Akute Herzinsuffizienz: Frühe Therapie mit Empagliflozin von Vorteil
Bei wegen akuter Herzinsuffizienz hospitalisierten Patienten scheint es sich zu lohnen, eine Therapie mit dem SGLT2-Hemmer Empagliflozin bereits in der Zeit des Klinikaufenthalts einzuleiten. Dafür sprechen Ergebnisse einer beim AHA-Kongress vorgestellten Studie.
Die Strategie, eine Behandlung mit Empagliflozin bei stabilisierten Patienten mit akuter Herzinsuffizienz (de novo oder dekompensiert) bereits wenige Tage nach Aufnahme in eine Klinik zu starten, hat sich in der randomisierten EMPULSE-Studie nicht nur als sicher erwiesen. Nach frühem Therapiebeginn war zudem die Wahrscheinlichkeit, dass die Patienten in den nächsten Monaten von der Empagliflozin-Behandlung klinisch profitierten, signifikant höher als in der Placebo-Gruppe – unabhängig davon, ob sie einem Diabetes hatten oder nicht.
„Win Ratio“ spricht für klinischen Nutzen einer frühen Therapie
Primärer Studienendpunkt der EMPULSE-Studie war der „klinische Nutzen“ innerhalb von 90 Tagen nach Therapiebeginn. Definiert war dieser Endpunkt als Kombination aus allen Todesfällen, Häufigkeit von Herzinsuffizienz-Ereignissen, Zeit bis zum ersten Herzinsuffizienz-Ereignis sowie Veränderung der mithilfe eines herzinsuffizienzspezifischen Fragebogens (KCCQ-TSS) erfassten Lebensqualität der Patienten.
Gemessen wurde der auf Basis dieser Ereignisse festgestellte „klinische Nutzen“ anhand der sogenannten stratifizierten „Win Ratio“. Bei dieser Methode zur Analyse kombinierter Endpunkte wird eine „Win Ratio“ durch Zuordnung der Patienten zu „Siegern oder Verlierern“ bezüglich der Ereignisse ermittelt. Die so festgestellte Rate soll mehr über den Benefit einer geprüften Therapie aussagen als ein bloßer statistischer p-Wert.
Das sind die wesentlichen EMPULSE-Ergebnisse:
- Bei Patienten der Empagliflozin-Gruppe, bei denen die Therapie mit dem SGLT2-Hemmer im Median drei Tage nach Klinikaufnahme gestartet wurde, war die Wahrscheinlichkeit für einen „klinischen Nutzen“ in den drei Folgemonaten signifikant um 36% höher als in der Placebo-Gruppe (stratifizierte Win Ratio: 1,36; 95% Konfidenzintervall: 1,09-1,68, p=0,0054).
- Die Raten für die Mortalität (4,2% vs. 8,3%) und für Herzinsuffizienz-Ereignisse (10,6% vs. 14,7%) waren in dieser Zeit in der Empagliflozin-Gruppe numerisch niedriger als im Placebo-Arm.
- Entscheidender Treiber für den klaren Vorteil beim „klinischen Nutzen“ war eine signifikante Verbesserung der Lebensqualität durch Empagliflozin (Unterschied um 4,5 Punkte beim KCCQ-TSS zugunsten des SGLT2-Hemmers, p=0,0347).
- Anhaltspunkte für Sicherheitsbedenken gibt es nicht: Die Raten für schwere bzw. für alle unerwünschten Effekte waren in der Empagliflozin-Gruppe sogar niedriger als unter Placebo. Hypotonien oder Ketoazidosen wurden nicht beobachtet. Akutes Nierenversagen trat unter Empagliflozin im Vergleich seltener auf (7,7% vs. 12,1%).
Nutzen unabhängig vom Diabetes-Status
Der niederländische Studienleiter Dr. Adriaan A. Voors von der Universität Groningen hat die EMPULSE-Ergebnisse auf einer „Late-breaking science“-Sitzung beim virtuellen Kongress der American Heart Association (AHA 2021) vorgestellt. Es sei nicht nur sicher, sondern auch nutzbringend, mit der Therapie schon früh in der Klinik zu beginnen, so Voors. Der Nutzen der früh initiierten Therapie mit Empagliflozin war dabei unabhängig davon, welchen Herzinsuffizienz-Typ die Patienten aufwiesen oder ob sie einen Diabetes hatten oder nicht.
An der randomisierten placebokontrollierten Studie waren 530 stationär behandelte Patienten mit De-novo-Herzinsuffizienz (ein Drittel) oder dekompensierter chronischer Herzinsuffizienz (zwei Drittel) beteiligt. Nach klinischer Stabilisierung der Herzinsuffizienz war bei den im Schnitt rund 70 Jahre alten Teilnehmern (davon ein Drittel Frauen) nach Zufallszuteilung im Median drei Tage nach Klinikaufnahme eine Therapie mit Empagliflozin (10 mg/Tag) oder Placebo begonnen worden.
Nur bei knapp jedem zweiten Teilnehmer bestand auch ein Diabetes. Rund zwei Drittel aller Teilnehmer hatten angesichts einer linksventrikulären Auswurffraktion (LVEF) von 40% oder niedriger eine Herzinsuffizienz des HFrEF-Typs. Bei einem Drittel der Patienten lagen die Werte für die LVEF im Bereich über 40%.
Weitere und größere Studien werden folgen
EMPULSE liefert Daten zur Sicherheit und Wirksamkeit einer Therapie mit Empagliflozin in einem „Zeitfenster“, das bislang nicht im Fokus großer Herzinsuffizienz-Studien mit SGLT2-Hemmern wie EMPEROR-Reduced, EMPEROR-Preserved und DAPA-HF bei Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz stand. Die EMPULSE-Ergebnisse sprechen dafür, dass eine frühe SGLT2-Hemmer-Therapie auch bei Patienten mit De-novo-Herzinsuffizienz, für die es bislang kam Daten gab, klinisch von Nutzen ist.
Derzeit laufen weitere und zum Teil wesentlich größere Studien wie DICTATE-AHF und DAPA ACT HF-TIMI 68 (beide mit Dapagliflozin) zum Nutzen einer früh begonnenen SGLT2-Hemmer-Therapie bei hospitalisierten Patienten mit akuter Herzinsuffizienz. Voors rechnet damit, dass diese Studien am Ende einen Klasseneffekt von SGLT2-Hemmern in diesem klinischen „Setting“ bestätigen werden.
Literatur
Voors A: Efficacy and Safety of Empagliflozin in Hospitalized Heart Failure Patients: Main Results From the EMPULSE Trial, Late Breaking Science Session 5, AHA Congress, 13.-15. November 2021