Radial oder femoral? Metaanalyse findet klaren Sieger
Der transradiale Zugang bei der Koronarangiografie und PCI hat Vorteile gegenüber dem femoralen, dazu gibt es mehrere Studien. Eine Metaanalyse der Radial Trialists‘ Collaboraton (RTC) legt jetzt in Sachen Mortalität nach.
Die RTC ist eine internationale Gruppe von Kardiologen, die sich um klinische Studien zum Radialis-Zugang verdient gemacht haben. Unter anderem haben sie die große MATRIX-Studie durchgeführt, in der gezeigt wurde, dass das Risiko eines akuten Nierenversagens bei Patienten, die eine Koronarangiografie erhalten, geringer ist, wenn ein radialer im Gegensatz zu einem femoralen Zugang gewählt wird.
Radialer Zugang verspricht Überlebensvorteil
Dr. Giuseppe Gargiulo von der Universität Neapel hat beim ESC Kongress in Barcelona jetzt im Namen der RTC-Gruppe eine Metaanalyse präsentiert, die zeitgleich in Circulation publiziert wurde. Dafür wurden insgesamt sieben multizentrische, randomisierte Studien mit gut 21.000 Patientinnen und Patienten berücksichtigt; außer MATRIX waren das COLOR, RIFLE-STEACS, RIVAL, SAFE-PCI, STEMI-RADIAL und SAFARI-STEMI. Rund drei von vier Patienten waren PCI-Patienten, der Rest Koronarangiografie-Patienten. Weit überwiegend handelte es sich um Patientinnen und Patienten mit akutem Koronarsyndrom, etwa hälftig STEMI und NSTEMI.
Ziel der Metaanalyse sei es im Wesentlichen gewesen, belastbare Aussagen zur Mortalität machen zu können, so Gargiulo in Barcelona. Dafür waren die Einzelstudien zu klein.
Die Metaanalyse zeigt nun einen klaren Unterschied: Insgesamt 1,6% der Patienten in der Gruppe mit radialem Zugang waren bis 30 Tage nach Koronarangiografie/PCI verstorben, gegenüber 2,1% bei femoralem Zugang. Relativ sind das 23% weniger, was statistisch signifikant war (p=0,012). Etwas über 200 Patienten mit akutem Koronarsyndrom müssen demnach radial statt femoral kathetert werden, um einen Todesfall zu verhindern.
Diese Patientinnen und Patienten profitierten besonders
Es spricht einiges dafür, dass der Effekt unter anderem mit schweren Blutungen zu tun hat. Zum einen waren schwere Blutungen in der Gruppe mit radialem Zugang um 45% seltener, sie traten bei 1,5% statt 2,7% der Patienten auf. Zum anderen zeigen die Subgruppenanalysen, dass es in erster Linie Patienten mit relevanter Anämie waren, die in Sachen Sterblichkeit von dem radialen Zugang profitierten. In dieser Gruppe sank das Sterberisiko durch den Zugang über den Arm um 65%. Das war hoch signifikant (p=0,003), während sich die Mortalität in der Subgruppe der Patienten ohne Anämie nicht unterschied.
Inwieweit die Mortalitätssenkung rein auf die schweren Blutungen zurückgeht, ist etwas umstritten. Prof. Gregg Stone vom Mount Sinai Krankenhaus in New York wies darauf hin, dass es in der RTC-Metaanalyse auch Unterschiede zwischen STEMI- und NSTEMI-Patienten gebe. Vor allem die STEMI-Patienten profitierten demnach vom radialen Zugang, bei den NSTEMI-Patienten war der Nutzen längst nicht so ausgeprägt.
Von der pharmakologischen, gerinnungshemmenden Therapie war der Nutzen des radialen Zugangs weitgehend unabhängig, allerdings gab es auch hier eine Ausnahme: Patienten, die mit Bivalirudin behandelt wurden, hatten keinen Vorteil. Stone betonte, dass die Metaanalyse unabhängig von diesen Details in jedem Fall starke Argumente liefere, bei STEMI- und bei Anämie-Patienten den radialen Zugang zu bevorzugen. Umgekehrt liefere sie Hinweise, dass der femorale Zugang beim NSTEMI und bei nicht anämischen Patienten eher gleichwertig sei.
Literatur
Gargiulo G: RTC - Radial versus femoral access for coronary procedures, Hotline-Session 9; ESC Congress 2022, 26-29. August 2022 in Barcelona
Gargiulo G; Impact on Mortality and Major Bleeding of Radial Versus Femoral Artery Access for Coronary Angiography or Percutaneous Coronary Intervention: a Meta-analysis of Individual Patient Data From Seven Multicenter Randomized Clinical Trials; Circulation 2022; doi: 10.1161/CIRCULATIONAHA.122.061527