Nachrichten 07.02.2023

Renale Denervation: Blutdrucksenkung über zehn Jahre?

Eine vor zehn Jahren vorgenommene katheterbasierte renale Denervation war nach so langer Zeit immer noch mit einer deutlichen Reduktion des Blutdrucks assoziiert, zeigt eine neue Studienanalyse deutscher Kardiologen.

Kardiologen am Universitätsklinikum des Saarlandes in Homburg/Saar haben jetzt eine Studie mit der mit Abstand längsten Nachbeobachtungsdauer zur blutdrucksenken Wirksamkeit der renalen Denervation bei medikamentös therapieresistenter Hypertonie publiziert.

Zwar mangelt es der monozentrischen Studie an einer Kontrollgruppe mit Scheinprozedur (sham control), auch ging der Kontakt zu den meisten Studienteilnehmern mit der Zeit verloren („lost to follow up“). Trotz dieser Limitierungen deutet sich in den Ergebnissen zumindest die Möglichkeit an, dass mit der interventionellen Methode der renalen Denervation ein erhöhter Blutdruck für die Dauer von bis zu zehn Jahren gesenkt werden könnte. Aus randomisierten kontrollierten Studien wie SPYRAL HTN-ON MED oder Registern lagen bisher nur Daten für eine maximale Follow-up-Dauer von drei Jahren vor.

Systolischer Blutdruck nach 10 Jahren um 16,2 mmHg niedriger

Für die aktuelle Analyse konnte die Homburger Gruppe um Dr. Hussam Al Ghorani noch Daten von 39 Teilnehmerinnen und Teilnehmern einer Studie nutzen, an der ursprünglich 107 Patienten beteiligt waren. Alle waren zwischen August 2010 und Oktober 2012 wegen resistenter Hypertonie einer renalen Denervation unterzogen worden. Trotz Einnahme von im Mittel 4,9 antihypertensiven Medikamenten betrug ihr mittlerer Blutdruck in der ambulanten 24-Stunden-Messung zu Beginn 152/85 mmHg.

Nach zehn Jahren stellten die Untersucher bei den analysierten Patienten in Relation zu diesem Ausgangswert noch immer einen signifikant um 16,2 mmHg niedrigeren systolischen Blutdruckwert (p < 0,001) und einen um 5,5 mmHg niedrigen diastolischen Wert (p < 0,027) fest. Die Zahl der von ihnen einzunehmenden Antihypertensiva war in dieser Zeit mit 4,5 im Vergleich zum Zeitpunkt bei Studienbeginn annähernd gleichgeblieben. Nach einem Jahr war der systolische Blutdruck um im Mittel 12,2 mmHg und nach zwei Jahren um 16,8 mmHg niedriger gewesen.

Beruhigende Erfahrungen bezüglich der Sicherheit

Um Aufschluss über die Langzeitsicherheit der renalen Denervation zu gewinnen, ist im Follow-up wiederholt die Nierenfunktion anhand der geschätzten glomerulären Filtrationsrate (eGRF) überprüft worden. Im Vergleich zu den Ausgangswerten zeigten sich die eGRF-Werte nach einem Jahr und nach zwei Jahren unverändert. Nach zehn Jahren war dagegen eine signifikante Abnahme von initial 68,7 ml/min/1,73 m2 auf 60,2 ml/min/1.73 m2 (p < 0,001) zu verzeichnen.

Diese Abnahme war jedoch geringer, als es die Studienautoren auf der Grundlage anderer Studien bei Patienten mit unkontrollierter schwerer Hypertonie erwartet hatten. Dies lasse vermuten, dass die renale Denervation die Nierenfunktion langfristig nicht negativ beeinflusst und – ganz im Gegenteil – deren Verschlechterung sogar entgegenwirken könnte. 

Ergebnisse als „hypothesengenerierend“ bewertet

Bei zwei von drei Patienten mit zuvor diagnostizierter Nierenarterienstenose wurde eine Progression dieser Gefäßverengung beobachtet, auf die therapeutisch mit einer Stentimplantation zum Zeitpunkt nach einem Jahr sowie nach zehn Jahren reagiert wurde. In einem Fall wurde eine neu aufgetretene Nierenarterienstenose registriert, die mit einem “Drug-coated“-Ballonkatheter behandelt wurde.

Mit der bislang längsten Follow-up-Dauer liefere die Studie „relevante Informationen zur Prozedur der renalen Denervation bei Real-World-Patienten jenseits von drei Jahren“, so die Autoren. Angesichts der methodischen Limitierungen der Studie seien die Ergebnisse allerdings noch als „hypothesengenerierend“ zu bewerten. Nun bleibe abzuwarten, ob sie durch entsprechende Langzeitergebnisse randomisierter kontrollierter Studien künftig bestätigt werden.

Literatur

Al Ghorani H. et al. 10-year outcomes of catheter-based renal dernervation in patients with resistent hypertension. J Am Coll Cardiol. 20223; 81: 517-519

Highlights

Hätten Sie es erkannt?

Linker Hauptstamm in der CT-Angiographie eines 80-jährigen Patienten vor TAVI. Was fällt auf?

Myokarditis – eine tödliche Gefahr

In der vierten Ausgabe mit Prof. Andreas Zeiher geht es um die Myokarditis. Der Kardiologe spricht über Zusammenhänge mit SARS-CoV-2-Infektionen und COVID-19-Impfungen und darüber, welche Faktoren über die Prognose entscheiden.

Aktuelles und Neues aus der Kardiologie

Stark erhöhtes Herzrisiko nach Infektionen

Schwere Infektionen erhöhen das kardiovaskuläre Risiko kurzfristig sehr deutlich, legen aktuelle Daten nahe. Ein nicht unbeträchtlicher Anteil an kardialen Komplikationen könnte demnach auf Infektionen zurückzuführen sein.

Vorhofflimmern: Früher Rhythmuserhalt rechnet sich

Dass eine frühe rhythmuserhaltende Therapie bei Vorhofflimmern klinisch von Vorteil ist, hat die EAST-AFNET-4-Studie gezeigt. Dass diese Therapie wohl auch wirtschaftlich ist, legt eine auf Daten der deutschen Teilnehmer der Studie gestützte Analyse ihrer Kosteneffektivität nahe.

Interventionelle Mitralklappenreparatur: Spezieller Score sagt Prognose voraus

Wie sich eine verbleibende Mitralinsuffizienz nach perkutaner Mitralklappenrekonstruktion auf die Prognose auswirkt, wurde bisher in keiner prospektiven Studie untersucht. Ein deutsches Register hat das jetzt nachgeholt, zum Einsatz kam dabei ein spezieller Score.

Aus der Kardiothek

Hätten Sie es erkannt?

Linker Hauptstamm in der CT-Angiographie eines 80-jährigen Patienten vor TAVI. Was fällt auf?

Rhythmus-Battle: Vom EKG zur Therapie 2

Nicht immer sind EGK-Befunde eindeutig zu interpretieren, und nicht immer gibt es eine klare Therapieentscheidung. In diesem zweiten Rhythmus-Battle debattieren Prof. Lars Eckardt, Prof. Christian Meyer und PD Dr. Stefan Perings über ungewöhnliche EKG-Fälle aus der Praxis. Wie würden Sie entscheiden?

Kardiovaskuläre und ANS-Manifestationen von Covid-19 und Long-Covid

In der Akutphase und auch im weiteren Verlauf kann eine SARS-CoV-2-Infektion eine Herzbeteiligung verursachen. Prof. Thomas Klingenheben gibt einen Update über den aktuellen Wissenstand solcher Manifestationen, und erläutert, was hinter dem Syndrom „Long-COVID“ steckt.

Kardio-Quiz März 2023/© Stephan Achenbach, Medizinische Klinik 2, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Podcast-Logo/© Springer Medizin Verlag GmbH (M)
Rhythmus-Battle 2023/© Portraits: privat
kardiologie @ home/© BNK | Kardiologie.org