SGLT2-Hemmer bei Herzinsuffizienz: Wirkung im Schnelltempo
Neue Analysen von Daten aus Studien mit Dapagliflozin geben einen genaueren Einblick in die Wirkweise dieses SGLT2-Hemmers bei Herzinsuffizienz. Sie zeigen unter anderem, wie schnell dessen klinische Wirkung bei dieser Erkrankung in Erscheinung tritt.
Ist die Reduktion der kardialen Mortalität durch Dapagliflozin bei Herzinsuffizienz mit der Wirkung auf spezifische Todesursachen zu erklären? Und wie lange dauert es, bis ein klinischer Nutzen des SGLT2-Hemmers bei dieser Indikation erstmals offenkundig wird?
Zur Beantwortung dieser Fragen haben Forscherteams inzwischen zwei sekundäre Analysen von Daten der beiden großen Dapagliflozin-Studien DAPA-HF und DELIVER bei Herzinsuffizienz durchgeführt. Ergebnis war zum einen, dass die Mortalitätssenkung durch Dapagliflozin wohl primär auf eine Abnahme von plötzlichen Todesfällen sowie von Todesfällen infolge Herzinsuffizienz-Verschlechterung zurückzuführen ist. Zum anderen zeigte sich im Hinblick auf das „Timing“ der Wirkung, dass eine signifikante Reduktion von Ereignissen des primären Endpunktes (kardiovaskulärer Tod oder Herzinsuffizienz-Verschlechterung) schon nach knapp zwei Wochen nachweisbar war und danach dauerhaft signifikant blieb.
Beide Analysen sind jüngst beim Kongress der Heart Failure Society of America (HFSA) 2022 in Washington, DC, vorgestellt und simultan in „JAMA Cardiology“ publiziert worden.
Daten aus DAPA-HF und DELIVER gepoolt
Für die Analyse zum Einfluss auf spezifische Todesursachen hat eine Autorengruppe unter Leitung von Dr. Akshay Desai vom Brigham and Women’s Hospital in Boston gepoolte individuelle Daten von insgesamt 11.007 Patientinnen und Patienten aus den beiden Herzinsuffizienz-Studien DAPA-HF und DELIVER herangezogen. An DAPA-HF waren bekanntlich Patienten mit erniedrigter linksventrikulärer Ejektionsfraktion (LVEF ≤40%, HFrEF), an DELIVER Patienten mit mild reduzierter oder erhaltener LVEF (>40%, HFmrEF oder HFpEF) beteiligt.
In der gepoolten Studienpopulation (mittleres Alter 71,7 Jahre, 70% Männer), die für die gesamte Bandbreite der LVEF bei Herzinsuffizienz steht, waren im Beobachtungszeitraum insgesamt 1.628 Todesfälle zu verzeichnen. In 53,5% der Fälle war die Todesursache als kardiovaskulär, in 29,9% als nicht-kardiovaskulär und in 16,5% als unklar klassifiziert worden.
Die Dapagliflozin-Therapie ging in dieser Population im Vergleich zu Placebo mit einer signifikanten relativen Reduktion der kardialen Mortalität um 14% einher (3,9% vs. 4,5%; Hazard Ratio, HR: 0,86; 95%-KI: 0,75–0,98; p = 0,02). Dieser Unterschied war im Wesentlichen auf eine niedrigere Inzidenz von plötzlichen Todesfällen (1,9% vs. 2,3%; HR: 0,84; 95%-KI: 0,70-1,01; p = 0,07) und von durch progrediente Herzinsuffizienz verursachten Todesfällen (1,3% vs. 1,5%; HR: 0,88; 95% KI: 0,70-1,11; p = 0,30) in der Dapagliflozin-Gruppe zurückzuführen.
Kein Unterschied bei Herzinfarkten und Schlaganfällen
Bei der Herzinfarkten oder Schlaganfällen zugeschriebenen Mortalität gab es dagegen bei relativ niedrigen Inzidenzraten von 0,2% und 0,3% keinen Unterschied zugunsten des SGLT2-Hemmers. Auch die nicht-kardiovaskuläre Mortalität blieb davon unbeeinflusst (2,4% vs. 2,3%).
Die zweite Analyse zum „Timing“ des klinischen Nutzens von Dapagliflozin basiert ausschließlich auf Daten der DELIVER-Studie bei 6.263 Patientinnen und Patienten mit Herzinsuffizienz und LVEF >40%. Ihre Ergebnisse hat Dr. Muthiah Vaduganathan vom Brigham and Women’s Hospital in Boston beim HFSA-Kongress 2022 vorgestellt.
Bekanntlich hat Dapagliflozin in der DELIVER-Studie das Risiko für den primären Endpunkt, bestehend aus kardiovaskulärem Tod oder klinischer Herzinsuffizienz-Verschlechterung (ganz überwiegend Klinikeinweisungen), im Follow-up-Zeitraum der Studie (im Median 2,3 Jahre) signifikant um 18% im Vergleich zu Placebo reduziert (Inzidenz: 16,4% vs. 19,5%; HR: 0,82; 95%-KI: 0,73 – 0,92; p<0,001).
Unterschied beim primären Endpunkt nach 13 Tagen erstmals signifikant
Die Gruppe um Vaduganathan hat nun danach geschaut, wie viel Zeit es brauchte, bis im Hinblick auf den primären Endpunkt erstmals ein signifikanter Unterschied zugunsten von Dapagliflozin erkennbar wurde. Das ging sehr schnell, ergab die Analyse: Bereits 13 Tage nach Randomisierung erreichte der Unterschied zwischen Dapagliflozin- und Placebo-Gruppe für diesen kombinierten Endpunkt erstmals nominelle Signifikanz (HR: 0,45; 95%-KI: 0,20–0,99; p = 0,046). Ab dem 15. Tag hatte die Signifikanz dann dauerhaft Bestand.
Bezüglich aufgetretener und zumeist mit Klinikeinweisungen verbundener Verschlechterungen der Herzinsuffizienz als Endpunkt wurde statistische Signifikanz erstmals am 16. Tag nach Randomisierung erreicht (HR: 0,45; 95% KI: 0,21–0,96; p = 0,04). Auch in diesem Fall blieb die Signifikanz in der Folgezeit dann dauerhaft bis zum Studienende erhalten.
Literatur
Kongress der Heart Failure Society of America (HFSA) 2022, 30. September bis 3. Oktober 2022, Washington, DC
Desai AS. et al. Effect of Dapagliflozin on Cause-Specific Mortality in Patients With Heart Failure Across the Spectrum of Ejection Fraction - A Participant-Level Pooled Analysis of DAPA-HF and DELIVER. JAMA Cardiol. 2022. doi:10.1001/jamacardio.2022.3736
Vaduganathan M. et al. Time to Clinical Benefit of Dapagliflozin in Patients With Heart Failure With Mildly Reduced or Preserved Ejection Fraction - A Prespecified Secondary Analysis of the DELIVER Randomized Clinical Trial. JAMA Cardiol. 2022; doi:10.1001/jamacardio.2022.3750