Hochsensitiver Troponin-Test floppt bei stabiler KHK
Es würde den Klinikalltag deutlich erleichtern: Wenn es einen Biomarker gäbe, der bei Patienten mit stabiler KHK eine Myokardischämie sicher ausschließt und damit teure Diagnostik vermeidbar macht. Troponin wäre prädestiniert dafür, aber…
Troponin hat die Herzinfarkt-Diagnostik revolutioniert. Seit der Entwicklung hochsensitiver Troponin-Assays schwimmt der Biomarker auf einer Art Erfolgswelle, und weitere Einsatzgebiete scheinen in greifbarer Nähe. Eine Überlegung ist, den Biomarker bei Patienten mit stabiler KHK in die diagnostische Abklärung einzubinden ähnlich dem Prinzip, wie es in der Diagnostik des akuten Koronarsyndroms verfolgt wird.
„Der klinische Bedarf ist groß“
Wissenschaftler vom Universitätsklinikum Basel sind dieser Idee im Rahmen einer prospektiven Kohortenstudie nachgegangen. „Bei Patienten mit stabiler KHK besteht ein großer klinischer Bedarf für eine schnelle, kostengünstige Rule-out-Strategie, welche Kliniker bei der Entscheidung unterstützt, ob sie auf eine weitere bildgebende kardiale Abklärung verzichten können oder nicht“, erklärt der Studienautor Joan Elias Walter die Rationale der Studie gegenüber kardiologie.org.
Aber: Troponin ist nicht genau genug
Für dieses Einsatzgebiet hat sich Troponin den aktuellen Studienergebnissen zufolge allerdings eher disqualifiziert. Die dafür erforderliche diagnostische Genauigkeit hat der Biomarker nämlich nicht erreicht.
So lag der negativ prädiktive Wert (NPV) für den hochsensitiven Troponin I-Test (hs-cTnI) im Falle eines Grenzwerts von 2,5 ng/L bei nur 70%. Die Sensitivität für den Ausschluss einer Myokardischämie betrug 90%. Auch mit keinem anderen Grenzwert oder alternativem Troponin-Test konnte das vordefinierte Nachweiskriterium – eine Sensitivität und ein NPV von mindestens 90% – erreicht werden.
Für Walter verdeutlichen diese Ergebnisse, „dass selbst äußerst niedrige hs-Troponin-Werte das Vorhandensein einer Ischämie in Patienten mit bekannter KHK nicht ausschließen können.“
ISCHEMIA-Studie stellt Nachweispflicht infrage
Manch einer wird sich nach den jüngst veröffentlichen Ergebnissen der ISCHEMIA-Studie allerdings fragen, ob der sofortige Ausschluss einer Myokardischämie überhaupt notwendig ist, um den prognostischen Nutzen weiterführender Behandlungen beurteilen zu können.
„Ich denke, dass der Ausschluss einer Ischämie als Ursache der Beschwerden eines symptomatischen Patienten weiterhin erforderlich ist“, erwidert Walter auf diese Frage. In diesem Kontext hebt der Kardiologe die Bedeutung eines „Shared Decision-Making“ hervor: „Ich glaube die Hauptbotschaft ist, dass es auch weiterhin keine universell anwendbare Herangehensweise gibt, sondern ein patientenorientierter, individueller Algorithmus durch den Kliniker im Verlauf der Konsultation entwickelt werden muss.“
„Trotzdem brauchen wir eine günstige Alternative zur Bildgebung“
Zur Diskussion stellt Walter allerdings, ob bei Patienten mit einer sehr niedrigen Vortestwahrscheinlichkeit für eine Ischämie eine aufwändige Bildgebung wirklich vonnöten ist. „Die Frage ist absolut berechtigt, und gerade deswegen brauchen wir eine einfache, sichere und günstige Alternative.“ Der Kardiologe hofft, dass dafür noch ein Biomarker oder eine Markerkombination gefunden wird.
Insgesamt wurden in der Studie bei 1.896 Patienten, deren Symptome auf eine Myokardischämie hindeuten, die Troponin-Werte mittels zweier unterschiedlicher Assays (hs-cTnI und hs-cTnT) gemessen. Überprüft wurde das Vorhandensein einer Myokardischämie durch eine Single-Photon-Emissions-Computertomografie kombiniert mit einem konventionellen CT (MPI-SPECT/CT), mittels Koronarangiografie und, falls vorhanden, durch die Bestimmung der fraktionellen Flussreserve (FFR). Bei 46% der Patienten ließ sich dadurch eine induzierbare Myokardischämie feststellen.
Dafür könnte sich Troponin eignen
Eine Fähigkeit hat Troponin in der aktuellen Studie allerdings erneut unter Beweis gestellt: seine prognostische Aussagekraft. So hatten jene Patienten mit hohen hs-cTnI- und hs-cTnT-Konzentrationen und nachweisbarer Myokardischämie in den darauffolgenden Jahren ein höheres Risiko, an einer kardiovaskulären Erkrankung zu sterben oder einen Herzinfarkt zu erleiden, als Patienten mit niedrigen Troponin-Werten und Myokardischämie (mittleres Follow-up von etwa 38 Monaten). Auch in anderen Studien hat sich die prognostische Aussagekraft des Biomarkers, die ihn als Instrument zur Risikostratifizierung befähigen könnte, bereits gezeigt.
Literatur
Walter et al. Using High-Sensitivity Cardiac Troponin for the Exclusion of Inducible Myocardial Ischemia in Symptomatic Patients. Ann Intern Med. 2020 Jan 7. doi: 10.7326/M19-0080. [Epub ahead of print]