Sind bioresorbierbare Stents reif für ein Comeback?
Ergebnisse einer Langzeitstudie lassen einen bioresorbierbaren Stent der 2. Generation vorteilhafter erscheinen als entsprechende Gefäßstützen der 1. Generation. Ist damit das Comeback dieser auch als Scaffolds bezeichneten Koronarstents vorgezeichnet?
Die Hoffnung, dass bioresorbierbare Scaffolds (BRS), die nach einer gewissen Zeit wieder aus dem Körper verschwunden sind, im Vergleich zu dort permanent verbleibenden Metall-Stents ein günstigeres Sicherheitsprofil besitzen würden, haben aus einem Poly-L-Milchsäuregerüst bestehende Gefäßstützen der 1. Generation wie das Absorb-BRS bekanntlich nicht erfüllt. Gleichwohl wird an der technischen Weiterentwicklung dieser Art von Gefäßgerüsten, die nur so lange wie nötig ihre mechanische Stützfunktion im Koronargefäß erfüllen und sich dann selbst auflösen, derzeit gearbeitet.
Dünne Streben als potenzieller Vorteil
Beim Kongress EuroPCR 2022 in Paris hat PD Dr. Matthias Lutz vom Universitätsklinikum Schleswig-Holstein in Kiel jetzt 5-Jahres-Daten einer Studie mit einem BRS-System der 2. Generation vorgestellt. In der FANTOM-II-Studie ist das gleichnamige Fantom-BRS (REVA Medical) klinisch geprüft worden. Es wird aus einem neuartigen bioresorbierbaren Polymer hergestellt und zeichnet sich im Vergleich zu anderen BRS durch dünne Streben (125 µm), eine vereinfachte Platzierung sowie durch Röntgensichtbarkeit aus.
In der FANTOM-II-Studie sind insgesamt 240 Patientinnen und Patienten (Durchschnittsalter: 62,7 Jahre, 70,4% Männer) aus 28 Zentren nach Fantom-BRS-Implantation über mittlerweile fünf Jahre nachverfolgt worden. Knapp jeder zweite Teilnehmer war zuvor schon einmal einer perkutanen Koronarintervention (43,7%) oder Bypass-OP (2,8%) unterzogen worden. Gemäß den AHA/ACC-Kriterien für die Stenoseklassifizierung entsprachen die Koronarläsionen bei fast jedem zweiten Patienten (49,6%) einer Typ-B1-Stenose; 29,4% hatten Typ B2-, 18,5% Typ A- und 2,5% Typ C-Stenosen.
MACE-Rate von 6,3% nach fünf Jahren
Wie Lutz berichtete, betrug die Rate für schwerwiegende kardiovaskuläre Ereignisse (MACE, major adverse cardiovascular events) nach fünf Jahren 6,3% (15 Ereignisse). Unter diesen kombinierten Endpunkt fielen als Ereignisse sowohl kardial bedingte Todesfälle (1,7%) als auch alle Myokardinfarkte (1,7%) und klinisch notwendige Revaskularisationen der Zielläsion (TLR, target lesion revacularisation: 3,3%) in dieser Zeit. Die Rate für eine „Zielgefäßversagen“ (TLF, target lesion failure: kardial verursachter Tod, Myokardinfarkt im Zielgefäß und klinisch indizierte Zielläsionrevaskularisation) nach fünf Jahren belief sich auf 5,8% (14 Ereignisse).
Die meisten MACE-Ereignisse traten im ersten Jahr nach BRS-Implantation auf (4,2% nach einem Jahr), danach flachte sich die Kurve für die Ereignisrate deutlich ab, betonte Lutz. Drei wahrscheinliche oder definitive Scaffold-Thrombosen wurden beobachtet, von denen eine (0,4%) im ersten Monat und zwei (0,8%) nach mehr als einem Jahr auftraten. In der Zeit zwischen dem 36. und 60. Monat war keine Scaffold-Thrombose mehr zu verzeichnen, betonte Lutz.
„Exzellente“ Langzeitergebnisse
Nach Einschätzung des Kieler Kardiologen sind das „exzellente“ Langzeitergebnisse, die für die Sicherheit und Effektivität des Fantom-BRS sprechen. Doch reicht das schon, um von einer Renaissance der BRS-Therapie sprechen zu können? Das darf bezweifelt werden.
Zwar sprechen die präsentierten Daten dafür, dass das Fantom-BRS bezüglich der klinischen Ergebnisse besser als das 2017 wegen Sicherheitsproblemen vom Markt genommene Absorb-BRS ist. So erinnerte Lutz daran, dass die TLF-Rate in der ABSORB-III-Studie sowohl für das Absorb-BRS (17,5%) als auch für den damit verglichenen Xience-Stent (15,2%) nach fünf Jahren etwa dreimal so hoch war wie in der FANTOM-II-Studie.
Doch indirekte Vergleiche haben ihre Tücken. Wichtig zu wissen wäre vor allem, wie ein potenziell verbessertes BRS unter heutigen Praxisbedingungen im direkten Vergleich mit modernen Drug-Eluting-Stents abschneiden würde. Zuverlässige Erkenntnisse dazu können nur in randomisierten kontrollierten Vergleichsstudien gewonnen werden.
Was eine randomisierte Vergleichsstudie bisher ergeben hat
Solche Studien gibt es schon – wenn auch nicht mit dem Fantom-BRS. Beim letztjährigen EuroPCR-Kongress 2021 sind erste Ergebnisse der randomisierten FUTURE-II-Studie präsentiert worden. In dieser laufenden Studie wird das ebenfalls mit relativ dünnen Streben ausgestattete Firesorb-BRS eines chinesischen Herstellers mit einem modernen Drug-Eluting-Stent (Xience) verglichen.
Beim auf Bildgebungsdaten (Angiografie, OCT) basierten Vergleich beider Gefäßstützen erwies sich das Firesorb-BRS dem Metall-Stent nach einem Jahr als nicht unterlegen. Allerdings ist die Studie nicht groß genug angelegt, um Unterschiede bezüglich kardiovaskulärer Ereignisse aufdecken zu können. Derzeit läuft bereits die – allerdings einarmige – FUTURE-III-Studie, in der das Firesorb-BRS in einer Wirkung auf den primären Endpunkt TLF über fünf Jahre bei rund 1.200 Patienten klinisch geprüft werden soll.
Literatur
FANTOM II trial: safety and performance study, final five-year clinical outcomes. EuroPCR 2022, 17. – 20. Mai, Paris.