ABSORB-III-Studie: Bioresorbierbarer Stent auf holprigem Weg
Der bioresorbierbare Absorb-Stent sorgt weiter für wenig erfreuliche Nachrichten. Eine aktuell vorgestellte Vergleichsstudie bescheinigt der sich mit der Zeit im Körper auflösenden koronaren Gefäßstütze (Scaffold) klinische Nachteile gegenüber einem Drug-eluting Stent (DES). Die US-Gesundheitsbehörde FDA veröffentlichte am selben Tag einen Warnhinweis.
Unmittelbarer Anlass für den Warnhinweis der FDA sind die beim ACC-Kongress in Washington DC vorgestellten 2-Jahres-Ergebnisse der ABSORB-III-Studie.
In dieser Studie sind rund 2.000 KHK-Patienten mit Koronarstenosen entweder mit dem bioresorbierbaren Absorb-BVS (bioresorbable vascular scaffold) des Herstellers Abbott Vascular oder einem modernen Drug-eluting Stent - dem ebenfalls Everolimus freisetzenden Xience-Stent desselben Herstellers - behandelt worden.
Höhere Rate an „Zielläsion-Versagen“
Primärer Studienendpunkt ist das sogenannte „Zielläsion-Versagen“ (Target Lesion Failure, TLF), das als Auftreten der Ereignisse Herztod, Herzinfarkt oder erneute Zielläsion-Revaskularisation definiert ist. Auf Basis der im Oktober 2015 vorgestellten 1-Jahres-Ergebnisse waren die statistischen Kriterien für den intendierten Nachweis der „Nichtunterlegenheit“ des bioresorbierbaren Scaffolds noch erfüllt worden (TLF: 7,8% vs. 6,1%).
Die jetzt vorgestellten 2-Jahres-Ergebnisse belegen hingegen einen klaren Unterschied zu Ungunsten des Absorb-BVS: Danach war zu diesem Zeitpunkt die Rate für ein „Zielläsion-Versagen“ mit 11.0% versus 7,9% in der Scaffold-Gruppe signifikant höher als in der Vergleichsgruppe, die den Xience-Stent erhalten hatte (p = 0,03). Triebkraft für die höhere TLF-Rate war eine höhere Rate an Zielgefäß-Myokardinfarkten (7.3% versus 4.9%; p = 0.04). In puncto Mortalität bestand kein Unterschied.
Die Raten für definitive/wahrscheinliche Scaffold/Stent-Thrombosen betrugen 1.9% (Absorb-BVS) und 0,8% (Xience), sie unterschieden sich nicht signifikant. In der Zeit zwischen dem 1. und 2. Jahr wurde in der Xience-Gruppe keine entsprechenden Thrombosen beobachtete, in der Absorb BVS-Gruppe waren vier Scaffold-Thrombosen (0.3%) zu verzeichnen.
Keine große Überraschung
Eine große Überraschung sind die neuen ABSORB-III-Ergebnisse nicht. Studienleiter Dr. Stephen Ellis von der Cleveland Clinic erinnerte daran, dass die Erfahrungen mit der Scaffold-Implantation zu Studienbeginn noch sehr limitiert waren.
Erst nach Studienbeginn sei etwa klar geworden, dass die Implantation des Absorb-BVS in kleine Koronargefäße (Referenz-Gefäßdurchmesser < 2,25mm) mit erhöhten Risiken einhergeht und unterbleiben sollte. Das betraf immerhin 19% aller Studienteilnehmer. Auch das Wissen um die optimale Implantationstechnik bezüglich Läsionsvorbereitung, Größenauswahl des Scaffolds und notwendiger Postdilatation sei erst im Verlauf der Studie gewachsen.
Ellis präsentierte auch Ergebnisse einer Analyse der 2-Jahres-Daten unter Ausschluss von Patienten mit kleinen Koronargefäßen. In diesem Fall verringerte sich erwartungsgemäß der Unterschied zwischen beiden Behandlungsgruppen, er betrug dann etwa bei der TLF-Rate nur noch 9,4% vs. 7,0% und bei der Scaffold/Stent-Thromboserate nur noch 1,3% vs. 0,6%. Diese Unterschiede waren jeweils nicht signifikant.
FDA: Keine Implantation in kleine Gefäße!
In der Langzeitbeobachtung der Studien ABSORB III und IV, die es zusammen auf rund 5.000 beteiligte Patienten bringen, muss sich nun zeigen, ob Verbesserungen bei der Patientenauswahl und der Implantationstechnik tatsächlich in bessere Behandlungsergebnisse münden und ob die von der Scaffold-Bioresorption erwarteten Vorteile längerfristig wirklich zum Tragen kommen.
Die FDA erinnert Ärzte in ihrem Warnhinweis daran, dass das Absorb-BVS nur für Patienten mit einem Referenz-Gefäßdurchmesser ≥ 2.5 mm und ≤ 3.75 mm zugelassen ist. Die Gesundheitsbehörde legt Ärzten nahe, eine BVS-Implantation bei Patienten mit kleineren Gefäßen zu vermeiden und rät Patienten mit implantierten Scaffolds, die ärztlichen Empfehlungen für eine duale plättchenhemmende Therapie (DAPT) zu befolgen.
Literatur
Ellis S.: Everolimus-Eluting Bioresorbable Vascular Scaffolds in Patients With Coronary Artery Disease: Two-Year Outcomes From the ABSORB III Trial. Late-Breaking Clinical Trials III, Kongress des American College of Cardiology (ACC) 2017, 17. – 19. März 2017, Washington DC