Nicht alkoholische Fettleber: Doch kein kardialer Risikofaktor?
Dänische Epidemiologen haben untersucht, ob die nicht alkoholische Fettleber (NAFLD) ursächlich an der Entstehung einer ischämischen Herzerkrankung beteiligt ist. Ihre Ergebnisse sprechen eher dagegen, aber bewiesen ist noch nichts.
Menschen mit NAFLD haben eine erhöhte Inzidenz ischämischer Herzerkrankungen und ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko. Das ist unstrittig und vielfach belegt. In einer bevölkerungsrepräsentativen dänischen Kohortenstudie mit rund 100.000 Probanden konnten Epidemiologen um Bo Lauridsen diesen Zusammenhang jetzt einmal mehr bestätigen.
Je fetter die Leber, desto höher das kardiale Risiko
Mit zunehmendem Leberfettgehalt erhöhte sich das Risiko, an einer ischämischen Herzerkrankung zu leiden, immer mehr. Wurden die Probanden anhand des Leberfettgehalts in vier Gruppen eingeteilt, dann hatten Probanden in jenem Viertel der Studienteilnehmer mit dem höchsten Leberfettgehalt ein knapp zweieinhalb Mal so hohes Risiko für eine ischämische Herzerkrankung als die Probanden mit dem niedrigsten Leberfettgehalt.
So weit, so wenig überraschend. Die Dänen beließen es allerdings nicht dabei, sondern führten zusätzlich eine Mendelsche Randomisierung durch. Das ist ein epidemiologisches Verfahren, dass es, anders als konventionelle Assoziationsstudien, erlaubt, Aussagen zu möglichen Kausalitäten zu treffen. Die entscheidende Frage bei der NAFLD ist seit Langem, ob die Fettleber ursächlich zu einer ischämischen Herzerkrankung bzw. allgemeiner zu kardiovaskulären Erkrankungen aller Art beiträgt, oder ob Fettleber und KHK letztlich nur Ausdruck derselben zugrundeliegenden Risikofaktoren sind.
Genetik hilft in der Frage der Kausalität
Um sich dieser Frage anzunähern, haben die Wissenschaftler sich Probanden mit einer Mutation in einem Gen namens PNPLA3 angesehen, von der bekannt ist, dass sie zu einer genetisch bedingten Leberverfettung führt. Probanden mit dieser Genvariante wurden verglichen mit Probanden ohne diese Genvariante. Erwartungsgemäß hatten die Träger der Genvariante ein mehr als zweifach erhöhtes Risiko für eine NAFLD und ein mehr als dreifach erhöhtes Risiko für eine Leberzirrhose. Sie hatten aber kein erhöhtes Risiko für eine ischämische Herzerkrankung, nicht einmal im Trend.
Um das Ganze noch zu unterfüttern, fügten die Wissenschaftler danach eine weitere Genvariante hinzu, die ebenfalls mit einer Leberverfettung einhergeht, eine Genvariante im TM6SF2-Gen. Träger der kombinierten Mutation hatten ein höheres Risiko für NAFLD und Leberzirrhose als Träger der Einzelmutationen und ein wesentlich höheres Risiko als Probanden ohne diese Mutationen. Aber auch die „Doppel-Mutanten“ hatten kein erhöhtes kardiales Risiko.
Schließlich führten die Wissenschaftler auch noch eine Metaanalyse publizierter Studien mit insgesamt knapp 300.000 Probanden durch. All diese Daten sprächen deutlich gegen einen direkten kausalen Zusammenhang zwischen NAFLD und ischämischer Herzerkrankung, so die Wissenschaftler.
Das Fett alleine ist es nicht
In einem begleitenden Editorial zeigen sich der Informatiker Dr. Constantinos Parisinos und der Herz-Kreislauf-Forscher Prof. Aroon Hingorani vom University College London angesichts anderer Forschungsergebnisse der letzten Jahre nicht völlig überrascht von den Daten. So sei aus Assoziationsstudien bekannt, dass insbesondere Patienten mit der schweren Form der NAFLD, der nicht alkoholischen Fettleberhepatitis, ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko aufweisen. Möglicherweise ist also gar nicht das Fett an sich das Problem, sondern andere Faktoren, die eine andere Mendelsche Randomisierung unter Nutzung anderer Gene erfordern würden.
Parisinos und Hingorani weisen auch darauf hin, dass es NAFLD-Genvarianten gibt, die sogar mit einem geringeren kardiovaskulären Risiko einhergehen. Dabei handelt es sich um Gene, die die VLDL-Sekretion der Leber bremsen, was einerseits zur Leberverfettung führt, andererseits mit niedrigeren LDL- und Triglyzeridspiegeln im peripheren Blut einhergeht. Insgesamt scheint der Zusammenhang zwischen Fettleber und Herz-Kreislauf-Risiko also etwas komplexer zu sein, als in der Vergangenheit mitunter suggeriert wurde.
Literatur
Lauridsen BK et al. Liver fat content, non-alcoholic fatty liver disease, and ischemaemic heart disease: Mendelian ranodmization and meta-analysis of 279013 individuals. Eur Heart J. 2017; https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehx662
Parisinos CA, Hingorani AD. Is a fatty liver (always or ever) bad for the heart? Eur Heart J. 2017; https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehx718