Herzinsuffizienz des HFpEF-Typs: Licht am Ende des Tunnels?
Die Suche nach prognoseverbessernden Therapien für Patienten mit Herzinsuffizienz bei erhaltener Ejektionsfraktion (HFpEF) verlief bislang äußerst enttäuschend. Jetzt gibt es zumindest einen Hoffnungsschimmer.
„SGLT2-Hemmer sind die neuen Statine“ – eine solche hoch greifende Bewertung des Stellenwerts von Gliflozinen in der kardiovaskulären Medizin ist inzwischen von Experten schon gelegentlich zu hören. Ist die SGLT2-Hemmung, für deren Nutzen in der Prävention kardiovaskulärer Ereignisse und in der Herzinsuffizienz-Therapie in jüngster Zeit quasi täglich neue Belege geliefert wurden, womöglich auch der Heilsbringer, der endlich den Durchbruch in der Behandlung von Patienten mit HFpEF bringen kann?
Positive Post-hoc-Analyse
Eine beim AHA-Kongress eher beiläufig präsentierte Post-hoc-Analyse von Daten aus zwei neuen randomisierten Studien zur Wirksamkeit des SGLT2-Hemmers Sotagliflozin sprüht diesbezüglich einen Funken Hoffnung. Ihre Ergebnisse legen eine signifikante Reduktion von kardiovaskulären Todesfällen und Klinikaufenthalten durch Sotagliflozin auch bei Patienten mit HFpEF nahe.
Es handelt sich dabei um eine retrospektive Analyse von Daten der beiden von Dr. Deepak Bhatt aus Boston beim AHA-Kongress präsentierten Sotagliflozin-Studie SCORED und SOLOIST-WHF. Primärer Endpunkt war eine Kombination aus den Ereignissen (Erst- und Folgeereignisse) kardiovaskulär verursachte Todesfälle oder Klinikeinweisungen sowie dringliche Hilfeleistungen wegen Herzinsuffizienz-Problemen (urgent visits).
In der kleineren SOLOIST-WHF-Studie konnte mit Sotagliflozin bei zuvor wegen dekompensierter Herzinsuffizienz hospitalisierten Patienten das Risiko für diesen kombinierten Endpunkt relativ um 33% reduziert werden (siehe Bericht hier). In der wesentlich größeren SCORED-Studie betrug die entsprechende Risikoreduktion 26% – in diesem Fall erzielt bei kardiovaskulären Risikopatienten mit Typ-2-Diabetes und chronischen Nierenerkrankungen mit und ohne Albuminurie (siehe Bericht hier).
Risikoreduktion um 33% bei HFpEF
Die von Bhatt ebenfalls präsentierte Post-hoc-Analyse basiert auf gepoolten Daten von 2497 Teilnehmern mit manifester Herzinsuffizienz aus SCORED- und SOLOIST-WHF, von denen 1758 eine Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion (HFrEF) und 739 eine Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion (HFpEF) aufwiesen
- Bei Patienten mit HFrEF wurde bezüglich des primären Endpunktes eine relative Risikoreduktion um 22% erzielt, die Ereignisraten pro 100 Patientenjahre betrugen hier 47,8 versus 60,4 (Hazard Ratio [HR]: 0,78, 95% Konfidenzintervall [KI]:0, 63 – 0,96, p=0,02).
- Bei Patienten mit HFpEF reduzierte Sotagliflozin das Risiko für diesen kombinierten Endpunkt ebenfalls signifikant relativ um 37%. Die Ereignisraten pro 100 Patientenjahre betrugen in diesem Fall 37,5 versus 59,0 (HR: 0,63, 95% KI 0,45 – 0,89, p=0,009).
Die bei Patienten mit HFrEF erzielten Ergebnisse sind nicht überraschend, sie bestätigen den bereits in den Studien DAPA-HF (mit Dapagliflozin) und EMPEROR-Reduced (mit Empagliflozin) gezeigten Nutzen der SGLT2-Hemmung bei Herzinsuffizienz dieses Typs.
Der definitive Beweis steht noch aus
Ein Novum sind dagegen die jetzt für die SGLT2-Hemmung erstmals gezeigten Therapieeffekt bei HFpEF. Aufgrund der Limitierungen retrospektiver Analysen sind aber auch nicht mehr als ein Hoffnungsschimmer, dass SGLT2-Hemmer bei dieser Indikation erfolgreicher sein könnten als die vielen zuvor in Studien erfolglosen Therapieansätze.
Den definitiven Beweis dafür können nur laufende randomisierte kontrollierte Studien wie DELIVER und EMPEROR Preserved erbringen. In der DELIVER-Studie wird derzeit bei mehr als 6.000 Patienten mit HFpEF (LVEF >40%, NYHA-Klasse II-IV sowie Zeichen einer strukturellen Herzerkrankung) geprüft, ob der SGLT2-Hemmer Dapagliflozin kardiovaskuläre Todesfälle und Herzinsuffizienz-bezogene Ereignisse wie Klinikaufenthalte substanziell reduziert.
In der Studie EMPEROR Preserved ist es der SGLT2-Hemmer Empagliflozin, der seine Wirksamkeit bei HFpEF primär anhand einer Reduktion von kardiovaskulären Todesfällen und Klinikeinweisungen wegen Herzinsuffizienz im Vergleich mit Placebo beweisen muss. Für die Studie ist eine Teilnehmerzahl von rund 5.750 Patienten mit HFpEF (LVEF >40%) geplant. Mit Ergebnissen wird schon für 2021 gerechnet.
Literatur
Vorgestellt von Dr.Deepak Bhatt in der Sitzung “Late-breaking Science VII” beim virtuellen Kongress der American Heart Association (AHA) 2020 (13. – 17. November 2020).