Stetige Abnahme der Infarktsterblichkeit – das war einmal
Die Mortalität nach akutem Myokardinfarkt war im Zuge der Einführung neuer Therapien in die Praxis lange Zeit stark rückläufig. Doch in den letzten Jahren scheint sich dieser positive Trend nicht mehr fortgesetzt zu haben, wie Daten aus dem schwedischen SWEDEHEART-Register nahelegen.
In der Zeit zwischen 1995 und 2010 hat in Schweden sowohl die In-Hospital-Sterblichkeit als auch die 1-Jahres-Mortalität bei Patienten mit akutem Myokardinfarkt kontinuierlich abgenommen. Dies ist derselbe Zeitraum, in dem evidenzbasierte Therapien wie die Revaskularisation durch primäre perkutane Koronarintervention (PPCI), duale Antiplättchen-Therapie (DAPT), Lipidsenkung mit Statinen und Behandlung mit ACE-Hemmern/AT1-Rezeptorantagonisten Einzug in die Praxis gehalten haben.
Doch in den letzten sechs bis acht Jahren ist kein weiterer nennenswerter Rückgang der Sterblichkeit nach Infarkten mehr zu beobachten, berichtete Prof. Tomas Jernberg vom Karolinska Institut in Stockholm mit Hinweis auf eine Analyse von Daten des SWEDEHEART-Registers beim ESC-Kongress in München. Im landesweiten SWEDEHEART (Swedish Web-system for Enhancement and Development of Evidence-based care in Heart disease Evaluated According to Recommended Therapies)-Register werden Charakteristika, Therapiestrategien und klinische Ergebnisse bei allen schwedischen Patienten mit akutem Myokardinfarkt lückenlos dokumentiert.
Daten von mehr als 370.000 Infarktpatienten
Für die aktuelle Analyse haben Jernberg und sein Team die Daten von 371,431 zwischen 1995 und 2018 im Register erfassten Infarktpatienten genauer unter die Lupe genommen. In dieser Zeit ist das Alter der vom Myokardinfarkt betroffenen Personen mit im Schnitt rund 72 Jahren weitgehend konstant geblieben. Auch an der Tatsache, dass rund zwei Drittel der Betroffenen Männer waren, hat sich wenig verändert.
Zugenommen hat zwischen 1995 und 2018 allerdings der Anteil an Patienten mit Komorbiditäten wie Diabetes (von 21,7% auf 27,2%) und Hypertonie (von 35,3% auf 66,9%) oder einer schon erfolgten perkutanen Koronarintervention (PCI) in der Vorgeschichte (von 2,5% auf 20,7%). Auch stieg der Anteil der Infarktpatienten, die zum Zeitpunkt der Klinikaufnahme bereits eine Behandlung mit Statinen erhielten (von 4,5% auf 32,7%). Verringert hat sich dagegen der Anteil der Infarktpatienten mit bei der Auskultation in der Klinik festgestellten Rasselgeräuschen (von 36,8% auf 8,9%).
In der nicht adjustierten Analyse zeigte sich, dass sich die Rate für die In-Hospital-Mortalität in der Zeit zwischen 1995 bis 2010 von etwa 13% auf knapp unter 5% verringert hatte, die Rate für die 1-Jahres-Mortalität von etwa 25% auf rund 15%. In der Zeit nach 2010 waren jedoch keine wesentlichen Abnahmen bei der Sterblichkeit mehr zu verzeichnen.
Plateau auch bei genutzten Therapien erreicht
Das Plateau bei der Mortalitätssenkung korrelierte zeitlich mit einem gewissen Plateau bei der Nutzung von Therapien mit dokumentierter prognoseverbessernder Wirkung. So erhöhte sich im Gesamtzeitraum der Anteil der Patienten mit invasiver Revaskularisation durch PPCI bei ST-Hebungs-Myokardinfarkt (STEMI) von anfänglich rund 5% auf deutlich über 80% in 2018. Bis etwa 2010 war ein steiler Anstieg auf etwa 75% zu verzeichnen, danach flachte die Kurve deutlich ab. Auch die zum Teil deutlichen Verbesserungen bei medikamentösen Therapien mit Plättchenhemmern, Betablockern, ACE-Hemmern/AT1-Blockern und Statinen vollzogen sich ganz überwiegend im Zeitraum bis 2010. Danach stagnierte der Anteil damit behandelter Patienten – allerdings auf hohem Niveau.
Diese Zahlen sollten nach Ansicht Jernbergs ein Stimulus dafür sein, nach neuen Therapiemöglichkeiten zu suchen, um die Prognose der Patienten nach akutem Myokardinfarkt weiter zu verbessern.
Literatur
Jernberg T.: No changes in survival after acute myocardial infarction in the last decade – new date from SWEDEHEART. Vorgestellt in der Sitzung „Late Breaking Registry Results 1” beim ESC-Kongress 2018, 25. – 29. August 2018, München.