Herzinsuffizienz: Sacubitril/Valsartan auch bei niedrigem Blutdruck von Vorteil
Niedrige Blutdruckwerte bei Patienten mit systolischer Herzinsuffizienz sind per se kein Grund, auf eine Therapie mit Sacubitril/Valsartan zu verzichten. Denn auch diese Patienten profitieren von einer Reduktion des Sterberisikos, wie Ergebnisse einer neuen Analyse der PARADIGM-HF-Studie nahelegen.
Viele Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz und niedriger Auswurffraktion haben auch einen niedrigen Blutdruck. Studien haben wiederholt gezeigt, dass niedrige Blutdruckwerte bei Herzinsuffizienz mit einer erhöhten Mortalität assoziiert sind.
Das macht die Wahl der Therapie nicht gerade leicht. Denn praktisch alle Medikationen, die bei Herzinsuffizienz nachweislich die Prognose verbessern, senken mehr oder weniger den Blutdruck. Im Fall des dual wirksamen Angiotensin-Rezeptor-Neprilysin-Inhibitors (ARNI) Sacubitril/Valsartan, der sowohl das Renin-Angiotensin-System hemmt als auch die Aktivität von vasoaktiv wirksamen natriuretischen Peptiden verstärkt, ist die blutdrucksenkende Wirkung sogar relativ ausgeprägt.
Schwierige Therapiewahl
Der behandelte Arzt steht damit vor der Frage, ob er mit dieser Therapie Herzinsuffizienz-Patienten mit niedrigem Blutdruck etwas Gutes tut oder sie womöglich aufgrund einer zu starken Blutdrucksenkung einem erhöhten Risiko aussetzt. Lässt man sich von den Bedenken leiten, wird den Patienten aber womöglich eine lebensverlängernde Therapie vorenthalten.
Doch wie berechtigt sind diese Bedenken eigentlich? Dieser Frage ist eine Forschergruppe um den Kardiologen Professor Michael Böhm aus Homburg/Saar in einer „exploratorischen Post-hoc-Analyse“ von Daten der PARADIGM-HF-Studie nachgegangen.
Höhere Mortalität bei niedrigem Blutdruck
In PARADIGM-HF sind bekanntlich mehr als 8.400 Patienten mit systolischer Herzinsuffizienz additiv zur bestmöglichen Standardtherapie mehr als zwei Jahre lang entweder mit Sacubitril/Valsartan oder mit dem ACE-Hemmer Enalapril als aktiver Referenzsubstanz behandelt worden. Im Vergleich zu Enalapril reduzierte die ARNI-Therapie die Rate für kardiovaskuläre Todesfälle und durch Herzinsuffizienz bedingte Klinikeinweisungen (primärer kombinierter Endpunkt) relativ um 20 Prozent, die Gesamtsterberate um 16 Prozent, die kardiovaskuläre Mortalität um 20 Prozent und Klinikeinweisungen infolge sich verschlechternder Herzinsuffizienz um 21 Prozent. Alle relativen Risikoreduktionen waren statistisch signifikant.
ARNI-Therapie blutdruckunabhängig von Vorteil
In ihrer aktuellen Analyse hat die Gruppe um Böhm zum einen die Beziehung zwischen systolischem Ausgangsblutdruck und der Mortalität, zum anderen die relative Wirksamkeit von Sacubitril/Valsartan in Abhängigkeit von der Höhe des Ausgangsblutdrucks der Patienten untersucht. Es zeigte sich, dass die Raten für Gesamt- und kardiovaskuläre Mortalität in der Subgruppe der insgesamt 1747 Patienten mit den niedrigsten systolischen Blutdruckwerten (< 110 mmHg) relativ am höchsten waren.
Das hatte allerdings nichts mit der Sacubitril/Valsartan-Therapie zu tun. Denn deren in Relation zur Enalapril-Therapie nachgewiesenen Vorteile waren unabhängig davon, welcher Blutdruck-Kategorie die Patienten zugeordnet waren. So profitierten auch Patienten mit niedrigem Blutdruck hinsichtlich des primären Studienendpunkts von einer relativen Risikoreduktion um 12% (Hazard Ratio 0,88; 95% CI 0,74-1,06)). Bei Patienten mit systolischen Ausgangswerten von 140 mmHg oder höher betrug die Risikoreduktion 19% (HR: 0,81; 0,65-1,02). Symptomatische Hypotonien, Dosisreduktionen bei der Studienmedikation sowie Therapieabbrüche wurden in der Subgruppe mit niedrigem Blutdruck häufiger beobachtet.
Limitierung der Studie
Das Ergebnis der PARADIGM-HF-Analyse ist jedoch nicht umstandslos auf alle Patienten mit systolischer Herzinsuffizienz übertragbar. Als Limitierung gilt zu bedenken, dass der Studie eine „Run-In“-Phase vorgeschaltet war, in der potenzielle Studienteilnehmer danach selektiert wurden, ob sie die Sacubitril/Valsartan- und Enalapril-Therapie in der vorgesehenen Dosierung auch tolerierten. Repräsentativ sind die Ergebnisse der aktuellen Analyse somit nur für diese selektierte Patientengruppe.
Auf die Frage, warum die Mortalität bei Patienten mit Herzinsuffizienz und niedrigem Blutdruck höher ist, kann auch die neue Analyse keine definitive Auskunft geben. Dass es daran liegt, dass diese Patienten wegen ärztlicher Sicherheitsbedenken suboptimal behandelt erhalten, lässt sich ausschließen; denn auch Patienten mit niedrigem Blutdruck erhielten in der Studie ebenso wie jene mit höheren Blutdruckwerten eine optimale Behandlung – und dennoch war ihr Sterberisiko höher.
Eine Hypothese lautet, dass ein niedriger Blutdruck bei Herzinsuffizienz ein Marker für einen allgemein schlechten Gesundheitszustand der Patienten ist. Auch diese Hypothese wird durch die aktuelle Analyse nicht gestützt. Denn Studienteilnehmer mit niedrigem Blutdruck boten keine Anhaltspunkte dafür, dass bei ihnen die Herzinsuffizienz fortgeschrittener oder die Komorbidität ausgeprägter war.
Literatur
Böhm M. et al.: Systolic blood pressure, cardiovascular outcomes and efficacy and safety of sacubitril/valsartan (LCZ696) in patients with chronic heart failure and reduced ejection fraction: results from PARADIGM-HF. Eur Heart J 2017, online 1. Februar