Neuer Blutdrucksenker im Wechselbad konträrer Studiendaten
Konträr zu sehr erfreulichen Ergebnissen einer vorangegangenen Studie lief es für den neuen Blutdrucksenker Baxdrostat in der beim ACC-Kongress präsentierten HALO-Studie alles andere als optimal. Das lag aber möglicherweise nicht an mangelnder antihypertensiver Wirksamkeit.
Baxdrostat, ein selektiver Inhibitor des Enzyms Aldosteronsynthase, hat das Potenzial, auch bei als „therapieresistent“ eingestufter Hypertonie noch eine substanzielle Blutdrucksenkung bewirken zu können. Diese Einschätzung wird jedenfalls durch die im November 2022 beim AHA-Kongress präsentierte Phase-II-Studie BrigHTN gestützt, in der Baxdrostat in der 2-mg-Dosierung den systolischen und diastolischen Blutdruck der Teilnehmer Placebo-adjustiert um -11,0 mmHg respektive -8,1 mmHg jeweils signifikant gesenkt hat.
Kein signifikanter Unterschied beim Blutdruck
Umso mehr verwundern die davon abweichenden Ergebnisse der jüngst von Studienleiter Prof. Deepak Bhatt, Icahn School of Medicine at Mount Sinai, New York, beim ACC-Kongress 2023 präsentierten HALO-Studie. Zwar reduzierte der Aldosteronsynthase-Hemmer den systolischen Blutdruck bei Patienten mit „unkontrollierter“ Hypertonie nach acht Wochen dosisabhängig um 16,0 bis 19,8 mmHg in Relation zum Ausgangswert – in Relation zu einer beachtlichen Abnahme des systolischen Blutdrucks um 16,6 mmHg in der Placebo-Gruppe war das jedoch zu wenig für einen signifikanten Unterschied.
Beträchtliche Blutdrucksenkung in der Placebo-Gruppe
Beim kardiologischen Online-Dienst TCTMD ging Studienleiter Bhatt auf potenzielle Gründe für das unerwartete Ergebnis ein. Er hält es für möglich, dass die Patienten im Wissen um ihre Studienteilnahme schlicht ihr Verhalten im Sinne einer bessere Compliance bezüglich der Einnahme ihrer antihypertensiven Basismedikation geändert haben. Ob dieses Hawthorne-Effekt genannte Phänomen tatsächlich die Unterschiede zwischen den Behandlungsgruppen verwischt hat, ist aber noch spekulativ.
Weniger spekulativ ist, dass paradoxerweise auch mangelnde Therapieadhärenz („Non-Adherence“) als Faktor im Spiel gewesen sein könnte. Zur Überprüfung der Therapieadhärenz haben die Studienautoren bei allen Teilnehmern zum Zeitpunkt nach acht Wochen die Baxdrostat-Plasmaspiegel gemessen. Dabei wurde offenkundig, dass in der mit Baxdrostat in der 2-mg-Dosierung behandelten Gruppe 20 von 54 Patienten (36%) so niedrige Plasmaspiegel (unter 0,2 ng/ml) aufwiesen, dass praktisch von einer Nichteinnahme der Studienmedikation auszugehen war. Rein auf Basis der Tabletten-Zählung („pill count“), die in allen Gruppen eine Adhärenz von >95% suggerierte, war am Einnahmeverhalten dagegen nichts zu beanstanden.
Signifikanter Effekt bei therapieadhärenten Patienten
Eine Post-hoc-Analyse bei denjenigen Patienten, deren Plasmaspiegel für eine ausreichende Compliance sprachen, ergab denn auch, dass Baxdrostat in der 2-mg-Dosierung den systolischen Blutdruck bei ihnen nach acht Wochen signifikant um 7,9 mmHg im Vergleich zu Placebo gesenkt hatte (p < 0,01).
Die Verträglichkeit von Baxdrostat war gut. „Unerwünschte Effekte von speziellem Interesse“ wurden nur bei sechs Studienteilnehmern beobachtete (Hyperkaliämie/Kaliumerhöhung in vier Fällen, Hyponatriämie und Hypotension in je einem Fall). In allen Fällen waren die Veränderungen nach vorübergehender Unterbrechung oder Absetzen der Therapie reversibel.
An der Phase-II-Studie HALO waren 249 Patientinnen und Patienten mit „unkontrollierter“ Hypertonie beteiligt. Trotz antihypertensiver Monotherapie mit einem RAS-Blocker (ACE-Hemmer oder Angiotensin-Rezeptorblocker) oder Kombitherapie mit einem RAS-Blocker plus Kalziumantagonist bzw. Thiaziddiuretikum lagen ihre im Sitzen gemessenen systolischen Blutdruckwerte zu Beginn noch im Bereich ≥ 140 mmHg.
Nach einer Run-in-Phase erfolgte die Zuteilung zu vier Behandlungsgruppen, in denen die Teilnehmer additiv zur Basistherapie acht Wochen lang entweder Baxdrostat (0,5 mg, 1 mg oder 2 mg) oder Placebo erhielten. Nach dieser Zeit resultierten signifikante mittlere Senkungen des systolischen Blutdrucks (primärer Endpunkt) von -17,0 mmHg (Baxdrostat 0,5 mg), -16,0 mmHg (1 mg-Dosis), -19,8 mmHg (2 mg-Dosis) und -16,6 mmHg (Placebo).
Der Anteil an Patienten, bei denen ein systolischer Blutdruckwert unter 130 mmHg erreicht wurde, betrug in den drei Baxdrostat-Dosisgruppen 57,1%, 53,2%, und 71,7% sowie 56,3% in der Placebo-Gruppe. Auch für diesen sekundären Endpunkt waren die Unterschiede nicht signifikant.
Aldosteronspiegel im Blut wurden deutlich gesenkt
Die Baxdrostat-Therapie ging mit einer deutlichen Reduktion der Aldosteronspiegel im Blut und einer Zunahme der Plasmarenin-Aktivität einher. Allerdings waren diese hormonellen Veränderungen nicht so ausgeprägt wie in der BrigHTN-Studie – was Bhatt als weiteren Hinweis auf eine potenziell schlechtere Therapieadhärenz in der HALO-Studie interpretierte.
Derzeit laufen noch zwei weitere Phase-II-Studien mit Baxdrostat bei Patienten mit chronischen Nierenerkrankungen sowie mit primärem Hyperaldosteronismus. Die Frage ist nun, ob im nächsten Schritt eine größere Phase-III-Studie auf den Weg gebracht wird. Der Pharmakonzern AstraZeneca hatte Ende Februar gemeldet, die Übernahme des bislang mit der klinischen Entwicklung von Baxdrostat befassten Unternehmens CinCor Pharma abgeschlossen zu haben. Mit Baxdrostat will AstraZeneca nach eigenen Angaben seine „kardiorenale Pipeline stärken“.
Literatur
D. Bhatt: Results From A Phase 2, Double-blind, Placebo-controlled Trial Evaluating The Efficacy And Safety Of Baxdrostat In Patients With Uncontrolled Hypertension. Featured Clinical Research I. ACC-Kongress 2023, 4. – 6. März 2023, New Orleans.