Regression von koronaren Plaques unter Icosapent-Ethyl?
Mit Icosapent-Ethyl konnte in der REDUCE-IT-Studie die Inzidenz kardiovaskulärer Ereignisse signifikant reduziert werden. Ein Wirkmechanismus scheinen dabei günstige Effekte auf das koronare Plaque-Wachstum zu sein.
Nach einer langen Reihe enttäuschender Studien mit „Fischöl“-Präparaten hat REDUCE-IT erstmals bewiesen, dass eine Substitution von marinen Omega-3-Fettsäuren kardiovaskulären Ereignissen tatsächlich wirksam vorbeugen kann. Dieser Erfolg ist mit einem verschreibungspflichtigen Präparat (Vascepa®) erzielt worden, das ausschließlich Eicosapentaensäure (EPA) in reiner Form (Icosapent-Ethyl) enthält und zudem in hoher Dosierung (2 × 2 g täglich) appliziert worden war.
Bei mehrheitlich schon kardiovaskulär erkrankten Risikopatienten mit erhöhten Triglyzerid-Werte (150 bis maximal 500 mg/dl) und relativ niedrigen LDL-Cholesterinwerte (40 bis 100 mg/dl) unter Behandlung mit Statinen reduzierte Icosapent-Ethyl die Inzidenzrate für den primären Studienendpunktes (kardiovaskulär verursachter Tod, nicht tödlicher Herzinfarkt oder Schlaganfall, Hospitalisierung wegen instabiler Angina oder koronare Revaskularisation) signifikant um 25%.
Die beim virtuellen ESC-Kongress von Dr. Matthew Budoff, Harbor-UCLA Medical Center in Torrance, präsentierten finalen Ergebnisse der EVAPORATE-Studie liefern nun Anhaltspunkte dafür, wie die kardioprotektive Wirkung von Icosapent-Ethyl „mechanistisch“ zu erklären sein könnte. Zwischenergebnisse der Studie hatte Budoff bereits im November 2019 beim AHA-Kongress vorgestellt.
EVAPORATE nimmt potenziellen Wirkmechanismus ins Visier
An der EVAPORATE-Studie waren 80 Patienten mit dokumentierter Koronarsklerose beteiligt, die bezüglich ihrer demografischen Merkmale den REDUCE-IT-Teilnehmern sehr ähnlich waren. Ziel war, mögliche Veränderungen der koronaren Plaque-Morphologie unter Icosapent-Ethyl (4 g/Tag) und Placebo zu dokumentieren und zu vergleichen. Dazu sind bei den Teilnehmern drei Mehrschicht-CT-Angiografien zu Beginn sowie nach neun und 18 Monaten durchgeführt worden.
Primärer Studienendpunkt war die Veränderung des Volumens von sogenannten „low attenuation plaques“ (LAP: Plaques mit CT-Dichtewerten von -50 bis 50 Hounsfield Units in der Multidetektor-CT-Bildgebung). Sie repräsentieren den „vulnerablen“ Plaque-Typ, der durch einen lipidreichen Kern mit nekrotischen Plaque-Anteilen charakterisiert ist.
Günstige Effekte auf diverse Plaque-Komponenten
Zur durch das Studienakronym suggerierten „Verdampfung“ (Evaporation) von Plaques reichte es in der Studie zwar nicht. Gleichwohl konnte das Team um Budoff im Zeitraum von 18 Monaten einen günstigen Einfluss von Icosapent-Ethyl auf diverse Plaque-Komponenten und -Morphologien im Vergleich zu Placebo nachweisen, mit Regression in der einen und Progression in der anderen Gruppe:
- Das Volumen von Plaques des LAP-Typs (primären Endpunkt) nahm in Relation zum Ausgangswert unter Icosapent-Ethyl um 17% ab, unter Placebo dagegen um 109% zu. Der Unterschied war signifikant (-0,3 mm3 vs. +0,9 mm3, p = 0,006).
- Ein ähnliches Veränderungsmuster zeigte sich auch beim Plaque-Gesamtvolumen (−9% vs. +11%, p = 0,002),
- beim Gesamtvolumen von nicht kalzifizierten Plaques (−19% vs. +9%, p = 0.0005),
- bei Fibro-Lipid-Plaques (fibrofatty plaques: −34% vs. +32%, p = 0,0002),
- bei fibrösen Plaques (−20% vs. +1%, p = 0,003)
- und bei kalzifizierten Plaques (−1% vs. +15%, p = 0,053).
Budoff und sein Team glauben, mit diesen Ergebnissen einen möglichen Mechanismus für den in Studien gezeigten „robusten Effekt“ von Icosapent-Ethyl auf kardiovaskuläre Ereignisse aufgedeckt zu haben. Danach scheint diese Therapie die Progression der koronaren Atherosklerose nicht nur verzögern zu können, sondern auch eine Regression bewirken zu können.
Literatur
Vorgestellt virtuellen Kongresses 2020 („The Digital Experience“) der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC)
Budoff, M. et al.: Effect of icosapent ethyl on progression of coronary atherosclerosis in patients with elevated triglycerides on statin therapy: final results of the EVAPORATE trial. Eur Heart J 2020, online 29. August.