SGLT2-Hemmer schützt evtl. auch vor lebensbedrohlichen Arrhythmien
Die Wirkweise der SGLT2-Inhibitoren könnte sich noch um einen Aspekt erweitern. Dapagliflozin hat in einer Post-hoc-Analyse das Risiko für Rhythmusstörungen deutlich reduziert. Noch ist aber unklar, ob diese Wirkung auf direkten antiarrhythmischen oder indirekten Effekten beruht.
Wirken SGLT2-Hemmer auch antiarrhythmisch? In einer Post-hoc-Analyse der randomisierten Phase-III-Studie DAPA-HF hat Dapagliflozin bei Herzinsuffizienzpatienten mit reduzierter Auswurffraktion (HFrEF) jedenfalls eine deutliche Reduktion von lebensbedrohlichen Arrhythmien bewirkt.
„Zusammengefasst liefern diese Ergebnisse Belege für eine protektive Wirkung von Dapagliflozin gegen lebensbedrohliche elektrische Störungen“, kommentierte der Pharmakologe Dr. Peter Light aus Edmonton die Ergebnisse in einem parallel zur Studienpublikation im European Heart Journal veröffentlichten Editorial.
Über die Hintergründe der Post hoc-Analyse berichtete Studienautor Dr. James Curtain beim diesjährigen ESC-Kongress. Der Kardiologe aus Glasgow und sein Team haben sich die Auswirkungen der SGTL2-Hemmer-Therapie auf die Häufigkeit von Kammerarrhythmien, überlebtem Herzstillstand und plötzlichem Herztod (primärer Endpunkt) genauer angeschaut. Es seien in der Analyse nur ernste Rhythmusereignisse berücksichtigt worden, spezifizierte Curtain beim Kongress.
Signifikant weniger lebensbedrohliche Rhythmusereignisse
Bei 315 der insgesamt 4.744 DAPA-HF-Studienteilnehmer, also bei 6,6%, kam es zu derartigen Komplikationen, am häufigsten waren plötzliche Herztode mit 203 Fällen. Unter einer Behandlung mit Dapagliflozin war die Rate für Ereignisse des primären Endpunktes deutlich geringer als unter Placebo (5,9% vs. 7,4%). Die SGLT2-Hemmer-Therapie reduzierte das Risiko signifikant um 21% (Hazard Ratio, HR: 0,79; p=0,037). Auch in einem Competing Risk-Regressionsmodell, in welchem auf potenzielle Störfaktoren wie Betablocker und andere Herzinsuffizienztherapien, der LVEF-Höhe, ICD-Gebrauch usw. adjustiert wurde, blieb der signifikante Unterschied bestehen (HR: 0,80; p=0,043).
Besonders deutlich fiel die Risikoreduktion bei HFrEF-Patienten aus, deren NT-proBNP-Spiegel niedrig bzw. unterhalb des Durchschnitts gelegen haben (HR: 0,58). Der Editorial-Verfasser Light geht deshalb davon aus, dass Dapagliflozin gerade für Patienten in einem frühen HFrEF-Stadium, definiert durch niedrige NT-proBNP-Werte, zusätzlichen Schutz vor Arrhythmien bieten kann.
Wie ist der Effekt erklärbar?
Beim ESC-Kongress fragten sich die anwesenden Experten allerdings, worauf die zu beobachtenden Effekte beruhen: Entfaltet der SGLT2-Hemmer wirklich direkte antiarrhythmische Effekte oder kommt es darunter einfach deshalb seltener zu Rhythmusstörungen, weil die Behandlung das Fortschreiten der Herzinsuffizienz verhindert?
Eine definitive Antwort konnte Curtain darauf nicht geben. „Studien haben gezeigt, dass Dapagliflozin und andere SGLT2-Hemmer günstige Effekte auf das schädliche kardiale Remodeling haben, also auf denselben pathophysiologischen Prozess, der zur Entstehung eines plötzlichen Herztodes und von Kammerarrhythmien beiträgt“, postulierte der Kardiologe. Zudem habe sich gezeigt, dass sich unter der Behandlung die Herzkammergröße verkleinert, die linksventrikuläre Hypertrophie reduziert und die NT-proBNP-Spiegel über die Zeit gesenkt werden, einhergehend mit einer Reduktion des myokardialen Stress, führte Curtain einen möglichen Mechanismus aus.
Literatur
Curtain JP: DAPA-HF, Late Breaking Science in Heart Failure, ESC Congress 2021 – The Digital Experience, 27. bis 30. August 2021
Curtan JP et al. Effect of dapagliflozin on ventricular arrhythmias, resuscitated cardiac arrest, or sudden death in DAPA-HF; Eur Heart J 2021; ehab560, https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehab560
Light PE. Decoding the effects of SGLT2 inhibitors on cardiac arrhythmias in heart failure, Eur Heart J 2021; ehab563, https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehab563