidenz: 1,30% vs. 1,78%; HR 0,73; 95% CI 0,54 - 0,97). Beide Unterschiede sind nominell signifikant. Schwere Blutungen waren insgesamt selten, sie traten unter Rivaroxaban nicht signifikant häufiger auf als unter Placebo (Inzidenz: 0,28% vs. 0,15%; HR 1,88, 95% CI 0,84 - 4,23).
Einige Besonderheiten der Studie
Bei stationär versorgten Patienten mit internistischen Akuterkrankung und erhöhtem Thromboembolie-Risiko wird eine VTE-Prophylaxe selten in der Zeit nach der Klinikentlassung weitergeführt. Studien zu prolongierten VTE-Prophylaxe haben entweder eine Zunahme von Blutungen oder nur eine Reduktion von asymptomatischen tiefen Beinvenenthrombosen gezeigt.
Beides ist bei Planung der MARINER-Studie berücksichtigt worden. In dieser Phase-III-Studie sollten Wirksamkeit und Sicherheit von Rivaroxaban (10 mg/Tag) in der VTE-Prophylaxe bei akut erkrankten internistischen Risikopatienten in den ersten 45 Tagen nach Krankenhausentlassung untersucht werden. Zur Minimierung des Blutungsrisikos erhielten Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion (KrCl von 30-<50 ml/min) eine niedrigere Dosierung von 7,5 mg Rivaroxaban pro Tag. Die teilnehmenden Risikopatienten sind anhand eines erhöhten VTE-Risikoscores (IMPROVE VTE) und eines D-Dimer-Labortests identifiziert worden. Als primäre Endpunkte sind ausschließlich symptomatische Ereignisse (tiefe Beinvenenthrombosen, nicht tödliche Lungenembolien) und VTE-bedingte Todesfälle festgelegt worden.
Herzinsuffizienz war häufigster Einweisungsgrund
Beteiligt waren 12.024 Patienten aus 36 Ländern, die wegen Akuterkrankungen wie Herzinsuffizienz, akute respiratorische Insuffizienz, COPD-Exazerbation, ischämischer Schlaganfall, Infektionen oder entzündliche Erkrankungen vor der Randomisierung 3 bis 10 Tage in einem Krankenhaus verbracht hatten. Herzinsuffizienz war mit 40% der häufigste Einweisungsgrund.
In der kleineren, mit 7,5 mg Rivaroxaban behandelten Subgruppe mit eingeschränkter Nierenfunktion waren die Raten für den primären Studienendpunkt höher als im Gesamtkollektiv und mit jeweils 1,64% in der Verum- und Placebogruppe identisch, berichtete Spyropoulos . In der weitaus größeren, mit 10 mg Rivaroxaban behandelten Gruppe war die Rate dagegen in der Rivaroxaban-Gruppe numerisch niedriger (0,65% vs. 0,98%, p=0,075).
Literatur
Alex Spyropoulos : MARINER - Medically Ill Patient Assessment of Rivaroxaban Versus Placebo IN Reducing Post-Discharge Venous Thrombo-Embolism Risk, vorgestellt in der Sitzung „Hot Line - Late Breaking Clinical Trials 1” beim ESC-Kongress 2018, 25. – 29. August 2018, München.
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Spyropoulos AC, et al.: Rivaroxaban for thromboprophylaxis after hospitalization for medical illness. N Engl J Med. 2018; online 26. August 2018.