Diagnostik nach Infarktausschluss: Warum das Troponin wichtig sein kann
Nicht wenige Patienten, bei denen ein akuter Infarkt zunächst ausgeschlossen werden kann, leiden an einer KHK. Doch wie erkennt man diese? Eine Studie deutet nun an, dass auch hier das Troponin eine wichtige Rolle einnehmen kann.
Hochsensitives kardiales Troponin (hs-cTn) kann wichtige Informationen liefern, selbst wenn die Werte im Normbereich liegen. So hat sich der Biomarker in einer prospektiven Kohortenstudie als Türöffner für die nachfolgende Diagnostik erwiesen, und zwar nachdem ein akuter Herzinfarkt bereits ausgeschlossen werden konnte.
Unsicherheit über Diagnostik nach Infarktausschluss
Doch zurück zum Anfang: Ein hs-cTn unterhalb der 99. Perzentile hat bei fehlender Dynamik üblicherweise eine Rule-out-Diagnose für einen akuten Herzinfarkt zur Folge. Trotz allem ist bei solchen Patienten nicht auszuschließen, dass sie atherosklerotische Plaques in ihren Koronararterien aufweisen. Diese zu erkennen, wäre wichtig, da solche Patienten gefährdet sind, in der Zukunft ein kardiovaskuläres Ereignis zu erleiden. Noch immer herrscht allerdings Unsicherheit, wie die Diagnostik nach Infarktausschluss optimalerweise ablaufen sollte.
Um mehr Evidenz in diesem Feld zu schaffen, haben britische Kardiologen um Dr. Kuan Ken Lee 250 Patienten mit Verdacht auf ein akutes Koronarsyndrom, aber mit Troponinwerten im Normbereich nachfolgend mit einer koronaren CT-Angiografie (CCTA) untersucht. Dabei konnten sie bei Patienten, deren hs-cTn im intermediären Bereich gelegen hatte, mehr als dreimal so häufig eine Stenose feststellen als bei solchen, deren hs-cTn niedrig ausgefallen war (71,9% vs. 43,4%; Odds Ratio, OR: 3,33). „Intermediär“ bedeutet in diesem Falle ein hochsensitiven Troponin I unterhalb der geschlechterspezifischen 99. Perzentile (16 ng/L für Frauen und 34 ng/L für Männer), aber oberhalb von 5 ng/L. Werte ˂ 5 ng/L wurden als „niedrig“ eingestuft.
Den Cut-off von ˂ 5 ng/L konnten Lee und Kollegen bereits in früheren Untersuchungen als Schwellenwert für ein niedriges Risiko ausgemachen, „mit einem negativen prädiktiven Wert von > 99,5% für einen Herzinfarkt oder kardialen Tod nach 30 Tagen“, berichten die Kardiologen von der Universität Edinburgh.
Intermediäre Troponinwerte korrelieren mit KHK-Nachweis
Selbst nach Adjustierung auf Alter, Geschlecht und kardiovaskuläre Risikofaktoren blieb die Assoziation zwischen intermediären hs-cTnI-Werten und dem Nachweis einer KHK bestehen. Dagegen zeigte sich kein Zusammenhang zwischen Angina-Symptomatik und KHK-Prävalenz, eine KHK kam also bei Personen mit Angina nicht häufiger vor als bei Patienten ohne solche Beschwerden (63,2% vs. 61,8%; OR: 0,92).
Angesichts dieser Befunde hinterfragen die britischen Kardiologen das bisher übliche Vorgehen. Derzeit empfehlen internationale Leitlinien nämlich für Fälle, in denen ein akuter Infarkt ausgeschlossen werden konnte, klinische Parameter heranzuziehen, um solche Patienten, die von einer invasiven oder nicht invasiven Bildgebung profitieren könnten, „herauszufischen“. Lee und Kollegen schlagen nun stattdessen vor, die weiterführende Diagnostik von den Troponin-Werten abhängig zu machen. Objektive Tests (z.B. Troponin) könnten eine akkuratere Einschätzung ermöglichen, unabhängig von der Symptomatik der Patienten, begründen sie ihre Überlegungen.
„Es würde Sinn machen, beides zu kombinieren“
Die beiden US-Kardiologen Dr. Kavitha Chinnaiyan und Dr. Jamed Januzzi begrüßen diesen Vorschlag. Es würde klinisch Sinn machen, beides, Troponin und CCTA, in Kombination einzusetzen, schreiben die in Michigan und Boston tätigen Ärzte in einem zur Studie begleitenden Editorial. Der Troponin-Assay könnte ihrer Ansicht nach dabei als „Gatekeeper“ für die anatomische Bildgebung fungieren. „Es ist verlockend, darüber zu spekulieren, ob ein solches Vorgehen – also Hochrisikopatienten identifizieren, die anderenfalls ohne kardiovaskuläre Nachsorge nach Hause geschickt worden wären und hier zu intervenieren, um ihr künftiges Risiko zu senken – ein wichtiger Paradigmenwechsel in der Versorgung darstellen kann“, erörtern sie ihre Überlegungen.
Ob sich ein solche kombinierte Diagnostik am Ende klinisch auszahlt, wurde in der aktuellen Studie allerdings nicht untersucht. Das sei die wichtigste Limitation der Studie, so Chinnaiyan und Januzzi. Laut der US-Kardiologen ist zwar davon auszugehen, dass ein größere KHK-Last mit einer schlechteren Prognose vergesellschaftet ist. Trotz allem gilt es, mehr Daten abzuwarten, um den Einfluss auf harte Endpunkte abschätzen zu können.
Literatur
Lee KK et al. Troponin-Guided Coronary Computed Tomographic Angiography After Exclusion of Myocardial Infarction. J Am Coll Cardiol. 2021,78(14):1407–17
Chinnaiyan K, Januzz JL. Biomarkers and Imaging in Chest Pain: The Iceberg Beneath the Waterline. J Am Coll Cardiol. 2021, 78(14):14–1420