Resynchronisation bei Herzinsuffizienz: Ist Defi-Option wirklich von Vorteil?
Ist bei Patienten mit Herzinsuffizienz und kardialer Resynchronisationstherapie eine zusätzliche Defibrillator-Funktion der Geräte klinisch von Vorteil? Eine aktuell publizierte, auf Daten einer deutschen Krankenversicherung gestützte Studie weckt Zweifel an einem Zusatznutzen.
Die kardiale Resynchronisationstherapie (CRT) dient bekanntlich dazu, bei ausgewählten Patienten mit Herzinsuffizienz mittels Schrittmacher-Stimulation dafür zu sorgen, dass die Ventrikel wieder synchron arbeiten und so die kontraktile Herzfunktion verbessert wird. CRT-Geräte verfügen entweder über eine reine Schrittmacherfunktion (CRT-Pacemaker bzw. CRT-P), oder sie sind mit einer zusätzlichen Defibrillator-Funktion und damit der Möglichkeit zur Abgabe von Elektroschocks zwecks Terminierung potenziell lebensbedrohender Arrhythmien ausgestattet (CRT-Defibrillator bzw. CRT-D).
In Deutschland werden CDT-D-Geräte bevorzugt – mit Recht?
In Deutschland werden bei Herzinsuffizienz-Patienten überwiegend CRT-D-Geräte implantiert (61% aller CRT-Implantationen im Jahr 2019). Die entsprechende Implantationsrate ist höher als in anderen europäischen Ländern. Unklar ist allerdings nach wie vor, ob die zusätzliche Defibrillator-Funktion bei der CRT tatsächlich von Nutzen ist. Die Erfahrung zeigt jedenfalls, dass die Defi-Funktion bei vielen Patienten nie aktiv wird. Umso schwerer fallen dann mögliche Risiken der CRT-D-Therapie wie belastende „Fehl“-Schocks oder Sondeninfektionen ins Gewicht.
Die Entscheidung, ob ein Gerät des CRT-P- oder CRT-D-Typs implantiert werden soll, bleibt in der tägliche Routineversorgung den behandelnden Ärztinnen oder Ärzten überlassen. An evidenzbasierten Leitlinienempfehlungen können sie sich dabei nicht orientieren – die gibt es mangels randomisierter Vergleichsstudien nämlich nicht.
RESET-CRT-Projekt soll endlich Klarheit schaffen
Das soll sich nach dem Willen der Initiatoren des deutschen RESET-CRT-Projekts nun ändern. In diesem 2018 gestarteten und vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) finanziell unterstützten Projekt wollen Kardiologen die Frage klären, ob bei ansonsten optimal behandelten Patienten mit Herzinsuffizienz und CRT-Indikation die Versorgung mit einem CRT-P-System genauso wirksam und effizient ist wie die mit einem CRT-D-System (Nichtunterlegenheitsstudie).
Die Antwort darauf soll eine derzeit in Deutschland laufende prospektive randomisierte Studie als wichtigster Teil des RESET-CRT-Projekts geben. In die Studie sollen laut Plan an 123 deutschen Zentren insgesamt 1.356 Patientinnen und Patienten aufgenommen werden, die nach Zufallszuteilung entweder ein CRT-P- oder CRT-D-Gerät erhalten und dann hinsichtlich Sterblichkeit, Lebensqualität und Kosteneffizienz der Therapien nachbeobachtet und verglichen werden. Bislang konnten an 113 Zentren 806 Teilnehmer rekrutiert werden (Stand 25. April 2022).
Ergebnisse des retrospektiven Teils der Studie liegen jetzt vor
Begleitend zur randomisierten Studie ist in einem zweiten Teil des Projekts auch eine Analyse von Patienten der BARMER-Krankenversicherung vorgenommen worden. Die dafür genutzten anonymisierten Daten stammen von 3.569 Versicherten ohne ICD-Indikation, bei denen zwischen 2014 und 2019 im Rahmen der Routineversorgung entweder ein CRT-P-Gerät (n=847) oder ein CRT-D-System (n=2.722) erstmals implantiert worden war. Bezüglich der Ätiologie der Herzinsuffizienz (ischämisch/ nicht-ischämisch) waren beide Gruppen vergleichbar. Ergebnisse dieses Teils des RESET-CRT-Projekts sind aktuell im „European Heart Journal“ publiziert worden.
Wie die Studienautoren um Prof. Gerhard Hindricks vom Herzzentrum der Uniklinik Leipzig und Erstautor Moritz Hadwiger vom Uniklinikum Lübeck berichten, waren im analysierten Patientenkollektiv in einem medianen Follow-up-Zeitraum von 2,35 Jahren insgesamt 714 Todesfälle aufgetreten. In der nicht adjustierten Analyse war eine Implantation von CRT-P-Geräten im Vergleich zu CRT-D-Systemen noch mit einer signifikant höheren Rate für die Gesamtmortalität assoziiert (24% vs. 19%; Hazard Ratio, HR: 1,63, 95%-KI: 1,38–1,92, p<0,001).
Kein Unterschied bezüglich Mortalität in der adjustierten Analyse
Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Patienten in der CRT-P-Gruppe im Schnitt 6,7 Jahre älter waren und der Anteil an Frauen in dieser Gruppe höher war (48% vs. 35%) als in der CRT-D-Gruppe. Nach Adjustierung für den Altersunterschied verschwand der signifikante Unterschied bezüglich der Gesamtmortalität zwischen CRT-P- und CRT-D-Gruppe (HR: 1,13; 95%-KI: 0,95–1,35, p=0,156). Nach weiterer Adjustierung für multiple Faktoren (entropy balancing) war die Mortalität in beiden Gruppen nahezu gleich (HR: 0,99; 95%-KI: 0,81–1,20, p=0,89).
Nach dieser retrospektiven Analyse von unter Bedingungen einer zeitgemäßen Routinepraxis erhobenen Daten war eine CRT-P-Implantation im Vergleich zur CRT-D-Behandlung mit keinem Nachteil bezüglich der Gesamtsterblichkeit assoziiert, so die Studienautoren um Hindricks. Das würde die Ausgangshypothese der randomisierten RESET-CRT-Studie stützen, die auf der Annahme einer „Nichtunterlegenheit“ der einfacheren CRT-P-Therapie basiert. Nun bleibt abzuwarten, ob die randomisierte Studie diese Hypothese auch tatsächlich verifizieren wird.
Literatur
Hadwiger M. et al. Survival of patients undergoing cardiac resynchronization therapy with or without defibrillator: the RESET-CRT project. Eur Heart J 2022; https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehac053