Ist Fracking schädlich fürs Herz?
Die Fracking-Technologie zur Erschließung unkonventioneller Erdgasvorkommen ist in Deutschland umstritten. Nun legt eine Studie aus den USA nahe, dass die Bedenken auch mit Blick auf die Herzgesundheit gerechtfertigt sein könnten.
Herzinsuffizienz-Patienten, die nahe an Fracking-Lagerstätten leben, haben einer neuen Analyse zufolge ein erhöhtes Risiko, wegen einer Verschlechterung der Erkrankung in ein Krankenhaus eingewiesen zu werden. Die Assoziation war besonders stark bei Personen, die eine schwere Einschränkung der Herzfunktion aufwiesen.
Dies deute darauf hin, dass vulnerable Personen mit schwerer Herzinsuffizienz besonders anfällig für die negativen Auswirkungen von Aktivitäten der unkonventionellen Erdgasförderung sind, resümieren die Studienautoren um Prof. Tara McAlexander in der Publikation im Journal of the American College of Cardiology.
Fracking in Deutschland umstritten
Beim Hydraulic Fracturing, kurz Fracking, werden zur Gewinnung von Erdgas- oder Erdölvorkommen in tiefen Gesteinsschichten Bohrungen vorgenommen. Danach wird mit hohem Druck eine Flüssigkeitsmedium, bestehend aus Wasser, Chemikalien und Sand, in die tiefen Gesteinsschichten gepresst, um Risse im Gestein zu erzeugen, welche die dort befindlichen Gase besser zugänglich machen.
Aufgrund der Auswirkungen auf die Umwelt ist das Verfahren in Deutschland umstritten, und es bestehen weitreichende Verbote, die den Einsatz hierzulande stark limitieren. Kritisiert werden u.a. die damit einhergehende Lärmbelastung, Luft- sowie Wasserverschmutzungen.
Herzinsuffizienz-Patienten scheint Fracking nicht gut zu tun
Wie sich die Effekte des Fracking auf die Herzgesundheit auswirken könnten, lassen die aktuellen Ergebnisse erahnen. McAlexander und sein Team von der Johns Hopkins Bloomberg School of Public Health in Baltimore haben Versichertendaten mit den unterschiedlichen Phasen der Fracking-Abbaumethode in Beziehung gesetzt. Dabei stellten sie fest, dass Herzinsuffizienz-Patienten, die dem Fracking-Aktivitäten räumlich stark ausgesetzt waren, vermehrt ins Krankenhaus eingewiesen werden mussten.
So ging eine starke Exposition mit der Phase der Quellenaufbereitung mit einem relativ um 70% erhöhten Hospitalisierungs-Risiko einher im Vergleich zu einer geringen Aktivität (adjustierte Odds Ratio, OR: 1,70), eine 80%ige relative Risikoerhöhung zeigte sich in der Stimulations-Phase, und eine starke Exponierung während der Produktionszeit war mit einem 62% relativ erhöhten Risiko assoziiert. Einzig die Zeit, in der die Bohrungsarbeiten vorgenommen worden sind, zeigte keinen Zusammenhang mit der Hospitalisierungsrate.
Aber: Ist Fracking ursächlich schuld?
Insgesamt sind in die Analyse Daten von etwas mehr als 9.000 Herzinsuffizienz-Patienten aus Pennsylvania – einem US-Bundesstaat mit hohem Fracking-Aufkommen – eingeflossen. Die Personen waren über einen Zeitraum von acht Jahren den Aktivitäten der unkonventionellen Erdgasgewinnung in unterschiedlichem Ausmaße ausgesetzt. Jene, die aufgrund ihrer Erkrankung in eine Klinik eingewiesen werden mussten, wurden als Fälle gezählt (n=5.893), die anderen Herzinsuffizienz-Patienten ohne Krankenhauseinweisung als Kontrolle.
Der zu beobachtende Zusammenhang mit den Fracking-Aktivitäten zeigte sich gleichermaßen für Menschen, die an einer Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion (HFpEF) und einer Herzinsuffizienz mit reduzierter EF (HFeEF) erkrankt waren.
Da diese Fall-Kontroll-Studie allerdings nur Assoziationen aufzeigt, kann das Fracking derzeit nicht kausal für die Verschlechterung der Herzinsuffizienz verantwortlich gemacht werden. So könnten beispielsweise soziale Faktoren, die mit dem Wohnort zusammenhängen, das Ergebnis verzerrt haben. Die Studienautoren glauben allerdings nicht, dass das Ausmaß der Effektgröße durch unbekannte Störfaktoren zu erklären ist. Das sei unwahrscheinlich, schreiben sie. Die Assoziation sei auch nach Adjustierung auf räumliche wie zeitliche Faktoren sowie in einer multivarianten Sensitivitätsanalyse robust geblieben.
Eine konkrete pathophysiologisch Erklärung geben die Studienautoren in der aktuellen Publikation nicht. Dafür benötige es weitere Forschungsarbeit.
Literatur
McAlexander T et al. Unconventional Natural Gas Development and Hospitalization for Heart Failure in Pennsylvania J Am Coll Cardiol. 2020, 76(24):2862–74