Eltern von ICD-Patienten leiden häufig an posttraumatischen Belastungsstörungen
Komplikationen, die eine ICD-Implantation zur Folge haben, können für Betroffene und Angehörige traumatisch sein. Eltern von Kindern, die einen ICD implantiert bekamen, scheinen einer aktuellen Studie zufolge besonders gefährdet zu sein, eine posttraumatische Belastungsstörung zu entwickeln. Das kann für die Prognose der Kinder wichtig sein.
Eltern von Kindern und Jugendlichen, die einen Kardioverter-Defibrillator (ICD) implantiert bekommen haben, leiden häufig an einer posttraumatischen Belastungsstörung – und zwar deutlich häufiger als die Betroffenen selbst. Das legt nun eine aktuelle Analyse von Befunden zweier in Kalifornien lokalisierter Kinderkliniken nahe.
Dass lebensbedrohliche Ereignisse, die eine Indikationsstellung für eine ICD-Implantation zur Folge haben, traumatisch für die Betroffenen und ihre Angehörigen sein können, ist schon länger bekannt. Präzise Daten zur Prävalenz von posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) bei pädiatrischen ICD-Patienten und ihrer Eltern gibt es bisher aber kaum.
Psychologinnen und Psychologen um Dr. Lauren M. Schneider von der Stanford University wollten diese Wissenslücke ein wenig schließen. Im Rahmen ihrer Studie befragten sie 50 Kinder und Jugendliche in einem Alter von 8 bis 21 Jahren, die einen ICD implantiert bekommen haben, nach ihrem psychosozialen Empfinden. Sie nutzen dafür mehrere Fragebögen, die auch Kriterien einer posttraumatischen Belastungsstörung beinhalteten. Ein entsprechendes psychosoziales Assessment führten die Wissenschaftler darüber hinaus bei 42 Eltern (in 70% der Fälle waren es die Mütter) durch.
Eltern auffallend häufig betroffen
Dabei stellten Schneider und ihr Team fest, dass die Eltern häufiger die Kriterien einer posttraumatischen Belastungsstörung erfüllten als ihre Kinder: Fast die Hälfte der Eltern litt an entsprechenden Symptomen (47%). Aber auch nicht wenige Kinder und Jugendliche wiesen Symptome einer Belastungsstörung auf: immerhin 12% der Befragten. Kindern bzw. Jugendliche mit einer Belastungsstörung litten häufiger an Depressionen (67% vs. 16,0%, p=0,005) und hatten häufiger Angst vor Schockabgaben (31,7% vs. 17,9%; p=0,003) als Kinder ohne PTBS. Bei den Eltern war das weibliche Geschlecht und eine Depressions-Diagnose beim Kind mit einem vermehrten Auftreten von PTBS assoziiert.
Belastungsstörung bei Eltern kann Prognose der Kinder beeinflussen
Schneider und Kollegen weisen darauf hin, dass PTBS-Symptome bei Eltern von Kindern und Jugendlichen mit einem ICD bedeutsam für die weitere Prognose der Kinder sein kann. Es sei bekannt, dass dies Einfluss auf die Lebensqualität der Patienten hat, erläutern sie. Deshalb ist es ihrer Ansicht nach wichtig, eine PTBS bei den Patienten sowie auch bei ihren Eltern zu erkennen.
Die kleine Studienpopulation und die fehlende Kontrollgruppe stellen wichtige Limitationen der aktuellen Studie dar. Es lässt sich daraus also nicht ableiten, wie häufig eine PTBS bei Kindern und Jugendlichen, die keinen ICD tragen, vorkommt. Laut einer im Jahr 2000 publizierten repräsentativen deutschen Studie liegt die Langzeitprävalenz für eine PTBS bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen zwischen 14 und 24 Jahren bei 1,3%.
Literatur
Schneider LM et al. Post-Traumatic Stress Disorder in pediatric Implantable Cardioverter Defibrillator patients and their parents. Heart Rhythm 2022, doi: https://doi.org/10.1016/j.hrthm.2022.06.025
Perkonigg A et al. Traumatic events and post-traumatic stress disorder in the community: prevalence, risk factors and comorbidity. Acta Psychiatr Scand. 2000;101(1):46-59.