Maligner Perikarderguss: Verringert Colchicin das Sterberisiko?
Bei Patienten mit malignen Perikardergüssen im Zusammenhang mit Krebserkrankungen scheint eine nach Perikardpunktion und Drainage eingeleitete Therapie mit Colchicin klinisch von Vorteil zu sein, wie Ergebnisse einer neuen Studie nahelegen.
Vor allem bei Bronchial- und Mammakarzinomen kann es durch direkte Tumorinfiltration oder indirekt durch Chemo-oder Radiotherapien zu malignen Perikardergüssen kommen. Die Perikardpunktion (Perikardiozentese) mit Katheterdrainage hat sich in solchen Fällen als relativ sichere Maßnahme erwiesen, um einer hämodynamischen Instabilität infolge der Tamponade vorzubeugen.
Mortalität bei Colchicin-Therapie signifikant niedriger
Klinisch von Vorteil scheint zudem eine nach Perikardiozentese und Drainage begonnene antientzündliche Therapie mit Colchicin zu sein. Dafür sprechen Ergebnisse einer Studie südkoreanischer Forscher um Dr. Eun Kyoung Kim von der Abteilung für Kardiologie am Samsung Medical Center in Seoul. In dieser Studie war eine Colchicin-Therapie mit einer signifikant niedrigeren Mortalität assoziiert.
Die Gruppe um Kim hat für die Studie Daten von 445 Patienten ausgewertet, die zwischen Mai 2007 und Dezember 2018 wegen malignen Perikardergüssen einer echokardiografisch gesteuerten Perikardpunktion mit erweiterter Drainage unterzogen worden waren. Patienten, die nach Entfernung des Drainagekatheters Anzeichen für eine perikardiale Adhäsion oder Konstriktion aufwiesen, erhielten eine antientzündliche Therapie mit NSAR wie Ibuprofen, Steroiden oder Colchicin. Die Wahl der Therapie war Sache der zuständigen Ärzte. Im Fall von Colchicin erfolgte die Behandlung mit 0,6 mg oral zweimal täglich über zwei Monate.
Die Drainage-Prozedur konnte in 97,0% der Fälle erfolgreich durchgeführt werden. Im Verlauf von zwei Jahren kam es bei 26,1% aller Patienten erneut zu Perikardergüssen, 46,0% entwickelten eine konstriktive Perikarditis. Primärer Studienendpunkt war eine Kombination der Ereignisse Tod, erneute Perikardiozentese oder Operation wegen rezidivierendem Perikarderguss.
In der Gruppe der 91 Patienten (24,2%), die Colchicin nach der Perikardpunktion im Mittel 63 Tage lang eingenommen hatten, war das Risiko für den kombinierten Endpunkt signifikant niedriger als in der Gruppe ohne Colchicin-Therapie (adjustierte Hazard Ratio [aHR]: 0,65; 95%-Konfidenzintervall [KI]: 0,49 – 0,87; p = 0,003). Die Behandlung mit Colchicin ging zudem mit einer signifikant niedrigeren Gesamtmortalität einher (aHR: 0,60; 95% KI: 0,45 – 0,81; p = 0,001).
Auch nach einem „Matching“ (propensity score matching) der beiden Patientengruppen blieb Colchicin weiterhin mit einem signifikant niedrigeren Risiko für den kombinierten Endpunkt assoziiert (aHR: 0,55; 95% KI: 0,37 – 0.82; p = 0,003). Die Behandlungen mit Steroiden oder NSAR standen dagegen in keiner Beziehung zu einem günstigeren klinischen Verlauf.
„Vielversprechende“ Ergebnisse
Der italienische Kardiologe Dr. Massimo Imazio, AOU Città della Salutee della Scienza di Torino in Turin, der als Leiter der randomisierten ICAP-Studie selbst gute Erfahrungen mit Colchicin bei akuter Perikarditis gemacht hat, bezeichnete die Studienergebnisse seiner südkoreanischen Kollegen in einem Begleitkommentar insgesamt als „vielversprechend“.
Die Studie sei „interessant“ und „hypothesengenerierend“, wobei jedoch auch diverse Limitierungen zu beachten seien. Imazio verwies zum einen auf das keine Randomisierung einschließende Design der Studie, zum anderen auf die nicht standardisierte und allein der ärztlichen Entscheidung überlassene Auswahl der medikamentösen Therapien. Zudem vermisst Imazio eine systematische Evaluation der onkologischen Begleittherapien.
Literatur
So Ree Kim et al.: Effect of Anti-Inflammatory Drugs on Clinical Outcomes in Patients With Malignant Pericardial Effusion. J Am Coll Cardiol 2020;76:1551–61