Antianginosum Trimetazidin ohne Nutzen
Kann ein Medikament, das den Metabolismus von Kardiomyozyten verbesser, Angina pectoris-Symptome oder kardiovaskuläre Ereignisse nach erfolgreicher PCI verhindern? Eine aktuelle Studie gibt darauf eine klare Antwort.
Auch nach einer erfolgreichen perkutanen Intervention (PCI) kann es bei Patienten mit stabiler Angina pectoris oder mit Nicht-ST-Hebungsinfarkt (NSTEMI) zu erneuten Angina pectoris-Episoden kommen. An dieser Stelle kommen therapeutisch angianginöse Medikamente ins Spiel, mit unterschiedlich gut belegter Effektivität in klinischen Studien.
Antianginöse Therapie bisher mit IIa empfohlen
In der bei der digitalen ESC 2020-Konferenz vorgestellten, von Servier unterstützten ATPCI-Studie wurde jetzt bei 6.007 Patienten an 365 Zentren in 27 Ländern über fünf Jahre ein antianginöser Behandlungsansatz erprobt, der in den europäischen Leitlinien bisher eine Klasse IIA-Empfehlung erhält.
Zum Einsatz kam Trimetazidin, das den Metabolismus von ischämischem Myokard verbessert und gleichzeitig weder die Herzfrequenz noch den Blutdruck noch die Vor- oder Nachlast verändert. Die Substanz hemmt die Betaoxidation von Fettsäuren und verstärkt die Glukoseoxidation, was in Summe den myokardialen Sauerstoffverbrauch senkt. Konkret werde so durch die Kardiomyozyten 33% mehr ATP erzeugt, erläuterte Prof. Stephan Windecker vom Insel-Spital Bern.
Ereignisraten fast deckungsgleich
Prof. Roberto Ferrari von der Universität Ferrara in Italien stellte die Ergebnisse der ATPCI-Studie in Amsterdam im Detail vor. Sie wurden zeitgleich in der Zeitschrift „The Lancet“ veröffentlicht.
Primärer Endpunkt der Studie war ein Komposit aus kardialem Tod, Krankenhauseinweisung wegen eines kardialen Ereignisses sowie erneute oder anhaltende Angina pectoris, die zu einer wie auch immer gearteten Veränderung der antianginösen Therapie oder zu einer erneuten Koronarangiographie führte.
Insgesamt seien Endpunktereignisse in der ATPCI-Studie recht selten gewesen, so Ferrari, weswegen der Follow-up-Zeitraum der Studie um ein Jahr auf fünf Jahre verlängert werden musste. 25% der Studienteilnehmer hatten innerhalb von fünf Jahren ein Endpunktereignis.
Ob sie mit Trimetazidin oder mit Placebo behandelt wurden, spielte keine Rolle: Das relative Risiko betrug in der Trimetazin-Gruppe 0,98 (95% KI 0,88-1,09; p=0,73). Das galt sowohl für Patienten, die die PCI wegen chronischer Angina pectoris erhalten hatten als auch für Patienten nach NSTEMI.
Schon zu gut behandelt?
Auch beim Blick in die Subgruppen fanden sich keine Unterschiede. Ob die Patienten Diabetes hatten oder nicht, ob sie an einer Niereninsuffizienz litten, männlich oder weiblich waren oder eine Ein- oder Mehrgefäßerkrankung hatten, all das wirkte sich nicht auf den Trimetazidin-Effekt aus. Auch keine der Einzelkomponenten des primären Endpunkts tat sich positiv hervor. Die Patienten im Verum-Arm hatten nicht weniger Symptome, und sie verbesserten sich auch nicht häufiger in der Angina-Klassifikation nach CCS.
Windecker diskutierte in seinem Hotline-Beitrag mögliche Gründe für das enttäuschende Ergebnis. Möglicherweise seien die Patienten schlicht schon zu gut behandelt gewesen – die erwartete jährliche Ereignisrate betrug 10%, tatsächlich waren es aber nur 5%.
So hätten nahezu alle Patienten eine doppelte Plättchenhemmung erhalten, ebenfalls nahezu alle nahmen Statine. Auch weitere antianginöse Medikamente waren die Regel: 83% nahmen Betablocker, 27% Kalziumkanalblocker, 12% langwirksame Nitrate und 22% anderer antianginöse Substanzen.
Literatur
Ferrari R: ATPCI - Trimetazidine in Angina Patients with Recent Successful Percutaneous Coronary Intervention: a Randomized, Double-Blind, Placebo-Controlled Trial; vorgestellt bei der HOTLINE II-Session am 30.08.2020 beim ESC Congress 2020 - The Digital Experience
Ferrari R et al. Efficacy and safety of trimetazidine after percutaneous coronary intervention (ATPCI): a randomised, double-blind, placebo-controlled trial. Lancet 2020; DOI: 1.1016/S0140-6736(20)31790-6