Nachrichten 24.08.2021

Therapie von Vorhofflimmern: Geht’s auch nur mit Sport?

Körperliche Aktivität hilft gegen vieles, gegen Bluthochdruck, Übergewicht usw. Nun legt eine randomisierte Studie nahe, dass ein spezielles Sportprogramm auch Vorhofflimmern-Patienten helfen kann. Der Studienautor zieht daraus praktische Konsequenzen.

Dass körperliche Aktivität vor Vorhofflimmern schützt, haben schon einige Studien bewiesen. Doch eignet sich Sport auch als Therapiemaßnahme bei Patienten mit bestehendem Vorhofflimmern, so wie es beispielsweise für Patienten mit Herzinsuffizienz und KHK Usus ist.

Mediziner um den Sportkardiologen Dr. Adrian Elliot aus dem australischen Adelaide sind davon überzeugt. In der von ihnen durchgeführten Studie ACTIVE-AF hat sich ein spezielles Sportprogramm bei Patienten mit paroxysmalem oder persistierendem Vorhofflimmern als effektiv erwiesen.

„Einige Patienten kommen ohne Ablation oder Medikamente aus“

„Die ACTIVE-AF-Studie zeigt, dass einige Patienten ihre Arrhythmie durch körperliche Aktivität kontrollieren können, ohne die Notwendigkeit komplexer Interventionen wie Ablation oder Medikamente“, resümierte Elliott in einer ESC-Pressemitteilung. Die Ergebnisse der randomisierten ACTIVE-AF-Studie werden diese Woche beim ESC-Kongress präsentiert.

Insgesamt sind 120 Patienten mit symptomatischen Vorhofflimmern in der Studie randomisiert worden. Die eine Hälfte erhielt ein sechsmonatiges spezielles Sportprogramm, das sowohl aus beaufsichtigen Trainingsstunden wie auch aus „home-based“ Aerobic-Einheiten, die von den Teilnehmer selbstständig vorgenommen werden sollten, bestand. Ziel der Intervention war, die aerobe Aktivität der Teilnehmer um 3,5 Stunden pro Woche zu steigern. Dabei waren die von einem Trainer angeleiteten Sporteinheiten typischerweise eher von höherer Intensität, wohingegen die Übungen, die die Teilnehmer eigenständig vornehmen sollten, eher weniger intensiv ausfielen (z.B. Walken, Schwimmen, Fahrradfahren auf dem Fahrradtrainer usw.) Den anderen Teilnehmer wurde aerobes Training zwar nahegelegt, aktiv interveniert wurde in der Kontrollgruppe aber nicht. Alle Teilnehmer der Studie erhielten zusätzlich eine standardmäßige Vorhofflimmern-Behandlung in Ermessen des behandelten Kardiologen.

Weniger Patienten mit Vorhofflimmern-Rezidive

Zwölf Monate später war der Anteil der Patienten, die ein Vorhofflimmern-Rezidiv erlitten haben, in der aktiven Sport-Gruppe signifikant geringer als in der Kontrollgruppe (60% vs. 80%). Das Risiko für diesen primären Endpunkt wurde durch die Intervention um 50% reduziert (Hazard Ratio, HR: 0,50; p=0,002). Definiert war ein Vorhofflimmern-Rezidiv als eine über 30 Sekunden andauernde Arrhythmie-Episode, die eine Ablation oder permanente medikamentöse Antiarrhythmika-Behandlung erforderte.

Auch die Symptomschwere ging bei den Patienten aus der Interventions-Gruppe deutlicher zurück als bei den restlichen Teilnehmern. Die Patienten litten also seltener an schweren Palpitationen, Kurzatmigkeit und Fatigue, erläuterte Elliott die Bedeutung dieses primären Endpunktes.

Aerobes Training als Standardmaßnahme

Elliott spricht sich aufgrund dieser Ergebnisse dafür aus, ein aerobes Training in die Behandlung von Patienten mit symptomatischen Vorhofflimmern einzubeziehen. Dies solle von einem Kardiologen gesteuert und Hand in Hand mit der medikamentösen Behandlung und dem Management von Übergewicht, Hypertonie und Schlafapnoe gehen, rät der Mediziner. Als Trainingsumfang empfiehlt er 3,5 Stunden pro Woche zusätzliches aerobes Training inklusiver intensiverer Sporteinheiten, um die kardiorespiratorische Fitness zu verbessern.

Trotz der Erfolge in dieser Studie, am Ende stellt sich die Frage nach der langfristigen Wirksamkeit einer solchen Intervention. Denn auch bei den Teilnehmern in der Interventionsgruppe erlitten viele – nämlich 60% – innerhalb von 12 Monaten ein Vorhofflimmern-Rezidiv. Und auf längere Sicht könnte sich die Adhärenz als altbekanntes Problem herausstellen.

Literatur

Pressemitteilung der ESC: Exercise maintains normal heart rhythm in patients with atrial fibrillation, veröffentlicht am 23.08.2021

Elliott A: ACTIVE-AF: A randomised controlled trial of exercise training in AF patients, ESC Congress 2021 – The Digital Experience; 27. bis 30. August 2021

Neueste Kongressmeldungen

Welcher Faktor determiniert das Herzrisiko unter einer Statintherapie?

Bei Patienten, die bereits Statine zur Lipidsenkung erhalten, sind im CRP-Wert sich widerspiegelnde Entzündungsprozesse ein stärkerer Prädiktor für künftige kardiovaskuläre Ereignisse als das LDL-Cholesterin, zeigt eine umfangreiche Metaanalyse.

Hypertrophe Kardiomyopathie kein Argument gegen Sport

Wer an einer hypertrophen Kardiomyopathie leidet und regelmäßig Sport mit Belastungen über 6 MET betreibt, riskiert damit keine arrhythmischen Komplikationen, so das Ergebnis einer großen prospektiven Studie. Eine Voraussetzung muss jedoch erfüllt sein.

Herzinsuffizienz: Erinnerungstool fördert MRA-Verschreibung

In der BETTER-CARE-HF-Studie wurden zwei Systeme getestet, die Ärzte und Ärztinnen darüber benachrichtigen, welche ihrer Herzinsuffizienzpatienten für eine MRA-Therapie geeignet sind. Eines davon war besonders erfolgreich beim Erhöhen der Verschreibungsrate.

Neueste Kongresse

ACC-Kongress 2023

Der diesjährige Kongress der American College of Cardiology (ACC) fand vom 4.-6. März 2023 in New Orleans statt. In diesem Dossier finden Sie die wichtigsten Studien und Themen vom Kongress.

DGK.Herztage 2022

Vom 29.9.-1.10.2022 finden die DGK.Herztage in Bonn statt.

TCT-Kongress 2022

Hier finden Sie die Highlights der Transcatheter Cardiovascular Therapeutics (TCT) Conference 2022, der weltweit größten Fortbildungsveranstaltung für interventionelle Kardiologie. 

Highlights

Hätten Sie es erkannt?

Linker Hauptstamm in der CT-Angiographie eines 80-jährigen Patienten vor TAVI. Was fällt auf?

Myokarditis – eine tödliche Gefahr

In der vierten Ausgabe mit Prof. Andreas Zeiher geht es um die Myokarditis. Der Kardiologe spricht über Zusammenhänge mit SARS-CoV-2-Infektionen und COVID-19-Impfungen und darüber, welche Faktoren über die Prognose entscheiden.

Aktuelles und Neues aus der Kardiologie

Stark erhöhtes Herzrisiko nach Infektionen

Schwere Infektionen erhöhen das kardiovaskuläre Risiko kurzfristig sehr deutlich, legen aktuelle Daten nahe. Ein nicht unbeträchtlicher Anteil an kardialen Komplikationen könnte demnach auf Infektionen zurückzuführen sein.

Vorhofflimmern: Früher Rhythmuserhalt rechnet sich

Dass eine frühe rhythmuserhaltende Therapie bei Vorhofflimmern klinisch von Vorteil ist, hat die EAST-AFNET-4-Studie gezeigt. Dass diese Therapie wohl auch wirtschaftlich ist, legt eine auf Daten der deutschen Teilnehmer der Studie gestützte Analyse ihrer Kosteneffektivität nahe.

Interventionelle Mitralklappenreparatur: Spezieller Score sagt Prognose voraus

Wie sich eine verbleibende Mitralinsuffizienz nach perkutaner Mitralklappenrekonstruktion auf die Prognose auswirkt, wurde bisher in keiner prospektiven Studie untersucht. Ein deutsches Register hat das jetzt nachgeholt, zum Einsatz kam dabei ein spezieller Score.

Aus der Kardiothek

Hätten Sie es erkannt?

Linker Hauptstamm in der CT-Angiographie eines 80-jährigen Patienten vor TAVI. Was fällt auf?

Rhythmus-Battle: Vom EKG zur Therapie 2

Nicht immer sind EGK-Befunde eindeutig zu interpretieren, und nicht immer gibt es eine klare Therapieentscheidung. In diesem zweiten Rhythmus-Battle debattieren Prof. Lars Eckardt, Prof. Christian Meyer und PD Dr. Stefan Perings über ungewöhnliche EKG-Fälle aus der Praxis. Wie würden Sie entscheiden?

Kardiovaskuläre und ANS-Manifestationen von Covid-19 und Long-Covid

In der Akutphase und auch im weiteren Verlauf kann eine SARS-CoV-2-Infektion eine Herzbeteiligung verursachen. Prof. Thomas Klingenheben gibt einen Update über den aktuellen Wissenstand solcher Manifestationen, und erläutert, was hinter dem Syndrom „Long-COVID“ steckt.

ACC-Kongress 2023 in New Orleans/© pawel.gaul / Getty Images / iStock
DGK.Herztage 2022/© DGK
TCT-Kongress 2022/© mandritoiu / stock.adobe.com
Kardio-Quiz März 2023/© Stephan Achenbach, Medizinische Klinik 2, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Podcast-Logo/© Springer Medizin Verlag GmbH (M)
Rhythmus-Battle 2023/© Portraits: privat
kardiologie @ home/© BNK | Kardiologie.org