Nachrichten 01.09.2021

Vorhofflimmern: Vorhofohrverschluss geht auch ohne Antikoagulation

Bei einem Verschluss des linken Vorhofohrs mit dem Amulet-Device bleiben acht von zehn Patienten mit Vorhofflimmern ohne orale Antikoagulation. Sie erreichen analoge klinische Ergebnisse wie Patienten, die das Watchman-Device mit Antikoagulation erhalten, zeigt eine neue Studie.

In der 2016 gestarteten, internationalen, randomisierten Studie AMULET wurde die neue Generation des Amulet-Devices von Abbott zum Verschluss des linken Vorhofohrohrs (LAAO: Left Atrial Appendage Occlusion) als Maßnahme zum Schutz vor kardioembolischen Schlaganfällen verglichen mit der ersten Generation des Watchman-Devices von Boston Scientific, das zum Zeitpunkt des Studienbeginns das einzige zugelassene LAAO-Device im Markt war.

Okkluder-System mit doppeltem Verschlussmechanismus

Im Gegensatz zum „pilzartig“ aussehenden Watchman-Device der ersten Generation arbeitet Amulet mit einem doppelten Verschlussmechanismus aus luminaler Platte und einem Segel in Richtung Appendix, in der Mitte unter Zug verbunden. Der zweite wesentliche Unterschied ist, dass das Amulet-Device keine orale Antikoagulation erfordert.

Die AMULET-Studie, die Dr. Dhanunjaya Lakkireddy vom Kansas City Heart Institute beim ESC Congress 2021 vorstellte, hatte 1.878 Teilnehmer, die eins zu eins zu den beiden Interventionen randomisiert wurden. Alle Patienten hatten Vorhofflimmern mit hohem Risiko für thromboembolische Ereignisse, der durchschnittliche CHA2DS2-VASc-Score betrug 4,6.

Die Studie war in den primären Endpunkten auf den Nachweis der Nichtunterlegenheit des Amulet-Devices angelegt: Es gab einen mechanistischen Effektivitätsendpunkt nach 45 Tagen, einen Sicherheitsendpunkt nach 12 Monaten und einen klinischen Effektivitätsendpunkt nach 18 Monaten.

„Nichtunterlegenheit“ bei allen Komponenten des primären Endpunktes

In der Gesamtschau konnte das Amulet-Device hinsichtlich aller drei Komponenten des primären Endpunkts seine Nichtunterlegenheit nachweisen, hinsichtlich des mechanistischen Endpunkts war es sogar überlegen. Konkret erreichten beim Amulet- bzw. Watchman-Device 98,9% bzw. 96,8% der Patienten einen „residualen Jet“ um das Device herum von maximal 5 mm. Einen Jet von maximal 3 mm erreichten 89,6% bzw. 75,1%, und komplett ohne Residualjet blieben 63% bzw. 46%.

Was den Sicherheitsendpunkt nach 12 Monaten anging, lag die Rate an prozedurassoziierten Komplikationen, Todesereignissen und schweren Blutungen bei 14,5% bzw. 14,7%, unterschied sich also nicht. In der Detailanalyse waren prozedurassoziierte Komplikationen beim Amulet häufiger, in erster Linie Perikardergüsse und Device-Embolien. Hier habe es allerdings eine Lernkurve bei den behandelnden Kardiologen mit dem zu Beginn neuen Device gegeben, betonte Lakkireddy. Schlaganfälle und systemische Embolien nach 18 Monaten traten in beiden Studienarmen bei 2,8% der Patienten auf.

Plättchenhemmung dominiert beim Amulet-Device

Der größte Unterschied zwischen den Gruppen betraf die Gerinnungshemmung. Während in der Amulet-Gruppe 78,9% der Patienten mit doppelter Plättchenhemmung geführt werden konnten, erhielten in der Watchman-Gruppe 95,8% eine orale Antikoagulation.

Prof. Dr. Gerhard Hindricks vom Universitätszentrum Leipzig sparte nicht an Lob für die bislang größte Studie zum Vorhofohr-Verschluss bei Vorhofflimmern. Sie liefere wichtige Evidenz in einem Feld, wo Evidenz bisher noch dünn gesät sei. Dringend nötig seien aber nach wie vor Vergleichsstudien zwischen LAAO-Devices und den Nicht-Vitamin-K-abhängigen oralen Antikoagulanzien (NOAK).

Literatur

Lakkireddy D: Amulet IDE: Amplatzer Amulet left atrial appendage occluder randomised controlled trial, Hot Line - Amulet IDE,  ESC Congress 2021 – The Digital Experience, 27. bis 30. August 2021

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