Begünstigt COVID-19 die Entstehung einer Herzinsuffizienz?
Virusinfektionen können ein Trigger für die Entwicklung einer Herzinsuffizienz sein. Bei SARS-CoV-2 scheint das einer aktuellen Studie zufolge auch zuzutreffen – wobei das Risiko nur für wenige Patienten zu bestehen scheint.
Kardiologen müssen offenbar nicht mit einer Flut an neuen Herzinsuffizienz-Patienten als Folge der Corona-Pandemie rechnen. Einer aktuell publizierten retrospektiven Analyse zufolge ist die Rate an entsprechenden Neudiagnosen bei Patienten, die eine SARS-CoV-2-Infektion überstanden haben, gering.
Neudiagnose-Rate von 0,6%
So entwickelten von den 6.439 untersuchten COVID-19-Patienten 37 Personen in den folgenden Monaten eine Herzinsuffizienz, das entspricht einer Neudiagnose-Rate von 0,6%. Bei 6,6% der wegen COVID-19 hospitalisierten Patienten war bereits im Vorfeld der Infektion eine Herzinsuffizienz bekannt.
Bei den meisten Patienten mit einer Herzinsuffizienz-Neudiagnose hatte sich die Erkrankung angekündigt, es lagen also entsprechende Risikofaktoren vor. So waren 37,8% bereits im Vorfeld der Infektion kardiovaskulär erkrankt, 40,5% wiesen zumindest einen kardiovaskulären Risikofaktor auf.
Bei acht Patienten (21,6%) allerdings kam die Erkrankung ohne jegliche Vorboten. Die betroffenen Personen, überwiegend Männer, waren vergleichsweise jung, hatten ein geringeres Körpergewicht und weniger Begleiterkrankungen im Vergleich zu den anderen Herzinsuffizienzpatienten.
Jeder fünfte Patient hatte keine Risikofaktoren
„Obwohl die Punktprävalenz einer neuen Herzinsuffizienz gering ist, könnte bei einer bestimmten Gruppe an jungen Patienten ohne kardiovaskuläre Risikofaktoren oder entsprechender Vorerkrankungen die Herzinsuffizienz-Neudiagnose tatsächlich mit der COVID-19-Erkrankung in Verbindung stehen“, schließen die Studienautoren um Prof. Jesus Alvarez-Garcia aus diesen Vorfällen. Was genau bei diesen Patienten zu einer Herzinsuffizienz führte, können die Mediziner aus New York aktuell nicht sagen. Der spezifische, zugrunde liegende Mechanismus, durch den die Infektion eine neue Herzinsuffizienz begünstigt, müsse in weiteren Studien untersucht werden, erläutern sie die nächsten Schritte.
Aber: Keine Vergleichswerte
Auffällig ist, dass sich die acht Herzinsuffizienzpatienten ohne offensichtliche Risikofaktoren vergleichsweise häufiger mit einem kardiogenen Schock und einem akuten Koronarsyndrom präsentierten und auch häufiger intensivmedizinisch behandelt und intubiert werden mussten als die anderen Herzinsuffizienzpatienten. Ihre intrahospitale Mortalität war am Ende aber deutlich geringer, nur einer der acht Patienten verstarb während des Krankenhausaufenthaltes.
Erschwert wird die Interpretation der Daten allerdings dadurch, dass ein Vergleich fehlt bzw. es keine Kontrollgruppe gab. Beispielsweise wäre es interessant zu wissen, wie viel Neudiagnosen einer Herzinsuffizienz bei anderen, nicht wegen COVID-19 hospitalisierten Patienten im selben Zeitraum aufgetreten sind.
Die Patienten in der aktuellen Analyse wurden alle zwischen dem 27. Februar und 26. Juni 2020 in ein Mount Sinai Hospital in New York eingewiesen und bis zum 7. Oktober nachbeobachtet.
Literatur
Alvarez-Garcia J et al. New Heart Failure Diagnoses Among Patients Hospitalized for COVID-19; J Am Coll Cardiol. 2021;77(17):2260–2