Herzinsuffizienz mit erhaltener Pumpfunktion: ARNI überzeugt nicht wirklich
Sacubitril/Valsartan hat bei Patienten mit Herzinsuffizienz und erhaltener Pumpfunktion (HFpEF) erneut keinen klaren Wirksamkeitsnachweis erbracht. Für gewisse Patienten besteht dennoch Hoffnung.
Reduzierte NT-proBNP-Werte sowie eine deutliche Risikoreduktion für Herzinsuffizienz-bedingte Krankenhauseinweisungen in einer Post-hoc-Analyse, aber keine Verbesserung der Belastbarkeit oder der Lebensqualität – auf diesen Nenner lassen sich die Ergebnisse der PARALLAX-Studie mit 2.572 HFpEF-Patienten bringen, die beim ESC-Kongress 2020 online vorgestellt wurden.
„Die Ergebnisse sind konsistent mit denen der im letzten Jahr publizierten PARAGON-HF-Studie und erweitern die Evidenz eines potenziellen Nutzens des ARNI bei Patienten mit Herzinsuffizienz mit leicht reduzierter (HFmEF) oder erhaltener Ejektionsfraktion“, summierte Studienleiter Prof. Burkert Pieske, Direktor der Med. Universitätsklinik mit Schwerpunkt Kardiologie an der Charité Berlin.
Viele HFpEF-Patienten erhalten HRrEF-Medikamente
Die Hälfte aller Herzinsuffizienz-Patienten leidet an einer HFpEF. Aber im Gegensatz zur Herzinsuffizienz mit Pumpschwäche (HFrEF) gibt es derzeit keine prognostisch wirksame Therapie. Empfohlen werden Diuretika zur Symptomkontrolle und ein individualisiertes Management der Komorbiditäten, was in der Praxis dazu führt, dass viele HRpEF-Patienten eine ähnliche Therapie erhalten wie HRrEF-Patienten.
PARALLAX-Studie mit 2.572 HFpEF-Patienten
In der PARALLAX-Studie wurden deshalb Patienten rekrutiert, die bisher entweder mit ACE-Hemmern (41%), Angiotensin-Rezeptorblocker (ARB, 46%) oder einem RAAS-Blocker (13%) behandelt worden waren. Über 80% der Patienten hatten zusätzlich einen Betablocker an Bord, ein Drittel einen Mineralkortikoid-Rezeptorantagonisten (MRA).
Bei fast allen Patienten war ein Hypertonus bekannt, bei ca. 40% ein Diabetes, bei über 50% Vorhofflimmern. Das Kollektiv war im Schnitt 73 Jahre alt, die Hälfte waren Frauen. Zwei Drittel der Patienten befanden sich im NYHA-Stadium II, ein Drittel im NYHA-Stadium III, die mittlere linksventrikuläre Ejektionsfraktion (EF) betrug 57% und der NT-proBNP-Wert lag zu Studienbeginn median bei ca. 770 pg/mL.
Die Patienten wurden nach Randomisierung entweder weiter wie bisher behandelt oder von dem ACE-Hemmer/ARB auf Sacubitril/Valsartan (2 × 97/103 mg/d) umgestellt.
Heterogene Ergebnisse
Der erste koprimäre Endpunkt sei erreicht worden, so Pieske: Die NT-proBNP-Werte reduzierten sich unter Sacubitril/Valsartan nach 12 Wochen im Vergleich zur Kontrollgruppe um 16% (p<0,0001). Auf den anderen koprimären Endpunkt – die 6-Minuten-Gehstrecke nach 24 Wochen – hatte der ARNI aber keinen signifikanten Einfluss.
Die Lebensqualität im KCCQ-CSS-Score zeigte sich in der ARNI-Gruppe zwar anfänglich verbessert, doch diese Differenz verlor die Signifikanz zum vorbestimmten Zeitpunkt nach 24 Wochen. Auch bei den Veränderungen des NYHA-Stadien ergaben sich keine Differenzen.
Hoffnungsvoll stimmen die Ergebnisse einer Post-hoc-Analyse von klinischen Endpunkten. Diese hätten eine Reduktion erster Hospitalisationen wegen Herzinsuffizienz um 51% (p=0,005) sowie ein um 36% reduziertes Risiko für den kombinierten Endpunkt von Krankenhauseinweisungen wegen Herzschwäche und Tod aufgrund von Herzversagen (0=0,034) ergeben, berichtete Pieske. Auch der Verlust der Nierenfunktion wurde durch den ARNI signifikant gebremst.
Parallelen zu PARAGON-HF?
In der im letztem Jahr publizierten PARAGON-HF-Studie hatte Sacubitril/Valsartan bei 4.822 Herzinsuffizienz-Patienten mit einer EF>45% das Signifikanzniveau für einen prognostischen Nutzen nur sehr knapp verfehlt. Allerdings zeigten die Daten eine signifikante Wirksamkeit bei Patienten mit sog. mittelgradig reduzierte Pumpfunktion (45%< EF <57%) sowie bei Frauen, jedoch keinen Effekt bei Patienten mit einer EF über 57% sowie bei Männern.
Fazit: Wann der ARNI empfehlenswert ist
Diese Interaktionen konnten in der kleineren PARALLAX-Studie jetzt nicht bestätigt werden. Dennoch war sich Prof. Pieske mit dem offiziellen Diskutanten der Studie, Prof. Rudolf de Boer von der Universität Groningen, einig, dass aufgrund der aktuellen Datenlage eine Therapie mit Sacubitril/Valsartan bei Patienten mit Herzinsuffizienz gerechtfertigt sei, die auf dem Wege zu einer eingeschränkten Pumpfunktion seien.
Für Patienten mit eindeutiger HFpEF, die häufig einen kleinen, nicht dilatierten Ventrikel und eine EF von 60% und darüber aufweisen, gebe es hingegen weiterhin keine guten Therapieoptionen.
Literatur
Pieske B: PARALLAX: Sacubitril/Valsartan versus Individualized RAAS Blockade in Patients with HFpEF; vorgestellt bei der HOTLINE II-Session am 30.08.2020 beim ESC Congress 2020 - The Digital Experience