Läsionen in venösen Bypass-Grafts: Verlieren Drug-eluting Stents mit der Zeit an Wirkkraft?
Bei Patienten mit Koronarbypass, die wegen Läsionen in Venengrafts eine erneute Revaskularisation benötigen, sind Drug-eluting-Stents den älteren Bare-metal-Stents klinisch überlegen. Dieser Vorteil scheint aber nicht von Dauer zu sein, wie neue Daten der deutschen ISAR-CABG-Studie belegen.
Die perkutane Koronarintervention (PCI) wegen Läsionen in Bypass-Grafts der Vena saphena (SVG) stellt nach wie vor eine Herausforderung dar. Bei bereits mit einem LIMA- (left internal mammary artery) Graft versorgten Patienten wird im Fall von SVG-Läsionen aufgrund des erhöhten Operationsrisikos die PCI gegenüber einer erneuten Operation favorisiert. Jedoch wird der langfristige PCI-Erfolg durch eine höhere Rate an wiederholten Revaskularisationen limitiert.
DES nach einem Jahr besser
Wie schon im Fall der Revaskularisation von nativen Koronargefäßen ist in randomisierten Studien auch für die Behandlung von SVGs bestätigt worden, dass Medikamente-freisetzende Stents (Drug-eluting Stents, DES) den älteren Metallstents (Bare-metal Stents, BMS) hinsichtlich ihrer antirestenotischen Wirkung überlegen ist. Die an vier deutschen Herzzentren durchgeführte ISAR-CABG-Studie ist die derzeit größte Studie zum Vergleich von DES und BMS bei SVG-Läsionen.
Die 2011 publizierten Hauptergebnissen dieser Studie dokumentieren eine überlegene klinische Wirksamkeit der Behandlung mit DES im Vergleich zur PCI mit BMS. Den wesentlichen Unterschied machte dabei eine signifikant reduzierte Rate an Zielgefäß-Revaskularisationsrate nach PCI mit DES aus.
Nach fünf Jahren ist der Vorteil verschwunden
Nun hat die ISAR-CABG-Gruppe Ergebnisse einer Langzeit-Analyse ihrer Daten vorgelegt. Daraus ergibt sich ein ganz anderes Bild: Nach fünf Jahren war nämlich – anders als nach einem Jahr – ein klinischer Vorteil der PCI mit DES nicht mehr vorhanden.
Primärer Endpunkt der Langzeit-Analyse war die kombinierte Inzidenz der Ereignisse Tod, Myokardinfarkt oder Zielgefäß-Revaskularisation nach fünf Jahren. Mit Ereignisraten von 55,5% in der DES Gruppe und 53,6 % in der BMS Gruppe waren die klinischen Behandlungsergebnisse in beiden Gruppen zu diesem Zeitpunkt nicht signifikant unterschiedlich (Hazard Ratio [HR] 0,98, 95 % Konfidenz- Intervall 0,79-1,23, p=0,89).
Interaktion zwischen Behandlungseffekt und Zeit
Allerdings bestand eine signifikante Interaktion zwischen Behandlungseffekt und Zeit (pinteraction=0,005). Für die Zeit bis ein Jahr nach der PCI bestätigte sich in einer sogenannten Landmark-Analyse das bereits bekannte Ergebnis einer signifikant niedrigeren Ereignisrate in der DES Gruppe (HR 0,64, 95 % CI 0,44-0,94, p=0,02). Dagegen überrascht, dass ausgerechnet in der DES-Gruppe im Zeitraum zwischen dem ersten und fünften Jahr nach PCI eine numerisch höhere Ereignisrate zu verzeichnen war (HR 1,24, 95 % CI 0,94-1,63, p=0,13).
Die Ereignisraten für die kombinierten Ereignisse Tod und Myokardinfarkt (sekundärer Endpunkt) waren in beiden Gruppen mit 32,8 % (DES) versus 36,6% (BMS) vergleichbar (HR 0,85, 95 % CI 0,64-1,12, p=0,24), ohne dass eine signifikante Interaktion zwischen Behandlungseffekt und Zeit bestand(pinteraction=0.57).
Auch bei den Raten für Zielgefäß-Revaskularisationen (33,1% in der DES Gruppe versus 25,5% in der BMS Gruppe) bestand nach fünf Jahren kein signifikanter Unterschied (HR 1,20, 95 % CI 0,87-1,64, p=0,27), dafür aber eine signifikante Interaktion zwischen Behandlungseffekt und Zeit (Pinteraction<0,001). Zwar war die Revaskularisationrate in der DES Gruppe innerhalb des ersten Jahres signifikant niedriger als in der BMS-Gruppe (HR 0,49, 95 % CI 0,28-0,86, p=0,01), jedoch kehrte sich das Verhältnis danach um: Überraschenderweise war das Risiko für eine Zielgefäß-Revaskularisation im Zeitraum zwischen dem ersten und fünften Jahr nach PCI mit DES doppelt so hoch wie nach Behandlung mit BMS (HR 2,02, 95 % CI 1,32-3,08, p=0,001).
Spätes „Catch-up“-Phänomen
In der ISAR-CABG Studie waren 610 Bypass-Patienten mit SVG-Läsionen randomisiert einer PCI mit DES-Implantation (303 Patienten) oder mit BMS-Implantation (307 Patienten) zugeteilt worden. Innerhalb der DES-Gruppe kamen nach erneuter Randomisierung im Verhältnis 1:1:1 drei unterschiedliche DES-Typen zur Anwendung: Paclitaxel-eluting- oder Sirolimus-eluting Stents der älteren Generation sowie Sirolimus-eluting Stents mit biodegradierbarer Polymerbeschichtung der neuen Generation.
Nach den Langzeitergebnissen der ISAR-CABG-Studie scheint der nach einem Jahr beobachtete klinische Vorteil der DES-Behandlung nur vorübergehend zu bestehen. Nach fünf Jahren ist anhand der Raten für klinische Ereignisse kein Unterschied mehr zwischen DES- und BMS-Behandlung auszumachen. Diese Angleichung ist offenbar primär auf ein spätes „Catch-Up” bezüglich Revaskularisationen in der Gruppe mit DES Implantation zurückzuführen.
Literatur
Colleran R. et al.: Efficacy Over Time With Drug-Eluting Stents in Saphenous Vein Graft Lesions. J Am Coll Cardiol 2018;71:1973–82