SGLT2-Hemmer: Harnsäure-Senkung als positiver Nebeneffekt
Empagliflozin reduzierte in einer großen Herzinsuffizienz-Studie auch Harnsäurespiegel und Gicht-Ereignisse. Für den klinischen Nutzen des SGLT2-Hemmers bei Herzinsuffizienz ist dieser positive Nebeneffekt aber wohl nicht von Relevanz.
Herzinsuffizienz und Hyperurikämie gehen oft Hand in Hand. Es mehren sich die Hinweise darauf, dass SGLT2-Hemmer wie Empagliflozin, die inzwischen zu einer neuen Säule in der Standardtherapie bei Herzinsuffizienz avanciert sind, auch günstige Effekte auf die Harnsäurekonzentration haben und Gicht reduzieren können. Noch ist unklar, welchen Anteil diese Facette im Wirkspektrum der SGLT2-Hemmer an ihrer klinischen Wirkung bei Herzinsuffizienz hat.
Aufschluss darüber gibt nun eine neue Analyse einer Arbeitsgruppe um Prof. Wolfram Döhner von der Charité - Universitätsmedizin Berlin, die auf Daten der Herzinsuffizienz-Studie EMPEROR-Reduced mit Empagliflozin basiert. Sie bestätigt zum einen, dass Empagliflozin bei Patienten mit Herzinsuffizienz und reduzierter Auswurffraktion (HFrEF) die Harnsäurekonzentration im Blut sowie klinische Ereignisse, die in Bezug zur Hyperurikämie stehen, signifikant reduzierte. Zum anderen zeigt sie, dass die in der Studie dokumentierte signifikante Reduktion von kardiovaskulären Todesfällen und Hospitalisierungen wegen Herzinsuffizienz (primärer kombinierter Endpunkt) durch Empagliflozin bei HFrEF unabhängig von den Veränderungen der Harnsäurespiegel war.
Hohe Prävalenz von Hyperurikämie bei Herzinsuffizienz
Döhner und sein Team haben für ihre aktuelle Analyse Daten von 3.676 Teilnehmerinnen und Teilnehmern der EMPEROR-Reduced-Studie (98,6% des Originalkollektivs) ausgewertet, die alle eine Herzinsuffizienz des HFrEF-Typs (linksventrikuläre Auswurffraktion < 40%) aufwiesen.
Die Analyse bestätigt einmal mehr die häufige Koexistenz von Herzinsuffizienz und Hyperurikämie. Als Hyperurikämie definierte Serumharnsäurewerte (>5,7 mg/dl für Frauen und >7,0 mg/dl für Männer) wurden zu Beginn bei 53% aller Studienteilnehmerinnen und -teilnehmern gemessen.
Harnsäurespiegel war ein unabhängiger Risikoprädiktor
Je nach Höhe ihrer Harnsäurespiegel sind die Studienteilnehmer geschlechtsspezifisch in drei Gruppen (Terzile) eingeteilt worden. Mit steigenden Serumharnsäurewerten nahm sowohl der Schweregrad der Herzinsuffizienz als auch die Häufigkeit von klinischen Ereignissen zu.
So hatten Patienten mit Werten im oberen Drittel (im Mittel 9,38 mg/dl) in der adjustierten Analyse ein um 64% höheres Risiko für Ereignisses des primären Studienendpunktes als Patienten im unteren Drittel (Hazard Ratio, HR: 1,64; 95%-KI: 1,28–2,10). Im Hinblick auf Gesamtsterblichkeit und kardiovaskuläre Mortalität war das Risiko in der Gruppe mit den relativ höchsten Serumharnsäurewerten um 80% (HR: 1,8; 95% KI: 1,29–2,49) respektive um 98% (HR: 1,98; 95%-KI: 1,35–2,91) erhöht.
Harnsäurewerte und Hyperurikämie-bezogene Ereignisse signifikant reduziert
In der Verumgruppe hatte die Behandlung mit Empagliflozin eine rasche und anhaltende Reduktion der Harnsäurespiegel zu Folge. Nach vier Wochen resultierte im Vergleich zu Placebo eine signifikante mittlere Abnahme um 1,12 mg/dl (p < 0,001). Dieser Unterschied blieb über die gesamte Studiendauer weitgehend bestehen. Die Reduktion der Harnsäurespiegel war in der Terzile mit den höchsten Ausgangswerten am stärksten ausgeprägt (mittlere Abnahme um 1,75 mg/dl).
Empagliflozin reduzierte zudem die Inzidenz von in Bezug zur Hyperurikämie stehenden klinischen Ereignissen wie Gicht, Gicht-Arthritis und Initiierung einer medikamentösen Hyperurikämie-Therapie. Entsprechende Ereignisse wurden bei 94 Patienten in der Empagliflozin-Gruppe und 135 Patienten in der Placebo-Gruppe registriert. Der Unterschied entspricht einer signifikanten relativen Risikoreduktion um 32% durch den SGLT2-Hemmer im Vergleich zu Placebo (HR: 0,68; 95% KI: 0,52–0,89, p = 0,004).
Klinischer Nutzen war unabhängig von Harnsäure-Veränderungen
Hauptergebnis der EMPEROR-Studie war bekanntlich, dass Empagliflozin als primäre Endpunkte definierte Ereignisse (kardiovaskuläre Todesfälle und Hospitalisierungen wegen Herzinsuffizienz) signifikant um 25% reduzierte. Der günstige Effekt des SGLT2-Hemmers auf diese Ereignisse erwies sich in der neuen Analyse als unabhängig sowohl von den Harnsäure-Ausgangswerten der Teilnehmer als auch von den durch Empagliflozin bewirkten Harnsäure-Veränderungen.
Eine signifikante Interaktion zwischen Harnsäurespiegel und Therapieeffekt wurde allerdings beim Endpunkt Mortalität festgestellt. So war die Empagliflozin-Therapie bei Patienten mit Serumharnsäurewerten im oberen Drittel mit einer signifikanten Abnahme der kardialen wie auch der Gesamtmortalität assoziiert. In der Gruppe mit Werten im unteren Drittel fand sich keine entsprechende Assoziation. Dieses Ergebnis könne allerdings mit aller Vorsicht nur als „Hypothesen-generierend“ eingestuft werden, betonen die Studienautoren um Döhner.
Wie ist der Harnsäure-senkende Effekt der SGLT2-Hemmung zu erklären. Eine Hypothese lautet, dass es aufgrund des Anstiegs der Glukosekonzentration im Harn sekundär zu einer vermehrten Ausscheidung von Harnsäure kommt. Nach Ansicht von Döhner und seinen Mitautoren gibt es allerdings Anhaltspunkte dafür, dass darüber hinaus noch weitere Mechanismen wie eine Reduktion von inflammatorischen Zytokinen und von oxidativem Stress im Spiel sein könnten.
Literatur
Döhner W. et al. Uric acid and sodium-glucose cotransporter-2 inhibition with empagliflozin in heart failure with reduced ejection fraction: the EMPEROR-reduced trial. Eur Heart J 2022, ehac320, https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehac320